Radklassiker in Belgien: Munter ins letzte Monument

Liane Lippert wurde bereits zwei Mal von Corona ausgebremst. Beim Radklassiker Lüttich-Bastogne-Lüttich zählt sie dennoch zu den Favoritinnen.

Liane Lipperet steuert ihr Rad bergauf an einer engen Straßenkreuzung

Wenn es bergauf geht, fühlt sich Liane Lippert besonders wohl Foto: frontalvision/imago

LÜTTICH taz | Der deutsche Radsport hat eine neue Klassikerliebhaberin: Liane Lippert. Die 24-Jährige kletterstarke Athletin vom Bodensee reihte in den letzten zwei Wochen ein Top-Ergebnis nach dem anderen aneinander: Dritte wurde sie zunächst beim Amstel Gold Race, Dritte auch beim Pfeil von Brabant und am Mittwoch Siebte beim Wallonischen Pfeil. Bei Lüttich-Bastogne-Lüttich, dem traditionell letzten Klassikermonument der Saison, gehört die Fahrerin des niederländischen Rennstalls DSM daher zu den Mitfavoritinnen.

„Die guten Resultate zuletzt haben mir viel Selbstvertrauen gegeben, besonders deshalb, weil sie nach einer Achterbahnfahrt kamen“, sagte Lippert. Wegen einer ersten Coviderkrankung startete sie schon später als geplant in die Saison. Das erste Pflastersteinrennen des Jahres, Omloop Het Nieuwsblad, musste sie daher ganz ohne Vorbereitungsrennen bestreiten. Die Form war dennoch gut, und dass nicht mehr als Platz 29 heraussprang, führte Lippert auch auf die fehlende Wettkampfhärte zurück.

Bei den folgenden Rennen war sie ebenfalls oft vorn mit dabei. Für gute Resultate reichte dies aber nicht. Lippert erklärt dies auch mit taktischen Umständen. Das Team Trek Sega­fredo um Weltmeisterin Elisa Balsamo sei zu Saisonbeginn nicht so stark wie gewohnt gewesen. „Die haben mehrfach die Gruppen verpasst und dann alle Kraft hineingelegt, um sie zurückzuholen. Ich war oft in den Gruppen. Als sie gestellt wurden, habe ich dann für meine sprintstärkeren Teamkolleginnen gearbeitet“, erzählt sie. Immerhin Platz drei für die Niederländerin Lorena Wiebes beim Omloop Het Nieuwsblad und Platz vier für die Britin Pfeiffer Georgi bei Quer durch Flandern sprang für das DSM-Team auch dank Lipperts Arbeit im Finale heraus.

Als Lippert selbst so richtig angreifen wollte, bei der Flandernrundfahrt, bremste sie aber erneut Corona aus. „Ein paar Tage vor dem Start gab es den zweiten Strich auf dem Coronatest. Es war sehr hart, das Rennen verpassen zu müssen“, sagte sie der taz. Schlimmer noch, als nicht teilnehmen zu dürfen, empfand sie die Isolation. „Ich durfte niemanden sehen, konnte nicht trainieren und wusste nicht, wie gut ich danach sein werde, selbst wenn es mich nicht schwer erwischt hatte“, blickt sie zurück. Umso größer war die Freude über Platz drei beim Amstel Gold Race.

Mit Rückenwind nach Lüttich

Der Knoten war geplatzt. Und eine Rolle spielte sicher auch, dass Lippert in der Ungewissheit über die Form nach der Coronapause lockerer in die Rennen ging. „Ich habe mir keinen Druck gemacht, wollte clever fahren, nicht unnötig investieren“, meint sie.

Mit dem Rückenwind der jüngsten Erfolge reist sie nun zur Doyenne, dem ältesten der Klassikermonumente. Seit 1892 wird es für die Männer ausgetragen, erst seit 2017 für die Frauen. In Sachen Geschlechtergerechtigkeit ist der Straßenradsport ein peinlicher Nachzügler. Das sieht man nicht nur an den Daten der ersten Austragungen von großen Rennen. Auch bei den Preisgeldern klaffen Lücken. 20.000 Euro darf der beste Mann bei Lüttich-Bastogne-Lüttich mitnehmen, 12.000 Euro die beste Frau. Im Gegensatz zu früher dennoch ein Fortschritt. Im letzten Jahr musste sich Lüttich-Bastogne-Lüttich-Siegerin Demi Vollering mit 1.535 Euro zufrieden geben, während Männersieger Tadej Pogacar 20.000 Euro bekam.

Die Tendenz immerhin stimmt. Gerade die Kombinationen von Frauen- und Männerrennen bei den Eintagesklassikern verliehen dem Frauenradsport einen Schub. Mehr Fans sind an der Strecke, das Fernsehen berichtet. Das sorgt auch für Vorbilder. Welche Formel allerdings die beste ist – Frauen- und Männerrennen am gleichen Tag wie am Sonntag bei der Doyenne oder am gleichen Wochenende, aber auf Samstag und Sonntag verteilt wie zuletzt bei Paris-Roubaix, hat sich noch nicht herauskristallisiert.

Auch Lippert ist da zwiegespalten: „Am gleichen Tag ist schon gut, weil da auch Menschen an die Strecke kommen, die nicht allein wegen uns gekommen wären. Ich finde es aber auch gut, wenn wir unser eigenes Ding haben und die Leute sich wegen uns begeistern und wir uns nicht an die Männer anhängen müssen.“

Bei der Tour de France wird es in diesem Jahr nur einen Tag Überschneidung geben. Am Tag der Abschlussetappe der Männer in Paris, beginnt die Frauen-Tour. Danach fahren die Frauen allein weiter, und das Fernsehen bleibt dabei. Danach ist man vielleicht schlauer.

Auch Lippert freut sich schon auf die Tour. Sie wird sogar zwei große Landesrundfahrten bestreiten – vor der Tour de France noch den Giro d’Italia. „Ich stehe auf den Long Lists für beide Rennen. Ich kann zwei Rundfahrten wegstecken. Es liegen ja auch zwei Wochen dazwischen“, meint sie munter. Vorher aber will sie ihr kunterbuntes Frühjahr mit einem starken Ergebnis in Lüttich krönen.

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