Schulunterricht im Wald: Stets gut durchgelüftet
Mia, Finn und Co. strolchen herum. An der Bielefelder Laborschule zählen Bäume zum Programm – und das ganz ohne Naturkundeunterricht. Ein Waldbesuch.
M it einem Baumstumpf, mehr Keule als Natur, knüppelt Leon auf die losen Bretter einer Europalette im Wald. Finn will auch mal, übernimmt die Keule, schwingt sie über die Schulter, kracht das schwere Holz auf die Palette, wieder und wieder, bis die wackeligen Bretter bersten und zu Boden fallen. „Wir machen damit auch Wut weg“, ruft Leon seiner Lehrerin Lisa Ahlert zu, eine Erkenntnis aus dem Spiel mit Keule und Holz. Leon hatte die Idee, die alte Palette auf Ästen zwischen zwei Sandhügel zu legen, wie eine Brücke, und dann die losen Bretter herauszuhauen. Aus Sicherheit, damit niemand einstürzt, wenn er und die anderen Kinder darüberlaufen, erklärt er mit roten Wangen vom Laufen und vom Draußensein.
Am Morgen noch, zu Schulbeginn, hatte Leon ein Gefühl. Er konnte es nicht benennen, aber es hielt ihn davon ab, in die Laborschule Bielefeld zu gehen und sich wie die anderen Kinder seiner Gruppe auf grüne Meditationskissen auf den Boden zu setzen und gemeinsam den Tag mit einer Rederunde zu beginnen. Mit sanften Worten haben Lisa Ahlert und Naturpädagoge Jess Rehr ihn schließlich überzeugt, doch erst einmal hereinzukommen in die Gruppe. „So dick“ sei Leons Akte, sagt Rehr und zeigt mit Daumen und Zeigefinger einen Stapel Papiere an.
Im Kreis der Kinder schweigt Leon. Emma erzählt vom Laternenumzug am Abend, Eylül hat eine umfangreiche Sache von vielen Dingen zu erzählen, Finn findet es gut, dass er in den Ferien einen Skikurs macht. Und dann geht es los.
Anoraks und Stiefel an, Rucksack auf, Frühstücksdosen nicht vergessen. „Wo ist die Sonne?“, fragt Jess Rehr vor dem Schulgebäude, und alle Kinder gucken in einen undurchdringlichen Winterhimmel. „Da!“, rufen Mia, Azra, Finn, Lina, Bohdan mit nach Osten gereckten Zeigefingern. „Und wie wird das Wetter?“, will Rehr von den Fünf-, Sechs-, Siebenjährigen wissen. „Es regnet ein bisschen“, weiß Mia und drückt ihr Kuscheltier fester.
Stundenlang im Wald – während der Schulzeit
Jede Woche gehen die Kinder während der Schulzeit stundenlang in den Wald, manchmal an mehreren Tagen, immer ohne Plan und ohne Aufgabe. Einige strolchen durch die Büsche, andere rennen durch die Senken, der eine findet eine Feder, die andere entdeckt eine Schnecke, eine sitzt nur mal ganz ruhig auf dem Boden. „Ich habe keine Ahnung, was passiert“, sagt Jess Rehr, mit einem Doktor in Erziehungswissenschaften und einem Master in Abenteuer- und Erlebnispädagogik. Der Wald selbst, die Natur inspiriere die Kinder, zu machen, was sie wollen, und ihrer Neugierde zu folgen. Und deswegen etwas zu lernen.
Aber nicht unbedingt über die Buchen und Rotkehlchen. Wobei Azra im November begeistert von den Kaulquappen und deren Entwicklung zu Fröschen im Sommer erzählt, was sie in einem Tümpel beobachtet hat. Doch in den Wald-und-Wiesen-Zeiten geht es nicht darum, dass die Schüler ihre Biologiekenntnisse vertiefen. Sie sind draußen, um später in der Schule besser zu lernen, was in Mathe oder Deutsch auf dem Lehrplan steht.
