Neues vor, hinter und auf den Bildschirmen

Der öffentliche-rechtliche Rundfunk braucht eine Reform, Alternativen zu Twitter werden gesucht und die Papierzeitungen wollen gerettet werden. 2023 steht einiges an in der Medienwelt. Auch in der Welt der Unterhaltungsserien geht es nicht weniger bunt zu

Auch Klaas Heufer-Umlauf (l.) spielt in „Der Schwarm“ mit Foto: Fabio Lovino/ZDF

Von Peter Weissenburger

Öffentlich-rechtliche Zukunft

Geld sparen, digital erneuern, Filz ausmisten, Mitbestimmung stärken: Bei der Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist es wie beim Dachboden aufräumen. Man weiß nicht, wo anfangen. Vielleicht beim Führungspersonal? Der RBB muss 2023 eine neue Che­f*in finden. Katrin Vernau war im September nach dem Skandal um Schlesinger für ein Jahr gewählt worden. Vermutlich wäre es förderlich, wenn der RBB sich einen möglichst transparenten Wahlkampf gönnt. Einen Wettbewerb der Reformideen. Auch der MDR wählt dieses Jahr eine neue Spitze. Der Verwaltungsrat soll bis Ende Januar einen Vorschlag vorlegen. Interessant wird auch, welche Rolle der neue ARD-Vorsitzende Kai Gniffke spielen wird. Als Tagesschau-Chef stand Gniffke für Transparenz und Bürgerdialog. Als SWR-Intendant versprach er Erneuerung und Innovation. Als ARD-Chef muss er sich nun entscheiden: Gibt er den radikalen Reformton an oder wartet er damit bis zum Ende seiner Amtszeit?

Journalismus nach Twitter

Alle namenhaften Twitter-User*innen wandten sich augenblicklich ab, als Elon Musk die Plattform kaufte. Boykottbewegung des Jahrhunderts. Nein, Spaß, einige gingen, man sprach kurz über Mastodon. Aber bis dato bleibt Twitter die Plattform Nummer eins für die Vernetzung von Politik, Journalismus, Zivilgesellschaft, Wissenschaft. Was nicht heißt, dass es keine alternativen Ideen geben kann. In jedem Fall ist es Zeit für den Journalismus, sich seine Netzwerke über alternative Wege aufzubauen.

Facebook pfeift auf News

Nachdem Facebook jahrelang als eine Art fiese Endgegnerin für den Qualitätsjournalismus galt, hat es sich diesem in den letzten Jahren ernsthaft verschrieben. Mit Millionen-Förderung unterstützte der Konzern, der inzwischen „Meta“ heißt, lokaljournalistische Projekte, meist in Form von Schulungen, auch in Deutschland. Aber die Krise ist da und Meta muss sparen. Nachdem der Konzern zuletzt einige Top-Leute im Bereich Journalismus-Förderung gefeuert hat, fürchten viele, das er sich komplett zurückziehen wird. Auf Anfrage sagt der Deutschland-Sprecher kryptisch: „Nachrichten sind für die Mehrheit der Menschen nur ein Bruchteil dessen, wofür sie unsere Plattformen nutzen. Facebook- und Instagram-Nutzer*innen interessieren sich zunehmend für Inhalte, die von Crea­to­r*in­nen erstellt werden, insbesondere für Videos.“ Man werde Verlagen weiterhin Produktaktualisierungen zur Verfügung stellen und mit afp, Correctiv und dpa zusammen Faktenchecks betreiben. Mehr aber offenbar nicht. Journalismusförderung im Lokalen ist eine Lücke, die dringend, am besten gestern, gefüllt gehört. Unabhängige Lokalzeitungen sind in Deutschland längst die Ausnahme.

Kein gutes Jahr für Papier

Berlusconi will mehr ProSieben Foto: Angelo Carconi/epa

Mit dem gedruckten Journalismus steht es wie immer herzlich schlecht. Schon vor der Inflation stieg der Papierpreis. Nun kommt hinzu, dass die Kaufkraft sinkt und Zeitungsabos nicht einfach so teurer werden können. Laut Koalitionsvertrag will die Ampel Fördermöglichkeiten prüfen, um eine „flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen“ zu gewährleisten. Der Bundesrat hat die Regierung im September daran erinnert. Eine Zustellförderung für Zeitungen könnte zum Beispiel helfen. Aber dafür hat noch nicht einmal jemand den Hut auf bei der Ampel, fand der Fachdienst epd medien kürzlich heraus. Eine Studie zur Bedarfsermittlung läuft offenbar noch.

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Silvio Berlusconis Medienkonzern Media for Europe (MFE) greift nach ProSiebenSat.1. MFE gehört schon zirka ein Viertel der Münchner Sendergruppe, dieser Anteil soll auf bis zu 29,9 Prozent aufgestockt werden, das meldete MFE kürzlich bei der Bayerischen Medienanstalt an. Könnte Wichtigtuerei oder Preistreiberei sein. Oder aber ernst zu nehmen. Jemand müsste Berlusconi die fehlenden Anteile aber verkaufen. Und dann müsste das ganze kartellrechtlich geprüft werden. Leider laufen die Geschäfte beim deutschen Privatfernsehen schlecht, und wer eine Finanzspritze aus italienischen Politikerkreisen verhindern will, muss ein besseres Angebot machen.

