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Zweite Runde für Scholz

Der Bundeskanzler wurde das zweite Mal im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss befragt. Er blieb bei seiner Linie, kaum konkrete Antworten zu geben.

 Der Kanzler im Untersuchungsausschuss am 19. August Foto: Christian Charisius/dpa

Wäre der Bundeskanzler gegebenenfalls bereit sich einer Befragung unter Hypnose zu unterziehen? Diese Frage des CDU-Abgeordneten Richard Seelmaecker offenbarte die ganze Verzweiflung des Hamburger Untersuchungsausschusses zum Cum-Ex-Steuerskandal bei der Befragung von Olaf Scholz am Freitag. Der ehemalige Bürgermeister blieb dabei seiner Linie treu, zu den allermeisten Fragen keine fassbaren Antworten zu geben. Zu konkreten Ereignissen und Sachverhaten gefragt, sagte er meist, er habe keine Erinnerung.

Der Ausschuss untersucht, warum die Hamburger Behörden in den Jahren 2016 und 2017 bereit waren, Steuerrückforderungen aus Cum-Ex-Geschäften in Höhe von 90 Millionen Euro verjähren zu lassen und ob die damalige Senatsspitze darauf hingewirkt hat. Scholz war damals Bürgermeister, der heutige Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) Finanzsenator.

Konkret geht es um Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Privatbank MM Warburg, von denen sich inzwischen herausgestellt hat, dass sie rechtswidrig waren. Bei den Geschäften wurden Aktien so gehandelt, dass sich die Beteiligten eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer mehrfach erstatten lassen konnten – ein schlichter Griff in die Staatskasse.

Scholz war bereits im April 2021 von dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburger Bürgerschaft befragt worden und referierte für die Galerie zunächst seine Aussagen bei dieser Befragung. Allerdings konnte Scholz zu den in jüngster Zeit aufgetauchten Merkwürdigkeiten wenig Erhellendes beitragen.

Bei der Befragung verebbten viele Antworten des Kanzlers ins kaum Hörbare. Das ging so weit, dass ein Zuhörer vom Balkon im Bürgerschaftssaal rief, das sei arrogant, er solle lauter sprechen – und wegen möglicher Beleidigung seine Personalien angeben musste.

Ob E-Mails im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Fall in der Hamburger Verwaltung gelöscht wurden? Das könne er nicht berichten, das sei ein weites Feld, so der Kanzler: „Warum sollte das der Fall sein?“, fragte Scholz dann.

Ob er sich an eine Sitzung des Finanzausschusses des Bundestags im Juli 2020 erinnere? Konkret nicht. Laut dem Sitzungsprotokoll, das als Verschlusssache eingestuft ist, hat Scholz dort etwas Konkretes zu einem Treffen mit Olearius gesagt – was er sonst immer leugnete. Das Protokoll wurde stark geschwärzt und liegt dem Hamburger Ausschuss nicht vor. Es konnte Scholz also nicht vorgehalten werden und der sah auch keine Veranlassung, dazu etwas zu sagen außer: Die Einstufung des Sitzungsprotokolls als geheim habe nicht das von ihm geführte Finanzministerium veranlasst.

Hinweise, seine persönliche Referetin sei gebeten worden, kritische Termine mit für Warburg lobbyierenden SPD-Politikern „einzusortieren“, wiegelte Scholz ab. Das habe die Referentin selbstständig getan.

Warum er bei seiner Vernehmung im April nicht erwähnt habe, dass damals die Staatsanwaltschaft ein Vorermittlungsverfahren gegen ihn führte, fragte ihn der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch. „Warum hätte ich es berichen sollen?“, fragte Scholz zurück. In der Regel wird jeder Zeuge am Ende seiner Vernehmung vom Ausschussvorsitzenden gefragt, ob ihm weitere relevante Fakten bekannt seien. Zumindest die Oppostion hätte das für wichtig gehalten. Inzwischen sind die Ermittlungen gegen Scholz endgültig eingestellt worden.

Zum Thema Einflussnahme hatten zwei ehemalige Senatoren, Wolfgang Peiner (CDU) und Till Steffen (Grüne) im Aussschuss ausgesagt, allein ein Hinweis, man möge auf dem Laufenden gehalten werden, sei eine Einflussnahme. Dies sei „in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht falsch“, sagte Scholz. Warum, wollte der CDU-Abgeordnete Götz Wiese wissen. Das wolle er nicht begründen, sagte Scholz.

„Ich habe auf das Steuerverfahren keinen Einfluss genommen“, versicherte Scholz in seinem Eingangsstatement, in dem er seine frühere Aussage zusammenfasste. Er habe weder als Bürgermeister Steuerakten der Warburg-Bank eingesehen noch als Finanzminister. „Mein Wissen speist sich im wesentlichen aus öffenlichen Quellen.“ Auch laut den in der Presse veröffentlichten Zeugenaussagen habe es ganz klar kleine Beeeinflussung gegeben.

Vertreter der Stadtgesellschaft habe er regelmäßig zu Gesprächen empfangen. Das seien viele Gespräche gewesen. „Ich brauchte diese Gespräche, um zu vestehen, was los ist“, sagte Scholz. Seine Maxime dabei sei gewesen, keine Versprechungen zu machen und gelegentlich rückzufragen. Es hab keine Vorzugsbehandlung gegeben.

Scholz sagte, er habe auch mit den damaligen Chefs der Sparkasse und der Berenbergbank gesprochen. Seine drei Gespräche mit Warburg-Vertretern 2016 und 2017 seien also nichts Ungewöhnliches gewesen. Auch der Abteilungsleiter aus der Wirtschaftsbehörde, der bei einem Gespräch dabei gewesen ist, habe bestätigt, dass es keine Beeinflussung gegeben habe.

Und so stehe es ja auch in den Tagebüchern des Warburg-Bankiers Christian Olearius, die den Anlass zum Untersuchungsausschuss geliefert haben. „Wenn man die Tagebucheinträge zusammenfasst wird klar: Da war nichts.“ Viele Abgeordnete sind sich da nicht so sicher. Zwei der Treffen fanden im Abstand von wenigen Wochen statt – gerade zu der Zeit als die Finanzverwaltung die überraschende Entscheidung traf, das Geld nicht zurückzufordern.

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