Ulrich Gebhard, Erziehungswissenschaftler
„Eine paradoxe These: Kinder machen eine Naturerfahrung, und danach können alle besser lesen und schreiben“, sagt Ulrich Gebhard, Professor am Institut für Erziehungswissenschaften an der Universität Bielefeld. „Es geht nicht darum, mit Tannenzapfen zu rechnen“, sagt er bei einem Treffen mit seiner Forschungsgruppe im Besprechungszimmer des Oberstufenkollegs. Das gehört zusammen mit der Laborschule zur Universität Bielefeld. „Wir gehen raus und das Lernen ereignet sich“, erklärt Gebhard, der seit Jahrzehnten die Bedeutung der Natur für die psychische und soziale Entwicklung von Kindern erforscht. „Kinder brauchen Natur“, fasst er die Erkenntnisse in seinem wissenschaftlichen Klassiker „Kind und Natur“ zusammen.
Im Wald, am Flussufer, im Unterholz eines wilden Gartens finden Kinder eine vertraute, wenngleich ständig sich wandelnde Umgebung, erfahren also ein Gefühl von Sicherheit und anregendem Wechsel, lässt sich Gebhards Forschung erklären. Natur kann erfreuen und verstören, bietet also die Irritationen und damit die besten Voraussetzungen für sinnliche Erfahrungen, die das Lernen neuer Dinge ermöglichen.
Gebhard und seine „paradoxe These“ findet die Universität Bielefeld so wichtig, dass sie eine Professur für ihn zur Erforschung eingerichtet hat. Mit Jess Rehr und der naturpädagogischen Beauftragten der Laborschule, Ulrike Quartier, dem Leiter des Oberstufenkollegs, Ian Voß, und weiteren Pädagogen und Lehrenden der beiden Versuchsschulen will Gebhard die These wissenschaftlich belegen: Kinder lernen besser, wenn sie regelmäßig im Wald und in der Natur machen können, was ihnen in den Sinn kommt.
Das klingt wie magisches Denken, ein wenig wie die Versprechen der Homöopathie. Etwas, das nicht da ist, hilft. Allerdings haben Wissenschaftler:innen in Japan, den USA, Österreich und anderen westlichen Ländern die gesundheitlichen Auswirkungen der Natur auf den Menschen bewiesen. Der Pegel der Stresshormone sinkt, Aufenthalte in der Natur senken das Risiko von Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten und psychischen Schäden. Insbesondere der Wald wirkt auf Körper und Seele, was die Gesundheitsbranche zunächst in Japan und seit einigen Jahren auch hierzulande zum Waldbaden inspirierte.
Vorbild Finnland Den Unterricht über Bienen und Blütenpflanzen im Frühjahr nach draußen zu verlegen leuchtet ein. Aber Mathematik im Wald? Finnland zeigt, wie Kinder und Jugendliche in der Natur und von der Natur lernen, anstatt nur im Klassenzimmer zu sitzen. Ein Teil des Unterrichts findet nach dem dortigen Bildungsplan fächerübergreifend draußen statt.
Ein Thema, viele Fächer Die Schüler:innen beschäftigen sich dabei mit einem Thema und lernen gleichzeitig in Mathematik, Biologie, Kunst, Sozialkunde oder anderen Fächern. Sie vermessen also zum Beispiel einen Baum, berechnen dessen Höhe und Durchmesser, beobachten Springschwänze und andere Bodenlebewesen rund um den Baum und beschäftigen sich mit dem Baum in der Kunst. Damit lernen sie den Baum als Wirtschaftsfaktor, als menschlichen Bezugspunkt und als Teil eines Ökosystems kennen.
Draußen ist nicht nur Wald Auch in der Schweiz, Norwegen, Schottland und Dänemark findet ein beachtlicher Teil des Unterrichts draußen statt. In Deutschland forschen Wissenschaftler noch, wie sich der Draußenunterricht auf die Entwicklung der Kinder auswirkt. „Draußen“ kann dabei auch einen Gemüsemarkt oder eine stillgelegte Industrieanlage bedeuten. „Draußenunterricht ist sinnvoll, denn Gestaltungsmöglichkeiten und Handlungsfolgenabschätzung im lokalen und globalen Maßstab sind im Klassenzimmer sprichwörtlich begrenzt“, schreiben der Pädagoge Jakob von Au und der Erziehungswissenschaftler Ulrich Gebhard.
