Deutsche Panzerhaubitzen für die Ukraine: Doch noch was gefunden

Deutschland liefert der Ukraine erstmals schwere Waffen aus Beständen der Bundeswehr. Dabei hieß es bisher: Dort ist nichts mehr zu holen.

Soldat in Uniform und acht Panzerhaubitzen

So sehen sie aus: Panzerhaubitzen 2000 der Bundeswehr im Februar vor dem Transport nach Litauen Foto: ap

BERLIN taz | Die Bundesregierung geht bei ihren Waffenlieferungen an die Ukraine den nächsten Schritt: Mit der Lieferung von sieben Exemplaren der Panzerhaubitze 2000, die Verteidigungsministerin Christine Lambrecht am Freitag angekündigte, gibt sie erstmals schwere Waffen aus dem Besitz der Bundeswehr ab. Zuvor hatte sie zwar schon die Lieferung des Flugabwehrpanzers Gepard genehmigt. Die bis zu 50 Exemplare waren bisher aber im Industriebesitz.

Ebenfalls im Raum steht seit längerem ein Ringtausch, bei dem Slowenien Kampfpanzer an die Ukraine abgeben und dafür Marder-Schützenpanzer der Bundeswehr erhalten würde. Eine finale Einigung wurde bisher aber nicht verkündet.

Die Bundesregierung hatte lange damit argumentiert, dass die Bestände der Bundeswehr erschöpft seien und weitere Lieferungen an die Ukraine eher aus der Industrie kommen müssten. Generalleutnant Kai Rohrschneider, Abteilungsleiter im Verteidigungsministerium, sprach noch vor zwei Wochen in Bezug auf die Panzerhaubitze von einem „eingestandenem Artilleriemangel“ in der Bundeswehr: „Wir brauchen jedes Geschütz für unsere Verpflichtungen in der Nato.“

Die Bundeswehr hatte ab 1998 185 der Panzerhaubitzen gekauft, besitzt nach Einsparungen inzwischen aber nur noch knapp über 100. Nach Angaben der Verteidigungsministerin sind davon wiederum nur rund 40 einsatzbereit. Die sieben Stück, die jetzt an die Ukraine gehen, sind derzeit in der Instandsetzung. Noch nicht geklärt ist, wie sie der Bundeswehr ersetzt werden. Einem Ministeriumssprecher zufolge muss man sich das „mittelfristig überlegen“. Allein sechs Panzerhaubitzen hatte die Bundeswehr im Februar nach Litauen verlegt, um den dort stationierten Nato-Verband zu verstärken.

Die Panzerhaubitze 2000 besteht aus einem Artilleriegeschütz, das auf einem Panzerfahrzeug mit Ketten installiert ist. Sie kann ihre Munition bis zu 40 Kilometer weit schießen. Im Einsatz stehen solche Geschütze meist in relativer Sicherheit hinter der unmittelbaren Frontlinie und beschießen von dort aus gegnerische Ziele. Die Panzerhaubitze gilt als sehr präzise, ihre Munition hat eine große Zerstörungskraft.

Ausbildung ab nächster Woche

Ab wann die Waffe in der Ukraine in Einsatz kommt, steht noch nicht fest. Zur Dauer der Instandsetzung machte das Verteidigungsministerium am Freitag keine Angaben. Als Richtwert für die Ausbildung gab es 40 Tage an. Die Bundeswehr wird ukrainische Sol­da­t*in­nen wohl ab kommender Woche in Rheinland-Pfalz an der Panzerhaubitze 2000 ausbilden. Pläne dafür gibt es schon länger, da die Niederlande schon im April die Lieferung von fünf Exemplaren angekündigt hatten, aber über kein eigenes Ausbildungszentrum verfügen.

Kritik an den Plänen kam am Freitag aus der Linkspartei. Die Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen behauptete, die Bundesregierung mache Deutschland „durch die Bereitstellung hochmoderner schwerer Waffen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf deutschem Boden zum Kriegsbeteiligten“. Dabei bezog sie sich auf ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags.

Tatsächlich kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass Staaten durch Waffenlieferung völkerrechtlich „nicht die Grenze zur Konfliktteilnahme“ überschreiten“. Mit Verweis auf ein Interview des Völkerrechtlers Pierre Thielbörger sagt der Wissenschaftliche Dienst aber auch, dass man bei der Ausbildung an Waffen „den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung“ verlasse. Dem Völkerrechtler zufolge müsse man hierbei den jeweiligen Einzelfall betrachten. Andere Ex­per­t*in­nen und auch die Bundesregierung gehen davon aus, dass ein Staat auch durch die Ausbildung an Waffen nicht zur Kriegspartei wird.

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