+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Zahlreiche Tote durch Streumunition

Russland hat laut Amnesty International durch Streumunition Zivilisten in Charkiw getötet. Der zum Tode verurteilte „Söldner“ soll seit 2020 Ukrainer sein.

Feuerwehrleute löschen ein Haus im Grünen

Eines der Häuser in Charkiw, das während eines russischen Angriffs mit Streumunition getroffen wurde Foto: Bernat Armangue/dpa

Bundesregierung prüft kurzfristige Hilfen für Gazprom Germania

Die Bundesregierung lotet Insidern zufolge kurzfristige Hilfen für den Versorger Gazprom Germania aus. Es gehe um Hilfskredite der staatlichen Förderbank KfW in Höhe von etwa fünf bis zehn Milliarden Euro, sagte ein Insider aus dem Umfeld von Gasunternehmens am Montag der Nachrichtenagentur Reuters. Gazprom Germania wurde zuletzt unter Treuhänderschaft der Bundesnetzagentur gestellt und kämpft mit höheren Beschaffungskosten für Gas, weil Russland Sanktionen gegen Töchter des deutschen Unternehmens verhängt hat. Ein Insider aus der Bundesregierung sagte, das Unternehmen sei wichtig für die Gasversorgung in der Fläche und derzeit in einer schwierigen Situation. „Wir prüfen verschiedene Optionen.“ Kredite der KfW wären dabei naheliegend.

Die zuständigen Ministerien der Regierung wollten sich nicht zu den Informationen äußern. Einem Bericht der Agentur Bloomberg zufolge könnte bereits diese Woche ein Hilfspaket für das Unternehmen kommen.

Im Umfeld von Gazprom Germania hieß es, die Verhandlungen auf höchster politischer Ebene seien intensiv und in einem fortgeschritten Stadium. In Regierungskreisen hieß es, der genaue Finanzierungsbedarf könne noch nicht beziffert werden. Es gebe aber einen Rettungsschirm für Unternehmen, die stark unter den wirtschaftlichen Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine litten. (rtr)

Zum Tode verurteilter „Söldner“ soll seit 2020 Ukrainer sein

Der Vater des marokkanischen Kämpfers, der in der pro-russischen Separatistenregion Donezk zum Tode verurteilt wurde, prangert die Begründung des Urteils an. Brahim Saadoun sollte als Kriegsgefangener – und nicht als Söldner – behandelt werden, da er seit 2020 ukrainischer Staatsbürger sei, schreibt sein Vater Tahar Saadoun in einer E-Mail an Reuters. Brahim Saadoun und zwei Briten, die an der Seite der Ukraine kämpften, wurden letzte Woche vor einem Gericht in der nur von Russland anerkannten „Volksrepublik Donezk“ zum Tode verurteilt. Sie seien Söldner und hätten versucht, die verfassungsmäßige Ordnung der Republik zu zerstören, hieß es. (rtr)

Lambrecht kündigt territoriales Führungskommando der Bundeswehr an

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht kündigt angesichts des Ukrainekriegs eine baldige Strukturreform der Bundeswehr-Führung an. „Bislang waren die territorialen Führungsaufgaben über viele Bereiche verteilt“, teilte Lambrecht am Montag mit. „Zum 1. Oktober 2022 werden wir sie in einem ‚Territorialen Führungskommando der Bundeswehr‘ in Berlin bündeln.“

Der russische Einmarsch in der Ukraine habe die Notwendigkeit unterstrichen, die Führungsorganisation der Streitkräfte beschleunigt auf die Anforderungen der Landes- und Bündnisverteidigung auszurichten. Mit der Reform werde die Führungsstruktur an die aktuelle Sicherheitslage angepasst.

„Mit dem neuen Kommando können wir über die rein militärischen Aufgaben hinaus sehr schnell die nötigen Kräfte für einen nationalen Krisenstab bereitstellen, wenn das notwendig ist – etwa im Falle von Hochwasserkatastrophen oder wie in der Covid-Pandemie“, erklärte Lambrecht.