Draußen ist Trend Knapp 90 Schulen verlagern hierzulande einen Teil des Unterrichts nach draußen, wie eine Deutschlandkarte auf www.draussenunterricht.de zeigt. Entscheidend sei dabei, dass die Lehrer:innen den Lehrplan in Wald und Wiese umsetzen – und die Schüler:innen nicht einfach nur toben und spielen.
Draußen lehren Auch Lehrerinnen und Lehrer müssen erst einmal selbst lernen, wie sie im Wald lehren. Mit Wissenschaftlern der TU München hat Jakob von Au eine „Praxishandreichung zum Draußenunterricht“ geschrieben, die hier kostenlos heruntergeladen werden kann: https://www.researchgate.net/publication/344688787_Praxishinweise_fur_den_Draussenunterricht_-_Eine_Handreichung (taz)
Die internationalen Studien zeigen auch, dass Menschen in der Natur die Umgebung finden, die sie besonders aufnahmefähig macht. Beim Stromern unter Bäumen entspannt der für Konzentration und Planung zuständige Teil des Gehirns, und die Aufmerksamkeit belebt sich. Aber warum sollten Kinder die Regeln der wörtlichen Rede besser verstehen oder Punkt-vor-Strich-Rechnungen begreifen, nur weil sie in einen Teil der Schulstunden im Wald ihr Ding gemacht haben?
Wie Kinder sich freischwimmen
„Ich habe viele Kinder erlebt, die sich draußen freigeschwommen haben“, sagt Ulrich Bosse, der von 1982 bis 2017 an der Laborschule als Lehrer und lange Jahre auch als Leiter der Primarstufe tätig war und nun mit Gebhards Forschungsgruppe arbeitet. Ängstliche Kinder konnten Vertrauen entwickeln, hibbelige Kinder waren nach der Naturzeit ruhiger, erzählt er. „Draußen gab es nie eine Stigmatisierung der anderen“, erzählt Bosse.
Einzelgänger habe es immer gegeben, aber keine Ausgrenzung. Neben den sozialen und psychischen Wirkungen der Natur wecke die Naturerfahrung das Interesse der Kinder an der Umwelt. „Die Kinder kommen mit Fragen aus der Natur in die Schule“, erzählt Bosse. Die Naturerfahrungen unterstützen manche Kinder beim Lernen in der Schule und helfen ihnen auch, ein Abschlusszeugnis zu erreichen.
Bosse will wissenschaftlich belegen, was er und Oberstufenleiter Ian Voß bei den Kindern und Jugendlichen bis hin zum Abitur beobachten. „Wenn es uns gelingt, müsste es eigentlich Strukturveränderungen geben“, sagt Bosse. Andere Schulen könnten das Konzept von Freiheit und Selbstbestimmung in der Natur übernehmen, wenn Gebhard und die Lehrenden von Laborschule und Oberstufenkolleg wissenschaftlich nachvollziehbar belegen, was sich unlogisch anhört.
Ihre These klingt paradox und gefährdet das Schulsystem. Denn die These kratzt gleichermaßen an der Autorität von Lehrerinnen und Lehrern und dem System Schule. Und wenn Natur das Lernen beflügelt und Kinder nur in der Natur die für ihr geistiges Wachstum notwendige Umgebung finden, wäre diese Natur ein anerkannter Bildungsraum. Dann müsste sie in Deutschland in anderen Dimensionen erhalten und wiederhergestellt werden. Denn ohne Wald und wilden Fluss keine Bildung, ohne Naturerfahrung keine Lernfortschritte.
Aus Erfahrung lernen
Aus Erfahrungen lernen, nicht aus Belehrung, war von Beginn an das Ziel der Lehrerinnen und Lehrer an der Laborschule Bielefeld. 1974 eröffnete das Land Nordrhein-Westfalen die Versuchsschule aus Laborschule von der Vorschule bis zur zehnten Klasse und dem nebenan gebauten Oberstufenkolleg.
