piwik no script img

Theatertipps für BerlinDer Raum zwischen den Dingen

Der Theaterraum als zoom-Meeting, die Bühne als Cinemascope-Leinwand und hashtags gegen Zwänge im jungen aktivistischen Theater.

Digitale Waldbühne im leeren Theater: Malte Schlösser und Team am TD Foto: © Katja Feldmeier

D as durch die digitale Kommunikation während der Pandemie entmaterialisierte und nur noch medial vermittelte Leben beschäftigt in dieser Woche einige Künst­le­r:in­nen und Bühnen dieser Stadt. Im Theater im Delphi machen sich die Performance-Macherin Elpida Orfanidou und der Dramaturg Igor Dobričić Sorgen. Was kann das Leben den unter diesen von der Technik übernommenen Bedingungen eigentlich noch sein?

Der Titel ihrer Arbeit weist schon Richtung Antwort: „Live As It Is Lived“ – Das Leben ist das, was gerade gelebt wird. Was sonst sollten wir darunter erstehen? Um diese These zu untersuchen wollen Elpida Orfanidou und Igor Dobričić theatrale und filmische Verfahren miteinander verknüpfen: So nehmen die Zuschauenden unter anderem live an einem Zoommeeting mit anderen Zuschauenden teil, mit denen sie sich im gleichen Raum aufhalten. (Theater im Delphi: „Live As It Is Lived“, ab 13. Februar, 19 Uhr.).

Die leergefegten Städte und Theater während der Pandemie haben Malte Schlösser und sein Team im Theaterdiscounter (TD) zu der Film-Sound-Installation inspiriert „Es fällt mir immer so schwer, Orte zu verlassen, an denen ich noch nie war“. Der Abend, der von leeren Orten handelt, findet in einem Theater statt. Die Bühne ist eine Cinemascope-Leinwand. Auch hier durchdringen physisches Leben und mediale Vermittlung einander auf der Suche nach der Antwort der alten Frage, wo bitte das richtige Leben im falschen zu finden ist.

Denn mehr noch als die pandemiebedingte Isolation belegen gesellschaftlicher Druck und Optimierungszwang alles, was unter Glück firmierien könnte – oder wie auch immer der Raum zwischen den Dingen heißen mag, wo wir immer hinwollen, aber noch niemals waren. Das zumindest ist eine Art Arbeitshypothese des Abends. Wer sie überprüfen will, muss gucken kommen. (TD Berlin: „Es fällt mir immer so schwer, Orte zu verlassen, an denen ich noch nie war“, 11.2., 18 Uhr + 20 Uhr, 12.2., 18 Uhr + 20 Uhr, 13.2. 18 Uhr).

Theater gegen Zuschreibungen

Energischer geht das Theater X an diese Fragestellungen heran und setzt erst mal den Hashtag #LikeRollenscheiss in die Welt – und gegen all die Schönheitsideale, Zuschreibungen und Zwänge, die uns von Morgens bis Abends zu formatieren versuchen. Live und digital. Wie können wir uns hier überhaupt noch selber finden?, fragt das aktivistische Theaterprojekt. Themen und Geschichten bringen die Schauspielerinnen selber mit: eine Gruppe von Freundinnen trifft sich in der digitalen Welt und nimmt die Zuschreibungen von Sexismus und Rassismus, veraltete Rollenbilder und Zumutungen wie Catcalling auseinander.

Auch über Depressionen und Essstörungen soll geredet werden, die der permanente Druck produziert. Die Akteurinnen: junge Schauspielerinnen zwischen 11 und 20 Jahren sowie bewährte Kräfte des Moabiter Theater X. („#LikeRollenscheiss“, 11.& 12.2., 19:30 Uhr, 13.2., 18 Uhr).

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!