Klausur auf Schloss Mesberg: Die Ampel verspricht Wuchtiges

Die Bundesregierung hat in Meseberg über ihre Energiepolitik diskutiert. Habeck lobt den Kanzler. Und Lindner? Überrascht mit Klassenkampfrhetorik.

Nebel am frühen Morgen, die Sonne ist aufgegangen

Morgennebel in Meseberg: Später blaute am Ort der Ampel-Klausur sogar der Himmel Foto: Kay Nietfeld/dpa

MESEBERG taz | Der Himmel blaute am Mittwoch über Schloss Meseberg, ein Bild ungetrübter Stimmung wollte auch die Ampel zum Abschluss ihrer zweitägigen Kabinettsklausur im Barockschloss vermitteln. In den vergangenen Tagen hatte es mächtig gerumpelt. Aus der SPD kamen Anwürfe gegen den grünen Wirtschaftsminister Robert Habeck und dessen Gasumlage, die Grünen keilten zurück.

Auf der Kabinettsklausur, die ja traditionell eher den Charakter einer Klassenfahrt hat, beruhigte sich die Atmosphäre wieder. Bis in die Nacht habe man gelöst zusammengesessen, Christian Lindner habe Anekdoten erzählt, hieß es aus Regierungskreisen. Selbst die traurigen Nachrichten vom Tod Michael Gorbatschows und des Grünen Christian Ströbele sowie der erneute Gasstopp durch Nordstream 1 änderten daran wenig.

Habeck schwang sich in der Abschlusspressekonferenz sogar zu einer Lobpreisung des Kanzlers auf. Die Klausur habe einmal mehr gezeigt, wie gut es sei, dass Olaf Scholz diese Regierung führe, mit seiner Erfahrung, Umsicht und Ruhe. Scholz hatte sich und seine Regierung ebenfalls gelobt: Man habe früh die Bedrohung erkannt, dass Russland Energieexporte als Druckmittel benutzt und Gegenmaßnahmen getroffen, etwa den Bau von Flüssiggasterminals. Scholz sieht Deutschland nun gewappnet für den Winter: man könne da gut durchkommen.

Die Energiesicherheit war eines der zentralen Themen der Klausur, wobei sich die Diskussion zunehmend verlagert: Von der Frage, wie man die Versorgung mit Gas, Öl und Kohle sicherstellt, dahin, wie man Energie weiter für alle bezahlbar macht. Scholz versprach Entscheidungen, „die garantieren, dass die Preise nicht durch die Decke schießen“. Welche genau, verriet er nicht.

Fraktionen reden mit

Jedenfalls scheint Scholz nun auch Finanzminister Lindner überzeugt zu haben, dass weitere Hilfen nötig sind. Der FDP-Mann kündigte in Meseberg ein weiteres „wuchtiges Entlastungspaket an“, erwähnte explizit auch Rent­ne­r:in­nen und sieht im Bundeshaushalt in diesem Jahr noch Luft und im kommenden Jahr sogar Spielräume „in zweistelliger Milliardenhöhe“. Laut dem Nachrichtensender ntv könnte ein weiteres Entlastungspaket bis zu 40 Milliarden Euro umfassen.

Was im Paket drinsteckt, wird gerade noch verhandelt, eine Entscheidung darüber könnte womöglich schon am Wochenende im Koalitionsausschuss fallen. Wann genau sich diese Runde führender Partei-, Fraktions- und Regierungsmitglieder trifft, steht indes noch nicht fest. Zuvor treffen sich auch noch die SPD- und FDP-Fraktion zu Klausuren.

Die SPD-Fraktion hatte zu Wochenbeginn schon mal vorgelegt und Direktzahlungen an alle Bürger:innen, auch Rent­ne­r:in­nen und Studierende, vorgeschlagen. Außerdem soll der Grundbedarf an Energie für ­jeden Haushalt preislich ­gedeckelt werden. Die FDP wiederum legte ein Papier vor, in dem sie vor allem den Abbau der kalten Progression vorschlägt und energiepolitische Maßnahmen, welche die Knappheit an den Strom- und Gaspreisen abschwächen soll, ohne konkreter zu werden.

Ob es möglich ist, für Ver­brau­che­r:in­nen „ein bestimmtes Kontingent preislich zu reduzieren“, lässt auch der Wirtschaftsminister gerade prüfen. Habeck hält ein solches Modell für überlegenswert, hat aber auch Bedenken. Zum einen wegen der Kosten. Das seien erhebliche Summen, die in Konkurrenz zu anderen Entlastungen stünden, warnte Habeck in Meseberg. Zum anderen, sei eine solche Maßnahme „sozial unspezifisch“, da ja alle Haushalte, auch die solventen, davon profitieren würden.

Selbst die FDP ist mittlerweile für Eingriffe in den Strommarkt, Lindner forderte in Meseberg gar den „Rendite-Autopiloten abzuschalten“ – eine Formulierung, die man eher der Linkspartei zutraut. Damit meint der Finanzminister aber keine Übergewinnsteuer für Energiekonzerne, wie sie neben Linken, auch die Grünen und die SPD-Fraktion ins Spiel gebracht haben, sondern zielt auf eine Reform der Strukturen im Energiemarkt. Bisher ist der Preis für Strom auch ans Gas gekoppelt und damit an den teuersten Energieträger zur Stromerzeugung. Dieser Zusammenhang soll gekappt werden, das geht aber nur zusammen mit anderen EU-Ländern.

Scholz berichtet, dass es unter seinen europäischen Kollegen Bewegung gebe und man jetzt schnell handeln wolle. „Der Schmerz, den wir empfinden, dass hier Gewinne erzielt werden, die niemand richtig finden kann, haben alle anderen auch.“ So groß scheint der Schmerz dann aber doch nicht zu sein, dass Scholz auch die Übergewinne der Konzerne abschöpfen will. In Meseberg sagte er jedenfalls nichts davon.

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