Geschlechtergerechtigkeit in der CDU: Die Quote auf der Tagesordnung

Die Christdemokraten haben ein Frauenproblem – selbst Parteichef Merz hat das inzwischen gemerkt. Nun gibt es einen neuen Anlauf für eine Frauenquote.

Friedrich Merz trinkt

Hat die Frauenquote bisher stets „zweitbeste Lösung“ genannt: CDU-Bundesvorsitzender Friedrich Merz Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN taz | Seit Anke Rehlinger für die SPD die Landtagswahl im Saarland gewonnen hat, erfreut sich ein Foto vierer Frauen in den sozialen Netzwerken großer Beliebtheit. Neben Rehlinger stehen Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Franziska Giffey. Alle vier sind Sozialdemokratinnen – und sie sind (oder werden) Ministerpräsidentinnen. Dass sich die SPD so über die vier freuen kann, liegt auch daran, dass es bei der Konkurrenz so desaströs aussieht.

Die CDU stellt nur noch fünf Ministerpräsidenten, eine Frau ist nicht dabei. Und nicht nur das: Seit Julia Klöckner jüngst den Vorsitz der CDU in Rheinland-Pfalz abgegeben hat, wird keiner der Landesverbände mehr von einer Frau geleitet, die Bundespartei schon seit Anfang vergangenen Jahres nicht mehr.

An der Spitze der Fraktionen im Bund und in den Ländern gibt es nur eine Frau: Ines Claus in Hessen. Als es dort aber um den Nachfolger für Ministerpräsident Volker Bouffier ging, war Claus schnell aus dem Rennen. Auch im Saarland, wo Tobias Hans nach der verlorenen Wahl von der Spitze des Landesverbands abtreten muss, scheinen die Männer die Nachfolge unter sich auszumachen. Trotz 16 Jahren Kanzlerin ist die Macht in der CDU derzeit vor allem männlich.

Attraktiv für Frauen ist das nicht. Bei der Bundestagswahl im September ist die Union in der Gunst der Wählerinnen stark eingebrochen. Der Frauenanteil unter den CDU-Mitgliedern liegt bei gut 26 Prozent, bei den Neueintritten nur minimal darüber.

Merz spricht von einem „gehörigen Defizit“

Dass es so nicht weiter gehen kann, hat inzwischen auch Parteichef Friedrich Merz gemerkt. Nach dem Debakel bei der Bundestagswahl muss er die CDU wieder aufrichten und tauglich für die Zukunft machen, ohne Frauen wird das nicht gehen. Merz spricht von einem „gehörigen Defizit“ und sagt: „Das kann nicht so bleiben.“ Wie er das allerdings bewerkstelligen will, ist nicht bekannt.

Als Freund der Quote hat Merz sich jedenfalls nicht hervorgetan, im Gegenteil. Diese sei die „zweitbeste Lösung“, hat er bislang stets gesagt – was man als Absage werten kann. Auf die Anfrage der taz, ob sich daran etwas geändert habe, heißt es aus der CDU nur, Merz wolle sich zu diesem Thema derzeit nicht äußern.

Eigentlich sollte die CDU längst eine Frauenquote haben. Bereits vor knapp zwei Jahren hatte sich die Struktur- und Satzungskommission nach zähem Ringen auf eine stufenweise Einführung einer Quote bei Vorstandswahlen ab der Kreis­ebene geeinigt. Ab 2021 sollte sie bei einem Drittel, ab 2025 dann bei der Hälfte liegen.

Die damalige Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer stand dahinter, ein Parteitag sollte die Quote beschließen. Dann kam Corona, zwei Parteitage wurden ins Netz verlegt, das Thema verschoben. Satzungsänderungen können nur von einem Präsenzparteitag verabschiedet werden. Einen solchen soll es nun im September in Hannover geben. Dort steht der Antrag zur Einführung der Quote auf der Tagesordnung.

Hoffnung auf den Parteitag im September

Yvonne Magwas ist stellvertretende Bundestagspräsidentin und auch stellvertretende Vorsitzende der Frauen-Union. Sie fordert, dass die CDU die Quote endlich beschließt – und dass Merz sich dafür einsetzen soll. „Die Ergebnisse der Struktur- und Satzungskommission sind ein breiter und guter Kompromiss, sie müssen umgesetzt werden“, sagte Magwas der taz.

Die Sächsin war damals bei den Verhandlungen dabei. Alle Landesverbände und Vereinigungen seien beteiligt gewesen, man habe damals bis tief in die Nachtstunden hinein gerungen. Magwas: „Wir als Frauenunion hatten weitergehende Forderungen, auch wir haben Zugeständnisse gemacht.“

Der Parteitag im September solle eine Unterstützung für die Wahlkämpfer in Niedersachsen sein. „Da wäre es gut, wenn wir uns vorher auf einen mehrheitsfähigen Vorschlag einigen würden.“ Ein solcher Vorschlag sei das Paket der Satzungskommission, zu der auch weitere Aspekte wie die Anerkennung der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) als Vereinigung und die Einführung eines Jugendstellvertreters gehören würden. Magwas sieht hier auch Merz in der Pflicht: „Für einen solchen Vorschlag muss auch der Parteivorsitzende sorgen.“

Frauenanteil hat sich nicht geändert

Derzeit gilt in der CDU als offen, ob die Frauenquote im September beschlossen wird. Bereits bei der Vorstandswahl im Januar nutzten Geg­ne­r:in­nen der Quote die Chance, gegen diese Front zu machen. Dass damals mehr Frauen als Männer für das Führungsgremium kandidierten, wurde als Zeichen ausgelegt, dass in der CDU keine Quote mehr nötig sei.

Dass sich am Ende trotzdem wieder deutlich mehr Männer durchsetzten, scheint nicht bei allen angekommen zu sein. So behauptete der neue Parteivize Carsten Linnemann, unter dessen Führung ein neues Grundsatzprogramm erarbeitet werden soll, nach der Saarland-Schlappe im ARD-Morgenmagazin: „Wir haben noch nie so viele Frauen im Bundesvorstand gehabt wie derzeit.“ Das allerdings stimmt gar nicht. Der Frauenanteil in diesem Gremium hat sich bei der letzten Wahl nicht verändert.

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