Die Wahrheit: Die Bierpreisbombe
Lebenslänglich Bayer: Es gibt Wichtigeres als Putins Krieg – jedenfalls für Münchner. Schließlich steht bald schon das Oktoberfest an.
D ass eine Nachricht eingeschlagen habe wie eine Bombe, sagt in diesen Tagen gewiss keiner so schnell, wie er das vielleicht noch vor ein paar Wochen getan hätte. Auf jeden Fall haben die Menschen in München nicht schlecht gestaunt, als am zweiten Tag des Putin-Kriegs gegen die Ukraine die Nachricht von den zu erwartenden Bierpreisen auf dem Oktoberfest in ihren Alltag hereingebrochen ist. Mindestens 12,50 Euro soll die Mass auf der Wiesn kosten, die nach zweijähriger Coronapause in diesem Herbst endlich wieder stattfinden soll.
Das Plakat, mit dem das Oktoberfest für sich wirbt, war nur einige Tage vor dieser bitteren Nachricht vorgestellt worden. Es zeigt ein leeres Bierzelt, was die einen an die dunklen Zeiten der Lockdowns und die anderen daran denken lässt, wie teuer das Bier nun geworden ist und dass eh kein Mensch mehr auf die Wiesn geht.
Längst haben die Diskussionen über eine Bierpreisbremse begonnen. Gerade Menschen, die Bier in großen Mengen zu sich nehmen müssen, weil es ihnen ansonsten an der für das Leben notwendigen Freude fehlt, sind schließlich besonders betroffen von den zu erwartenden Preissteigerungen.
Der Krieg in der Ukraine, dessen Auswirkungen auf die Getreidepreise in der Welt noch gar nicht richtig abzuschätzen sind, könnte sogar zu noch höheren Kosten für einen Bierrausch führen, merken in den sozialen Medien die Betroffenen bereits an. Sie haben in der Regierungserklärung von Ministerpräsident Markus Söder diese Woche vergeblich auf ein Signal zur Entlastung der Trinker an den Biertischen im ganzen Land gewartet. „Der Bierpreis darf nicht zur Armutsfalle werden!“ Dieser Satz, der so naheliegend gewesen wäre, er ist einfach nicht gefallen.
Erste Ideen, wie eine Bierpreisbremse ausgestaltet werden könnte, ließen nach dem Platzen der Bierpreisbombe nicht lange auf sich warten. Man solle doch einfach den Bierdeckel, auf dem für gewöhnlich der Verzehr mit von der Bedienung aufgetragenen Strichen festgehalten wird, der Steuererklärung beilegen, meinten die einen. Ein hoher Bierkonsum würde sich dann besonders steuermindernd auswirken. Vieltrinker mit niedrigem Einkommen, so meinten andere, würden von dieser Regelung kaum profitieren. Die Empörung im Netz darüber ließ nicht lange auf sich warten. Ein Bierfreibetrag bevorzuge ausgerechnet die Menschen, die es sich leisten könnten, ihren Durst durch die Einnahme von Champagner zu stillen.
Der Vorschlag, an alle Bayern Biergutscheine auszugeben, stieß ebenfalls nicht gerade auf einhellige Begeisterung. Experten befürchten einen Schwarzmarkt für Bierzertifikate im Darknet, was dem Ziel der Verbilligung des Biers letztlich zuwiderlaufen würde. Erste Bilder von leer gekauften Getränkemärkten machen in den sozialen Medien bereits die Runde. Bier ist längst zum Sonnenblumenöl des Trinkers geworden. Die Lage ist ernst.
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