In dem schulischen Labor sollten die Lehrer:innen neue Wege in der Schulbildung ausprobieren und pädagogische Konzepte auch für andere Schulen entwickeln. Keine Klassen und keine Klassenräume zwängen die Kinder in ein schulisches Korsett. Sie lernen in Altersgruppen, sind von fünf bis acht Jahren in einer Gruppe, von acht bis zehn Jahren in der nächsten Stufe und lernen bis in die zehnte Klasse oder bis zum Abitur miteinander und voneinander in selbst gewählten Lerngruppen. Die Kinder forschen, probieren, scheitern, erkennen in ihrem Tempo die Themen, die auch an der Laborschule und im weiterführenden Oberstufenkolleg der Lehrplan vorgibt.
Die Lehrer geben keine Noten, sondern bewerten, wie sich die Kinder verhalten und ob sie das Lernziel erreichen. Doch ob die Schülerinnen und Schüler dabei am Tisch sitzen oder darunter, spielt keine Rolle. Die Schulgebäude bestehen aus offenen Ebenen und Galerien, über Brücken und Treppen verbunden. Orangefarbene Heizkörper, Wände aus Glasbausteinen und die durch das Gebäude laufenden Fallrohre verraten noch heute den reformerischen Geist der 1970er Jahre. Der Raum der Schule sollte offen, klar, hell sein, damit sich freie Geister entfalten können.
„Die Kinder haben die Illusion, unbeaufsichtigt zu sein“, sagt Jess Rehr in brauner Fleecejacke, grünem Anorak und olivgrüner Baggyhose unter den Buchen in einem Wald nahe der Laborschule. Rehr unterstützt die Schulgruppen, die Lehrer und Pädagoginnen bei ihren Streifzügen in der Natur und bildet mit Ulrike Quartier die Lehrenden an Laborschule und Oberstufenkolleg in der Naturpädagogik fort. Gemeinsam arbeiten sie daran, dass Naturerfahrungen in jeder Altersstufe den Lehrplan ergänzen. „Erwachsene brauchen eigentlich nur die Gelassenheit, die Zeit in der Natur ohne Thema oder Vorbereitung auszuhalten und sie wertschätzen zu können“, sagt Ulrike Quartier, die die naturpädagogischen Konzepte an der Laborschule entwickelt hat. Für Oberstufenkolleg und Laborschule baut sie seit 2017 im Auftrag des Düsseldorfer Jugendhilfevereins Phöinix die Naturerfahrung an beiden Versuchsschulen auf, damit auch Kinder und Jugendliche aus naturfernen Elternhäusern raus in den Wald und den Wind kommen.
Mittlerweile hat Quartier einen 6.000 Quadratmeter, ehemals vollkommen verwilderten Schulgarten im Wald mit den Schülerinnen und Schülern natürlich aufgebaut. Zwergmäuse bauen dort ihre Nester zwischen Schilfhalmen, Rehe ruhen sich aus, Füchse laufen durch die wilden Karden. Für die angehenden Abiturient:innen, die an der Versuchsschule Kollegiat:innen heißen, entwirft Quartier Jahr für Jahr Projektwochen im Schulgarten. Die Jugendlichen bauen dann ein Gewächshaus. Oder lernen Spuren und Zeichen der Tiere und damit die Bewohner des Naturgartens kennen.
Erlebt man Quartier oder Rehr im Wald, könnte man vom bloßen Zuschauen den Eindruck bekommen, sie machten nichts. Sie lenken nicht, erweitern aber die Aufmerksamkeit der Kinder, wenn die sich für eine Feder, den Ruf eines Vogels, die Raupe auf einem Blatt interessieren. Rehr hat von einer Kuppe im Wald aus Leon, Finn, Emma, Eylül, Bohdan und die anderen Kinder im Blick, auch wenn er nicht weiß, was einige von ihnen fast außer Hörweite und von Sträuchern verdeckt gerade treiben.
Das Spiel mit der Keule beobachtet Rehr erst aus der Ferne, geht dann hinüber und weist Finn, Leon und die anderen nur einmal kurz und bestimmt auf die Nägel hin, die aus den Brettern ragen. „Ihr achtet auf die hier, ja?“, sagt Rehr, zeigt auf jeden einzelnen der Nägel mit dem Finger und tritt wieder in den Hintergrund.
