Klinikmisere und Krankenhausreform: Ringen um die Revolution
Höchste Zeit, dass nicht der Profit, sondern das Patient:innenwohl zum Leitsatz der Kliniken wird. Auch wenn das die akute Notlage nicht lösen wird.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach zwischen seinen Länderkolleg:innen aus NRW und Niedersachsen Foto: Carsten Koall/dpa
Der Weg zur Revolution ist lang und mühevoll. Welch dicke Brocken zu bezwingen sind, zeigte das erste Arbeitstreffen von Bund und Ländern zur Krankenhausreform. Immerhin, der Ernst der Lage ist allen klar. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht davon aus, dass viele Krankenhäuser auf der „Intensivstation“ liegen. Vom Kliniksterben auf dem Land ist die Rede, von knappsten Ressourcen bundesweit.
Der „Durchökonomisierung“ der Kliniken will Lauterbach ein Ende setzen. Eine illustre Regierungskommission aus Expert:innen hat entsprechende Reformvorschläge gemacht. Im Fokus steht eine – zumindest teilweise – Abkehr von den Fallpauschalen. Durch sie bekommen die Häuser einen fixen Preis pro Behandlung. Die tatsächlichen Kosten werden dadurch aber nicht erstattet.
Und so entspann sich über Jahre hinweg ein über Anreize gefütterter Konkurrenzkampf, Personalabbau, ein Wettlauf um möglichst viele lukrative Behandlungen. Ein auf Masse getrimmtes System. Das soll nun anders werden. Die medizinische Versorgung und Qualität sollen fortan im Vordergrund stehen, Leistungen stärker konzentriert werden. Das heißt auch, dass manche Behandlungen nicht mehr überall zu haben sind, wobei die Grundversorgung gewährleistet bleiben soll.
So weit, so gut. Aber schon beim ersten Treffen fordern die Länder, dass die Hoheit der Krankenhausplanung weiterhin bei ihnen bleiben soll. Es geht um viel Geld und um den Erhalt von Kompetenzen. Lauterbach braucht alle 16, um seine erhoffte Revolution des Krankenhaussystems zum Erfolg zu führen. Ein simples Abnicken wird es nicht geben, mit harten Verhandlungen ist zu rechnen. Vor allem, wenn es um eine größere Beteiligung des Bundes an den Investitionen in ihre Kliniken geht.
Die Länder mit ins Boot bringen
Nun hat Lauterbach einen gewagten Plan geschmiedet. Er will die Länder von Anfang an einbinden, gar einen gemeinsamen Entwurf zu einem Gesetz schreiben. 16 Länder, 16 Meinungen und Befindlichkeiten. Es bleibt zu hoffen, dass vom großen Wurf nicht nur der kleinste gemeinsame Nenner übrig bleibt. Klar ist aber auch, dass die Pläne an der akuten Notlage der Kliniken nichts ändern werden.
Da wird nicht umgehend mehr Fachpersonal hergezaubert, um den im Zuge des ausgemergelten Systems erschöpften Kolleg:innen unter die Arme zu greifen. Kommt die Reform durch, wird sie erst Jahre später greifen. Aber: Hängepartien und Verschleppungstaktiken sind nicht angesagt. Sonst wird aus der vermeintlichen Revolution nur ein Revolutiönchen. Die Leidtragenden würden die Patient:innen sein. Doch gerade die haben es verdient, dass das Versprechen, allerorts die beste Versorgung zu bekommen, auch eingelöst wird.
Klinikmisere und Krankenhausreform: Ringen um die Revolution
Höchste Zeit, dass nicht der Profit, sondern das Patient:innenwohl zum Leitsatz der Kliniken wird. Auch wenn das die akute Notlage nicht lösen wird.
Bundesgesundheitsminister Lauterbach zwischen seinen Länderkolleg:innen aus NRW und Niedersachsen Foto: Carsten Koall/dpa
Der Weg zur Revolution ist lang und mühevoll. Welch dicke Brocken zu bezwingen sind, zeigte das erste Arbeitstreffen von Bund und Ländern zur Krankenhausreform. Immerhin, der Ernst der Lage ist allen klar. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht davon aus, dass viele Krankenhäuser auf der „Intensivstation“ liegen. Vom Kliniksterben auf dem Land ist die Rede, von knappsten Ressourcen bundesweit.
Der „Durchökonomisierung“ der Kliniken will Lauterbach ein Ende setzen. Eine illustre Regierungskommission aus Expert:innen hat entsprechende Reformvorschläge gemacht. Im Fokus steht eine – zumindest teilweise – Abkehr von den Fallpauschalen. Durch sie bekommen die Häuser einen fixen Preis pro Behandlung. Die tatsächlichen Kosten werden dadurch aber nicht erstattet.
Und so entspann sich über Jahre hinweg ein über Anreize gefütterter Konkurrenzkampf, Personalabbau, ein Wettlauf um möglichst viele lukrative Behandlungen. Ein auf Masse getrimmtes System. Das soll nun anders werden. Die medizinische Versorgung und Qualität sollen fortan im Vordergrund stehen, Leistungen stärker konzentriert werden. Das heißt auch, dass manche Behandlungen nicht mehr überall zu haben sind, wobei die Grundversorgung gewährleistet bleiben soll.
So weit, so gut. Aber schon beim ersten Treffen fordern die Länder, dass die Hoheit der Krankenhausplanung weiterhin bei ihnen bleiben soll. Es geht um viel Geld und um den Erhalt von Kompetenzen. Lauterbach braucht alle 16, um seine erhoffte Revolution des Krankenhaussystems zum Erfolg zu führen. Ein simples Abnicken wird es nicht geben, mit harten Verhandlungen ist zu rechnen. Vor allem, wenn es um eine größere Beteiligung des Bundes an den Investitionen in ihre Kliniken geht.
Die Länder mit ins Boot bringen
Nun hat Lauterbach einen gewagten Plan geschmiedet. Er will die Länder von Anfang an einbinden, gar einen gemeinsamen Entwurf zu einem Gesetz schreiben. 16 Länder, 16 Meinungen und Befindlichkeiten. Es bleibt zu hoffen, dass vom großen Wurf nicht nur der kleinste gemeinsame Nenner übrig bleibt. Klar ist aber auch, dass die Pläne an der akuten Notlage der Kliniken nichts ändern werden.
Da wird nicht umgehend mehr Fachpersonal hergezaubert, um den im Zuge des ausgemergelten Systems erschöpften Kolleg:innen unter die Arme zu greifen. Kommt die Reform durch, wird sie erst Jahre später greifen. Aber: Hängepartien und Verschleppungstaktiken sind nicht angesagt. Sonst wird aus der vermeintlichen Revolution nur ein Revolutiönchen. Die Leidtragenden würden die Patient:innen sein. Doch gerade die haben es verdient, dass das Versprechen, allerorts die beste Versorgung zu bekommen, auch eingelöst wird.
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Kommentar von
Tanja Tricarico
Ressort ausland
Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort. Privat im Einsatz für www.geschichte-hat-zukunft.org
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