Das unmittelbar ihrem Ministerium nachgeordnete Kommando sei das operative Pendant zum Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Potsdam, heißt es in der Erklärung des Verteidigungsministeriums weiter. Mit Aufstellung des Kommandos werde die „nationale territoriale Führungsfähigkeit über das gesamte Spektrum ‚Frieden – Krise – Krieg‘ hergestellt. Es handele sich um einen wichtigen Schritt zur weiteren Ertüchtigung der Bundeswehr. (rtr)

Mehr als 18,4 Millionen Menschen von Dürre und Hunger betroffen

Nach zwei Dürrejahren in Folge sind am Horn von Afrika mehr als 18,4 Millionen Menschen von Lebensmittelmangel, Hunger und Unterernährung bedroht. Bis September könnte die Zahl der Betroffenen in Äthiopien, Somalia und Kenia nach Angaben des UN-Nothilfeprogramms OCHA sogar auf 20 Millionen steigen. Nach den am Montag verbreiteten Angaben gelten mehr als 7,1 Millionen Kinder in den betroffenen Regionen als unterernährt, darunter seien etwa zwei Millionen schwer unterernährte Kinder.

Zu der sich zuspitzenden Lage habe auch beigetragen, dass wegen Wasser- und Futtermangels rund sieben Millionen Tiere verendet seien. Für die Nomaden und Halbnomaden in den Dürregebieten bedeutet der Verlust von Rindern, Schafen und Ziegen der Verlust ihrer wirtschaftlichen Existenz, das Fehlen von Milch habe zudem zur Unterernährung der Kinder beigetragen, hieß es. Zudem hat der Krieg in der Ukraine Auswirkungen auch auf die Lebensmittelpreise am Horn von Afrika, ausbleibende Getreidelieferungen erschweren die Versorgungslage und Hilfsprogramme.

Viele Wasserquellen seien versiegt und die Preise für Wasserlieferungen seit November 2021 um 71 Prozent angestiegen, hieß es weiter. Der Wassermangel führe zudem zu einer Verschlechterung der hygienischen Bedingungen und mehr gesundheitlichen Problemen. Seit Januar 2021 hätten bereits mehr als eine Million Menschen ihre Dörfer verlassen, darunter allein 805 000 Menschen in Somalia. Bisher sei nur ein geringer Teil der Mittel aufgebracht worden, damit die Regierungen der betroffenen Länder und Hlfsorganisationen die Folgen der Dürre bekämpfen und den Menschen helfen könnten, so die UN. In den kommenden Monaten würden umgerechnet 1,6 Milliarden Euro benötigt.

Eine Entwarnung ist nicht in Sicht: Langfristigen meteorologischen Prognosen zufolge könnte auch die im Oktober beginnende nächste Regenzeit keine Abhilfe schaffen. (dpa)

Reist Scholz am Donnerstag in die Ukraine?

Die italienische Zeitung La Stampa berichtet, dass Ministerpräsidenten Mario Draghi zusammen mit Kanzler Olaf Scholz sowie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron am Donnerstag nach Kiew reisen wolle. Ein Sprecher der Bundesregierung bestätigt dies auf Anfrage nicht. Bereits am Wochenende hatte es Spekulation über eine gemeinsame Reise des Trios in die ukrainische Hauptstadt gegeben. Auch dies war nicht bestätigt worden. (rtr)

Ost-Beauftragter Schneider: Raffinerie in Schwedt soll Öl aus Polen bekommen

Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, hat einen Umbau der ostdeutschen Energieversorgung wegen des Öl-Embargos gegen Russland angekündigt. Künftig werde die Raffinerie in Schwedt zusätzlich mit nicht-russischem Öl aus dem polnischen Danzig über eine Pipeline versorgt, sagte Schneider im Deutschlandfunk.