Mit natürlicher Intelligenz unterwegs
„Es geht darum, dass die Kinder sich mit natürlicher Intelligenz in der Welt bewegen“, sagt Rehr. Das beginnt schon auf dem Weg von der Schule zum Wald. Die Kinder, irgendwo zwischen fünf und sieben Jahre alt, gehen nicht Hand in Hand entlang der zweispurigen Schnellstraße, über eine Brücke, durch das Uni-Gelände und einen Park. Alle rennen oder bummeln, bleiben stehen, gehen zu dritt oder allein, manche mit gesenktem Kopf und in Gedanken versunken.
Sie bewegen sich in ihrem Rhythmus, warten alle paar hundert Meter an einer Bank, das nächste Mal an kindsgroßen Findlingen, dann an einem trockengelegten Springbrunnen, zählen durch, rennen oder trödeln weiter, bis sie den Waldrand erreichen und in den hohen Hallen des Buchenwaldes ihre Jacken von sich werfen, gerade so, als wären sie zu Hause angekommen.
Für die Naturbildungs-Forschungsgruppe hat Ulrich Bosse die Eltern von 180 Kindern der Laborschule nach ihren Erfahrungen mit der Naturzeit ihrer Töchter und Söhne befragt. Die Eltern beschreiben ihre Kinder als ausgeglichen, weniger hibbelig, entspannt, müde an den Tagen, an denen sie während der Unterrichtszeit draußen waren, sagt Bosse. 89 Prozent der befragten Eltern sehen die Draußenzeit als „eher oder sehr unterstützend“ für das schulische Lernen an. Auch wenn die Kinder zwei bis sechs Stunden in der Woche ungelenkt während der Unterrichtszeit in der Natur seien, stimmen 88 Prozent der befragten Eltern den Naturerfahrungszeiten der Kinder zu.
Er sei überrascht über die hohe Zustimmung zur selbst bestimmten Wald-und-Wiesen-Zeit, sagt Bosse. Einen Teil erklärt er damit, dass die Eltern schon mit der Anmeldung ihrer Kinder an der Laborschule dem reformpädagogischen Ideen zugestimmt haben. Sie würden also eine andere Schule als die Regelschule bevorzugen.
Die Laborschule sucht die Eltern nach einem Sozialschlüssel aus, damit Kinder aus akademischen und nichtakademischen Familien zusammen lernen. Doch alle Eltern wollen, dass ihre Kinder ordentlich lernen und einen Schulabschluss machen. Und den machen die Schülerinnen und Schüler auch an Laborschule und Oberstufenkolleg nach den Richtlinien des Landes Nordrhein-Westfalen.
Lisa Ahlert, Lehrerin
„Die Kinder sind konzentrierter, wenn sie einmal richtig gelüftet sind“, sagt Lisa Ahlert, die Lehrerin von Leon, Finn, Emma, Mia und den anderen Kindern im Wald. Sie sitzt auf dem Waldboden und erklärt Azra, dass sie die wollfadendicke Nacktschnecke nicht mitnehmen kann. „Aber sie erfriert“, jammert Azra, die die „Babynacktschnecke“ unbedingt vor dem Winter retten will und nicht verstehen möchte, dass die Schnecke nicht gerettet werden muss. Auf einem Stück Borke hat Azra ein Schneckenhotel gebaut, mit Blättern und einem Unterstand aus Holz. Naturerfahrungen erzeugen auch Krisen, die die Kinder lösen müssen. Azra setzt die zarte Schnecke schließlich zwischen Blätter unter einen Strauch.
„Das muss alles weg“, ruft Finn und lässt die Keule wieder krachen. Neben ihm stehen Emma, Lina, Bohdan, Noah, Paul und würden auch gern mal mit der Keule auf die Palette knüppeln und mitspielen. Sie haben sich vorher schon in das andere Spiel eingefädelt, das sich Leon vor dem Spiel mit Palette und Holzstamm ausgedacht hatte. Dabei ging es darum, wie er und die anderen Kinder zwischen den Sandhügeln laufen. Erst von Kuppe zu Kuppe springen, dann durch die Schlucht zwischen den Buchen rennen, dann laufen und irgendetwas, was Erwachsene nicht verstehen.
Alle Namen der Kinder sind verändert.
taz lesen kann jede:r
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