Equal-Pay-Debatte setzt DFB unter Druck: Revolutionäre Rechnung

Frauenerfolge sind so viel wert wie Männererfolge, behaupten immer mehr Fußballverbände in Europa. Sie lassen den DFB verdammt vorgestrig erscheinen.

Fans mit einem Transparent mit der Aufschrift "Equal Pay!" im Stadion

Selbstverständliche Forderung: Fans des US-amerikanischen Nationalteams beziehen Stellung Foto: imago

Eins plus eins ist zwei. Eine neue Rechenart fordert die Fußballverbandsfunktionäre kurz vor Beginn der Europameisterschaft der Frauen mächtig heraus. In Spanien und in den Niederlanden ist man diesen Monat auf die Frage, ob der Erfolg eines männlichen Auswahlteams mehr wert ist als der eines weiblichen, auf ein revolutionäres Ergebnis gekommen.

Nein, sagt man dort, beiden müssen künftig die gleichen Prämien ausgezahlt werden. Mit einer kleinen Abweichung kamen die Schweizer diese Woche zumindest für die zu verteilenden Sponsorenprämien auf diese noch ungewöhnliche Lösung. In den USA, Norwegen, Brasilien und wenigen anderen Ländern hat man sich schon länger für diese etwas andere Rechenart entschieden.

Ein monetäres Gefälle zwischen Männer- und Frauenfußball

Die Traditionalisten beim Deutschen Fußball-Bund könnten bald ziemlich dämlich wirken, sollten sie an ihrer Erkenntnis festhalten, Männersiege seien mehr wert. Bislang haben sie behauptet, man müsse nicht einmal gut rechnen können, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Zu unterschiedlich seien die Geldsummen, welche die Männer im Vergleich zu den Frauen einspielen würden. Und so füttern sie weiter die großen Träume der Jungs und halten die der Mädchen klein. Sie manifestieren das Gefälle zwischen dem Männer- und Frauenfußball.

Für den Profivereinsfußball, der den Formeln des Kapitalismus folgt, ist diese Art zu rechnen überlebenswichtig. Warum aber sollten Verbände, die gern demonstrativ ihre Gemeinnützigkeit vor sich hertragen und sich dafür staatlich alimentieren lassen, mit derlei Kosten-Nutzen-Analysen Ungleichheiten befördern? Nach dem Gesetz dürfen sich gemeinnützige Vereine nicht von Gewinnabsichten leiten lassen. Dass der DFB nach Gutdünken rechnen darf, kann auch als politisches Versagen bewertet werden.

Der populäre Einwand, eine Gleichstellung der Prämien zwischen männlichen und weiblichen Auswahlspielerinnen würde neue Ungleichheiten innerhalb des Frauenfußballs produzieren, ist zwar inhaltlich richtig, aber doch kein ernstzunehmendes Argument dafür, die Ungleichbehandlung zwischen Männern und Frauen aufrechtzuerhalten.

Der DFB, der unter der Führung des neuen Präsidenten Bernd Neuendorf Aufbruchstimmung verbreiten will, wirkt angesichts dieser neuen Equal-Pay-Dynamik, die selbst große Männerfußballnationen wie Brasilien und Spanien die Wertschätzung ihrer Auswahlspielerinnen unabhängig von deren Gewinnmargen bemessen lässt, kleinkariert und vorgestrig. Diesen Eindruck kann der DFB so nicht lange stehen lassen, wenn er als erneuerbare Kraft wahrgenommen werden will.

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Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.

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