Dadurch würden zwar die Preise steigen, aber im Kern gehe es darum, den Krieg in der Ukraine zu beenden. Die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt verarbeitet aktuell russisches Öl. Die Bundesregierung plant ab kommendem Jahr einen umfassenden Importstopp für russisches Öl.

Die Energieversorgung und die Preissteigerungen für Verbraucher sind heute auch Thema bei Beratungen der ostdeutschen Ministerpräsidenten mit Bundeskanzler Scholz auf der Ostseeinsel Riems. (dlf/taz)

Russland: Haben Waffen aus USA und EU im Donbass zerstört

Russland hat nach eigenen Angaben mit Raketenangriffen eine große Menge an Waffen und Militärausrüstung in der Ost-Ukraine zerstört. Dazu gehörten auch einige Rüstungsgüter, die von den USA und Staaten der Europäischen Unikon an die Ukraine geliefert worden seien, teilt das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Die russischen Raketen hätten Ziele nahe dem Bahnhof des Ortes Udatschne im ostukrainischen Donbass getroffen. (rtr)

Schwerer Beschuss von Sjewjerodonezk

Um die Stadt Sjewjerodonezk gibt es den Behörden zufolge weiter heftige Kämpfe. Auch ein Industriegebiet, in dem sich rund 500 Zivilisten verschanzt hätten, stehe unter schwerem Beschuss, erklärt Gouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj, auf Facebook. Russische Truppen kontrollierten rund 70 Prozent von Sjewjerodonezk, das in der ostukrainischen Region Luhansk liegt. (rtr)

Amnesty: Zahlreiche tote Zivilisten durch Streumunition in Charkiw

Russische Truppen haben nach Recherchen von Amnesty International durch den Einsatz von Streumunition zahlreiche Zivilisten im ostukrainischen Gebiet Charkiw getötet. Dort seien Menschen in ihren Häusern und auf der Straße getötet worden, während sie etwa mit ihren Kindern Spielplätze besuchten oder beim Einkaufen, berichtet eine Sprecherin. Die Verantwortlichen für diese Angriffe müssten vor Gericht gestellt und die Verletzten sowie die Angehörigen der Opfer entschädigt werden, fordert die Menschenrechtsorganisation. (dpa)

Lindner signalisiert Unterstützung für Verschärfung des Kartellrechts

FDP-Chef Christian Lindner signalisiert Unterstützung für die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgelegten Vorschläge zur Verschärfung des Kartellrechts. „Die Richtung stimmt“, sagte Bundesfinanzminister Lindner am Sonntagabend im ZDF. Das Kartellamt müsse in der Lage sein, Märkte auch zu kontrollieren.

Angesichts hoher Spritpreise will Habeck dem Kartellamt mehr Eingriffsmöglichkeiten geben, um gegen Mineralölkonzerne effektiver vorgehen zu können. So soll es auch leichter werden, Gewinne abzuschöpfen, wenn Unternehmen ihre Marktmacht missbrauchen. Als letztes Mittel sollen auch Zerschlagungen möglich werden.

Lindner sagte, er hoffe, mit dem geplanten Vorgehen über das Kartellrecht seien Ideen einer sogenannten Übergewinnsteuer vom Tisch. Diese hatten Grüne und auch gewichtige Teile der SPD gefordert für Unternehmen, die übermäßig stark vom Krieg in der Ukraine profitieren. Lindner lehnt eine solche Sondersteuer wie jede Form von Steuererhöhungen ab. (rtr)

Werden für Freiheit auch wirtschaftlichen Preis zahlen

Der russische Angriff auf die Ukraine verändert Bundeskanzler Olaf Scholz zufolge nicht nur die Sicherheitslage in Europa, sondern auch die Wirtschaft. „Freiheit und Sicherheit haben einen Preis“, sagte der SPD-Politiker am Sonntagabend beim Ostdeutschen Wirtschaftsforum im brandenburgischen Bad Saarow. Deutschland könne den Angriff nicht tatenlos hinnehmen. Russland dürfe diesen Krieg nicht gewinnen. Die EU habe deswegen scharfe Sanktionen gegen Russland beschlossen.

