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Der Herbst soll auch von links heiß werden

Die Linkspartei ruft eine Kampagne für „flächendeckende“ Sozialproteste aus. Gerade weil auch Rechte demonstrieren wollen, müsse man ihnen die Straße streitig machen, sagt die Parteichefin

Die Linke in Protest­stimmung Foto: Stefan Boness

Von Konrad Litschko

Am Dienstagabend will Janine Wissler in Frankfurt (Oder) auf dem Marktplatz stehen. Die Linke, Gewerkschaften und das Aktionsbündnis Frankfurter Montagsdemos will dort gegen „die explodierenden Preise bei Lebensmitteln und Energie sowie gegen die unsägliche Gas­umlage“ demonstrieren, und das ab dann wöchentlich. Gefordert wird ein Preisdeckel auf Lebensmittel und Energie und eine Übergewinnsteuer, Teilnehmende sollen Trommeln und Kochtöpfe mitbringen. Und Wissler wird zum Auftakt mittendrin sein.

Es ist ein Protest, wie ihn sich die Linken-Vorsitzende für die nächsten Monate wünscht. Gegen die Regierung, von links, mit sozialen Forderungen. Am Montag präsentierte Wissler dafür in Berlin die Kampagne ihrer Partei für einen „heißen Herbst“: Bundesweit will ihre Partei ab sofort gegen steigende Energiekosten auf die Straße gehen, Demos organisieren, Infostände, Haustür- oder Banneraktionen. Und nicht nur in einigen Städten, sondern „flächendeckend“, wie Wissler betont. Dafür sei man im Gespräch mit Gewerkschaften und Sozialverbänden. Die Entlastungen der Bundesregierung seien „viel zu gering, sozial unausgewogen und kommen zu spät“, kritisierte Wissler. Es komme daher auf die Linke an, Druck für soziale Verbesserungen zu machen. „Wir wollen, dass es einen Politikwechsel gibt.“

Das Problem ist nur, dass längst nicht ausgemacht ist, ob die kriselnde Linkspartei tatsächlich als Motor für bundesweite Proteste taugt. Und: Auch von der AfD und Rechtsextremen wie den Freien Sachsen wird inzwischen zu einem „heißen Herbst“ aufgerufen. Wissler sieht aber genau das als weiteren Grund für die Notwendigkeit der Linken-Proteste: „Je stärker die Proteste von links sind, desto kleiner werden die von rechts sein.“ Man dürfe der AfD nicht die Proteste überlassen.

Anders als die Rechtsextremen trete man für „solidarische Lösungen für alle Menschen“ ein und werde sich bereits über die Inhalte abgrenzen. Die Linke fordert einen sozialen Klimabonus von 125 Euro im Monat für jeden Haushalt mit geringem bis mittlerem Einkommen. Preise für Strom und Gas sollen gesetzlich gedeckelt, die Gasumlage dürfe nicht eingeführt werden. Auf das 9-Euro-Ticket soll langfristig ein kostenfreier Nahverkehr folgen. Finanziert werden soll das über eine Übergewinnsteuer. Würde mit 90 Prozent besteuert werden, rechnet Wissler mit rund 100 Milliarden Euro an Steuereinnahmen.

Dass just am Montag die SPD ebenso mit Forderungen nach einer Strom- und Gaspreisbremse sowie einer Übergewinnsteuer vorprescht, nimmt Wissler vorsichtig wohlwollend zur Kenntnis. Es bleibe aber abzuwarten, ob das am Ende auch von Kanzler Scholz und der Ampel abgesegnet werde, betonte sie. Denn dort habe es zuletzt zwar viele Versprechungen, am Ende aber vor allem gegenseitige Blockaden und „wenig Konkretes“ gegeben.

Einen ersten Großaufschlag will die Linke am 17. September machen, mit einem bundesweiten Aktionstag. 254 Kreisverbände hätten sich für die Kampagne zurückgemeldet und Material angefordert, berichtete Wissler. Größere Beachtung wird bereits ein Linken-Protest am kommenden Montag in Leipzig finden, angemeldet von dem dortigen Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann. Auch er ruft zu einem „Heißen Herbst gegen soziale Kälte“ auf. In der Partei gibt es Kritik, dass dies an einem Montag geschieht, an dem in Sachsen zuletzt Rechtsextreme regelmäßig gegen die Coronamaßnahmen auf die Straße gingen. Tatsächlich gibt es aus diesem Kreis Aufrufe, die Pellmann-Kundgebung zu besuchen.

Linken-Vorsitzende Wissler betonte, dass dieser Protest nicht von der Bundespartei organisiert sei, sondern von den Leipziger Parteikolleg:innen. Und: Montags sei einst auch gegen Hartz IV oder den Stuttgarter Hauptbahnhofsneubau demonstriert worden. Es müsse bei den Linken-Protesten unbedingt dafür gesorgt werden, dass keine rechten Banner entrollt oder rechte Red­ne­r:in­nen auftreten, hieß es weiter. „Wir werden keine gemeinsame Sache machen.“

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