Theatertipps der Woche: Archaische Bildmacht

Sahar Rahimi geht dem Märchen vom Wolf auf den Grund, Corinna Harfouch als „Queen Lear“, neue Talente bei „Wildwuchs“ und junges Theater am DT.

Sieben junge Schauspieler:innen laufen lachend über eine Theaterbühne auf die Kamera zu, sie tragen Kleidung aus dem 19. Jahrundert, auf ihren Körpern ist Schrift projizieret. Es ist zu lesen "Utopie für Anfänger"

Das Ensemble Junges DT entwickelte mit Sarah Kurze das Stück „Hier wird kein Titel stehen“ Foto: © Arno Declaire

Ganz klar, der Wolf, der erst die Großmutter und dann das Rotkäppchen verspeist, ist ein alter weißer Mann. Und hinter der archaischen Bildmacht der Geschichte schreit es natürlich laut „#metoo!“. Die bereits Disney-taugliche Verpackung des brutalen Stoffs macht sie aber auch popkulturell kompatibel. Jetzt erzählt die Regisseurin und Performerin Sahar Rahimi im Ballhaus Ost den Stoff als „Graphic Novel“ neu.

„Wolf“ ist die Performance überschrieben, weil die Story nun Triebe und Gelüste des Wolfs ins Zentrum stellt. Zusammen mit dem queeren Per­for­me­r:in­nen­paar Lucy Wilke und Lotta Ökmen soll nämlich vom „allerletzten Aufbäumen alter und dem Erstarken neuer Systeme, von identitätspolitischem Getöse, romantischem Gesülze und falschen Gedärmen“ erzählt werden.

Neben Sahar Rahimi, die auch Mitgründerin des Performance-Kollektivs „Monstertruck“ ist, sind an der Performance u. a. Joscha Eckert (Video & Bühne), Niklas Kraft (Sound), Veit Kowald und Benedikt Gahl (Figurenbau) beteiligt (Premiere 17. Februar, weitere Vorstellungen 18.+19. Februar, je 20 Uhr, für Publikum unter 18 nicht empfohlen).

Neu gelesen wird auch am Maxim Gorki Theater ein altes Stück: „King Lear“ von William Shakespeare, wo es um einen altersstarrsinnigen König geht, dem eine ordentliche Übergabe der Macht an die nächste Generation nicht gelingt. Stattdessen stürzt er sein Reich in Krieg und Chaos. „Queen Lear“ heißt da von Sören Voima und Christian Weise überschriebene Drama jetzt und die Titelrolle spielt die große Corinna Harfouch. Ob Frauen es also besser hinkriegen oder es eigentlich egal ist, ob jemand ein alter weißer Mann oder eine alte weiße Frau ist? („Queen Lear“, Premiere 18. Februar, 19:30 Uhr; Premiere sowie weitere Vorstellungen vielfach ausverkauft).

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Neue Generation Theater bei „Wildwuchs“

An einem geordneten Generationswechsel arbeitet im TD Berlin (formerly known as Theaterdiscounter) das Newcomer:innen-Festival „Wildwuchs“. In diesem Jahr werden zum dritten Mal in Werkstatt-Inszenierungen jeweils drei junge Au­to­r:in­nen­po­si­tio­nen vorgestellt. An den Start gehen am 18. und 19. 2. das Duo Paula Kläy + Guido Wertheimer mit ihrer Antiken-Umdeutung „Anatomie eines Hasen“, Maximilian Rummel mit seiner absurden Reise durch das koloniale Erbe „Das Schwarz des Birkenspanners“ und Julia Herrgesell mit ihrer Goethe-Überschreibung „Gefährten“. Wer also hören und sehen will, was die jüngste, auf den letzten Metern des 20. Jahrhunderts geborene Dra­ma­ti­ke­r:in­nen­ge­ne­ra­ti­on aktuell umtreibt, der sollte am 18. / 19. Februar in die Klosterstrasse gucken kommen („Wildwuchs 2022“; 18.+19. Februar, je 19 Uhr, Restkarten an der Abendkasse).

Noch jünger sind die Performer:innen, die im Jungen DT unter der Anleitung der jungen Regisseurin Sarah Kurze spielen. Und entsprechend groß ist ihre Frage nach den Möglichkeiten für eine Verbesserung unserer Welt. Doch am Anfang von „Hier wird kein Titel stehen“ steht erst mal ein großes Ohnmachtsgefühl. Aber dabei bleibt es natürlich nicht (Premiere 19. Februar, 19:30 Uhr, Restkarten an der Abendkasse).

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