Folgen des Krieges sind unter anderem sprunghaft gestiegene Preise für Energie und Lebensmittel. Scholz sagte, die Bundesregierung habe mit zwei Entlastungspaketen weit mehr als 30 Milliarden Euro mobilisiert, um Bürgern und Unternehmen zu helfen. Hilfspakete seien aber keine Dauerlösung.

Deutschland sei viel zu abhängig von russischen Energielieferungen, so Scholz. Deswegen müsse nun Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien gemacht werden. Kurzfristig werde womöglich noch stärker auf Kohle zurückgegriffen werden müssen, ohne jedoch den geplanten Kohleausstieg infrage zu stellen. (rtr)

OPs hinter Sandsäcken

Das Krankenhaus Nr. 1 in Kramatorsk arbeitet schon jetzt unter Hochdruck. Der russische Vormarsch dürfte die Lage weiter verschlimmern. taz-Autorin Anastasia Magasowa hat das Krankenhaus besucht.

500 Zivilisten suchen auf Azot-Gelände Zuflucht

In der Azot-Chemiefabrik in der umkämpften Industriestadt Sjewjerodonezk haben ukrainischen Angaben zufolge Hunderte von Zivilisten Zuflucht gesucht. „Etwa 500 Zivilisten halten sich auf dem Gelände des Azot-Werks auf, 40 davon sind Kinder“, sagt der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj. Gelegentlich gelinge es dem Militär, einzelne Personen zu evakuieren. (rtr)

Hacker bringen Kritik an Ukrainekrieg auf russische TV-Webseiten

Unbekannte Hacker haben eine Botschaft gegen den Krieg in der Ukraine auf Webseiten des staatlichen russischen Fernsehens platziert. Auf dem Streaming-Portal „Smotrim.ru“ etwa stand neben Fotos von Zerstörung in der Ukraine: „Putin vernichtet Russen und Ukrainer! Stoppt den Krieg!“, berichten zahlreiche Internet-Nutzer im Netz. Das russische Staatsfernsehen räumte später eine Hacker-Attacke auf „Smotrim“ und die Website der Nachrichtensendung „Vesti“ ein. Dadurch seien weniger als eine Stunde lang „unerlaubt Inhalte mit extremistischen Aufrufen“ angezeigt worden. (dpa)

Deutsche Rüstungsgüter für 350 Millionen Euro in die Ukraine

Die Bundesregierung hat in den ersten gut drei Monaten des Ukrainekriegs die Lieferung von Waffen und anderen Rüstungsgütern im Wert von 350,1 Millionen Euro in das von Russland angegriffene Land genehmigt. Das geht aus einer Antwort des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Vom ersten Kriegstag, dem 24. Februar, bis zum 1. Juni gab die Regierung demnach grünes Licht für die Lieferung von Kriegswaffen für 219,8 Millionen Euro und sonstige Rüstungsgüter wie Helme und Schutzwesten für 85,2 Millionen Euro. Hinzu kommen Waffen und Ausrüstung der Bundeswehr für 45,1 Millionen Euro, die ab dem 1. April in einem vereinfachten Verfahren genehmigt wurden. Hierfür gibt es keine Aufschlüsselung in Kriegswaffen und sonstige Rüstungsgüter.

Zum Vergleich: Die USA haben der Ukraine von Kriegsbeginn bis zum 1. Juni nach Regierungsangaben Waffen und Ausrüstung im Wert von 4,6 Milliarden Dollar (4,37 Milliarden Euro) zugesagt oder geliefert. Dazu gehören zahlreiche schwere Waffen, zum Beispiel Haubitzen und Mehrfach-Raketenwerfer. (dpa)

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