In Pakisten kehrt eine Dynastie zurück: Shehbaz Sharif ist neuer Premier

Proteste von Anhängern Imran Khans können den vom Parlament eingeleiteten Machtwechsel nicht verhindern. Doch sind baldige Neuwahlen wahrscheinlich.

Shehbaz Sherif spreizt die Hände vor seiner Brust

Neuer Premier von Pakistan: Shehbaz Sherif Foto: Akhtar Soomro/reuters

BERLIN taz | Die pakistanische Nationalversammlung hat am Montagabend den 70-jährigen Shehbaz Sharif zum neuen Premierminister der südasiatischen Atommacht gewählt. Der Politiker der konservativen Muslimliga PML-N wird damit der Nachfolger des früheren Cricketstars Imran Khan. Dem hatte in der Nacht zum Sonntag eine Mehrheit der Abgeordneten das Vertrauen entzogen.

Wegen schlechter Wirtschaftsdaten, vor allem hoher Inflation, hatte Khans Regierung zuvor einen Koalitionspartner und damit die Mehrheit im Parlament verloren. Am Sonntag demonstrierten landesweit Zehntausende Anhänger gegen die Entmachtung. Der war mal als Reformer und Anti-Establishment-Politiker angetreten.

Der bisherige Oppositionsführer Shehbaz Sharif erhielt 174 von 342 Stimmen aus einer breiten Koalition von teils im Widerspruch zueinander stehenden Parteien von links bis islamistisch.

Nachdem absehbar war, dass der von Khan zu seinem Nachfolger erkorene Ex-Außenminister Shah Mahmood Quereshi, der ebenfalls zu Khans Partei PTI gehört, keine Mehrheit bekommen würde, legten zahlreiche PTI-Abgeordnete ihr Parlamentsmandat nieder.

„Opposition untergräbt Legitimität des Parlaments“

„Damit wird die Legitimität des Parlaments untergraben“, kommentierte Niels Hegewisch vom Büro der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stitung in Islamabad. Dies, wie auch der Druck auf den Straßen, zeige, dass Khan lieber populistisch agiere, als sich mit der Oppositionsrolle im Parlament abzufinden.

Er hatte bereits zuvor eine Verschwörung der USA für seinen Sturz verantwortlich gemacht, ohne Beweise vorzulegen. Anti-Amerikanismus ist in Pakistan eine gängige Mobilisierungsstrategie.

Der neue Premier Shehbaz Sharif stammt aus einer bekannten Industriellendynastie. Sein älterer Bruder Nawaz Sharif war bereits dreimal Premierminister. Der wurde wegen Korruption verurteilt, konnte jedoch aus gesundheitlichen Gründen ins Exil ausreisen. Er lebt derzeit in London.

Shehbaz Sharif war bereits zweimal Premierminister der Provinz Punjab. Er hat das Image eines pragmatischen Machers. Jetzt sagte er: „Wir werden Schweiß und Blut vergießen müssen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln.“

Gegen Shehbaz Sharif läuft noch eine Korruptionsklage

Als erste Maßnahmen verkündete er eine Anhebung der Gehälter der Staatsangestellten in den unteren Einkommensklassen und eine zehnprozentige Anhebung der Pensionen. Das Gros der Bevölkerung arbeitet aber im informellen Sektor und wird davon nichts haben.

Auch gegen den neuen Premier läuft noch ein Verfahren wegen Korruption, das ihn angreifbar macht. Doch scheint er inzwischen mehr Rückhalt als Khan beim mächtigen Militär zu haben, gegen das kein Politiker in Pakistan regieren kann.

„Shehbaz Sharif ist ein schwacher Premierminister einer fragilen Koalition mit ungewisser Zukunft“, sagt Hegewisch. „Schnelle Neuwahlen sind sehr wahrscheinlich – mit Vorteil für Khan.“

Der hatte vor gut einer Woche das Parlament auflösen lassen und baldige Neuwahlen in Aussicht gestellt, um das Misstrauensvotum zu verhindern. Das oberste Gericht erklärte dies jedoch am letzten Donnerstag für verfassungswidrig.

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