„Der Schwarm“

Wurde auch Zeit. Die Öffentlich-Rechtlichen aller Länder vereinigen sich gegen die Streaming-Giganten. ZDF, ORF und SRF, France Télévisions, RAI stecken bei „Der Schwarm“ mit drin. Es ist die Adaption des Bestsellers von Frank Schätzing von 2004. Könnte gut werden: Ein Ökothriller, mit einer unberechenbaren Gefahr aus dem Meer, die die Menschen bedroht. Wale und Krabben werden plötzlich aggro und eine neue Spezies macht Jagd auf Menschen. Wenn die Natur als Gesamtorganismus sich gegen uns wendet, ist das immer guter Thrillerstoff. Vielleicht wird es also ein bisschen „M Knight Shyamalans `The Happening“ trifft Der Weiße Hai'“? Lieber nicht mit den Füßen ins Wasser! Ab 6. März, 20.15 Uhr, ZDF

Peter Weissenburger

„Die Recherche-Show“

Investigative Recherchen, heiß serviert, Hintergründe und Zusammenhänge, pointiert erklärt, und dazu sogar eine „Prise Humor“! Das verspricht der NDR für seine neue Show, die er um die beliebte „Panorama“-Moderatorin Anja Reschke drumherum gebaut hat. Die „Recherche-Show“ läuft direkt nach „extra 3“. Mehr investigativen Journalismus ins Abendprogramm? Ja bitte! Mehr Ernstes mit Unterhaltung kombinieren? Unbedingt! Anja Reschke? We stand. Aber „Die Recherche-Show mit Reschke“? Auf so einen Zungenbrecher-Titel können auch nur Norddeutsche kommen. Ab 2. Februar, 23:35 Uhr, ARD

Peter Weissenburger

„The Crown“

Der Brexit, Meghan und Harry verlassen das Königshaus, die Queen stirbt. Das royale Großbritannien gibt allerlei interessanten Stoff her. Umso trauriger, dass „The Crown“ mit der sechsten Staffel enden soll. Thematisch soll es dabei um Geschehnisse aus den späten 90er und frühen 00er Jahren gehen. Dass Lady Dianas Tod behandelt wird, steht in jedem Fall fest. Aber wann genau begannen noch mal die Eskpaden des jungen Prinz Harry? Es bleibt spannend, ob sein Auftritt als Nazi bei einer Kostümparty auch vorkommt. Ende 2022 bei Netflix Carolina Schwarz

„City on Fire“

Die junge NYU-Studentin Samantha Cicciaro wird 2003 im Central Park erschossen. Bei den Ermittlungen werden seltsame Verbindungen in die reiche Immobilienwelt und die Musikszene Downtowns ans Tageslicht gebracht. Mit dieser Geschichte hat Garth Risk Hallberg 2015 einen Ultra-Bestseller hingelegt. Wie nah die Serien-Umsetzung am Original bleibt, ist auch deswegen spannend, weil die beiden Ma­che­r*in­nen Josh Schwartz and Stephanie Savage („Gossip Girl“ und „The OC“) nun wirklich nicht für Krimis bekannt sind. Aber Drama – das können sie! Noch ohne Datum, bei Apple TV Carolina Schwarz

„Mr. and Mrs. Smith“

Die Geschichte des Action-Thrillers aus dem Jahr 2005 ist einigermaßen abstrus: John und Jane Smith sind verheiratet und haben wegen eines unglücklichen Zufalls als Auftragskiller den Auftrag bekommen, sich gegenseitig zu töten. Viel aufregender als der Plot war aber natürlich, dass die Haupt­dar­stel­le­r*in­nen Brad Pitt und Angelina Jolie sich am Set des Films ineinander verliebt haben. Amazon Prime wagt nun ein Remake. Nicht der Ehe von Brangelina, sondern in Form einer Serie. Und das Drama beginnt schon vor der Ausstrahlung. Geplant war der Mehrteiler mit Donald Glover („Atlanta“) und Phoebe-Waller Bridge („Fleabag“) in den Hauptrollen, doch Bridge zog sich zurück. Angeblich wegen „kreativer Differenzen“. In einem Interview betonte sie allerdings, dass Glover und sie Freunde bleiben wollen. Noch ohne Datum, bei Amazon

Carolina Schwarz

„Walking Dead: Dead City“

Negan (Jeffrey Dean Morgan) und Maggie (Lauren Cohan) hassen sich. Kein Wunder, schließlich hat Negan Maggies Ehemann mit einem Baseballschläger totgeprügelt. Aber in der Zombie-Saga von „The Walking Dead“ gibt es Schlimmeres. Also reisen die beiden trotzdem gemeinsam auf die von der Außenwelt abgeschnittene Insel Manhattan. Was sie da eigentlich wollen, ist nach dem Finale der Hauptserie Ende 2022 nicht klar. Die lief 12 Jahre lang und hat schon ein paar unbefriedigende Spin-Offs mit neuen, aber unsäglich flachen Charakteren erfahren. Jetzt startet also ein neuer Versuch, die alten faszinierenderen Figuren noch etwas Geld einspielen zu lassen. Vielleicht wird es ja was. Ab 19. Februar 2023 bei Magenta TV

Johannes Drosdowski