Spanien schiebt algerischen Dissident ab: Von Gefängnis zu Gefängnis

Ein algerischer Dissident, der in Spanien Asyl beantragt hatte, sitzt nun in Abschiebehaft. In Algerien erwarten ihn zehn Jahre Gefängnis.

Luftaufnahme einer Menschenmenge, von denen viele in die Luft schauen und Flaggen um die Schultern tragen

Auch Mohamed Benhalima ging auf die Straße: Die Protestbewegung Hirak 2019 in Algiers Foto: imago stock

MADRID taz | Es sieht nicht gut aus für Mohamed Benhalima. Der ehemalige Unteroffizier der algerischen Armee sitzt seit Montag im ostspanischen Valencia in Abschiebehaft. Der 32-Jährige soll an seine Heimat ausgeliefert werden. Dort wurde er 2021 in Abwesenheit zu zehn Jahren Gefängnis wegen „Veröffentlichung falscher Informationen“ verurteilt. Algerien hat einen internationalen Haftbefehl gegen ihn erlassen.

Bereits 2019 hatte Benhalima das Land verlassen und in Spanien einen Asylantrag gestellt. „Darüber wurde bis heute nicht entschieden“, beschwert sich sein Anwalt Eduardo Gómez Cuadrado, der gegen die Abschiebung Einspruch eingelegt hat. Die spanische Polizei begründet ihr Abschiebeverfahren mit dem Vorwurf „Aktivitäten, die der nationalen Sicherheit zuwiderlaufen oder die Beziehungen Spaniens zu anderen Ländern gefährden könnten“. Spanien bezieht über zwei Pipelines Erdgas aus der algerischen Wüste.

Zu Hause in Algerien könnte – so die Befürchtung von Gómez, aber auch von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International – Benhalima Folter und Misshandlung drohen. Benhalima nahm, trotz seiner Funktion in der algerischen Armee an den Freitagsdemonstrationen der Protestbewegung Hirak teil. Diese entstand, um eine fünfte Amtszeit des damaligen, schwerkranken und mittlerweile verstorbenen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika zu verhindern – mit Erfolg.

Die Proteste gingen weiter – für eine umfassende Reform des algerischen Regimes. Benhalima hat sich in all den Jahren als YouTuber einen Namen gemacht. Er klagt die Korruption in seinem Land an, versucht aufzudecken, wie sich hohe Militärs am Erdöl und Erdgas des Landes bereichern. Damit hat Benhalima mittlerweile über 150.000 Follower auf der Videoplattform.

Islamismusvorwürfe gegen Benhalima

Außerdem soll der ehemalige Soldat laut Algerien der 2021 in London gegründeten als islamistisch bezeichneten Organisation Rachad angehören. Diese gilt in Benhalimas Heimat als „terroristisch“, obwohl sie keine Gewalttaten begangen hat und laut Anwalt Gómez Cuadrado in Ländern wie Frankreich, Belgien, der Schweiz und Kanada legal ist.

Benhalimas Sorge ist berechtigt: Ein befreundeter Polizist, Mohamed Abdallah, der ebenfalls nach Spanien geflüchtet war, wurde wegen angeblicher Mitgliedschaft bei Rachad von Algerien gesucht und von Spanien trotz Asylantrag ausgeliefert. Abdallah soll in algerischer Haft misshandelt worden sein. „Der spanischen Polizei reicht es, dass sie dich Islamist nennen, um eine Gefahr für die nationale Sicherheit zu sehen. Menschen- und Bürgerrechte gelten dann nichts mehr“, klagt Anwalt Gómez Cuadrado. Er hofft, dass er die Aussetzung der Abschiebung erreichen kann. Es gebe auch Fälle, in denen über die Widersprüche erst dann richterlich geurteilt wurde, als die Betroffenen schon längst zurück in ihrer Heimat gewesen seien, so Gómez Cuadrado.

Amnesty International hat Spanien aufgefordert, auf eine mögliche Ausweisung von Mohamed Benhalima „umgehend zu verzichten“. Sie nennen Benhalima einen „Whistleblower“, der „Korruption in den Reihen hochrangiger Offiziere der algerischen Armee aufgedeckt“ habe. Amnesty wirft dem algerischen Regime „Folter und andere Formen der Misshandlung“ gegen mehrere Hirak-Aktivisten vor.

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