Gespräche im Ukrainekonflikt: Kreml prüft Antwort der Nato
Die Nato und die USA haben jeweils schriftlich auf Forderungen Moskaus geantwortet. Nächstes Treffen im Normandie-Format soll in Berlin stattfinden.
In Paris waren am Mittwoch Vertreter Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschlands zu mehr als achtstündigen Gesprächen zusammen. Konkrete Ergebnisse im Ukraine-Konflikt brachte das Treffen nicht. Die USA warnten Russland erneut vor „massiven Konsequenzen“ im Fall eines Einmarschs in die benachbarte Ukraine.
Die Nato und die USA hatten am Mittwoch jeweils schriftlich auf Forderungen Moskaus nach Garantien für die Sicherheit in Europa geantwortet. Bei der russischen Forderung nach Zusagen für ein Ende der Nato-Osterweiterung zeigten weder die Nato noch die USA Verhandlungsbereitschaft. Man habe Moskau deutlich gemacht, „dass es Kernprinzipien gibt, zu deren Wahrung und Verteidigung wir uns verpflichtet haben“, sagte US-Außenminister Antony Blinken. Dazu gehörten die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine sowie das Recht von Staaten, ihre eigenen Bündnisse zu wählen.
Die Nato bot Russland Verhandlungen über eine Verbesserung der Beziehungen an. „Wir sind bereit, uns die Sorgen Russlands anzuhören und eine echte Diskussion darüber zu führen, wie wir die fundamentalen Prinzipien der europäischen Sicherheit (…) bewahren und stärken können“, sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Dazu gehöre aber auch das Recht aller Staaten, selbst über ihren Weg zu entscheiden. Blinken sagte, Verhandlungsspielraum mit Moskau gebe es etwa bei Manövern in Europa oder bei der Rüstungskontrolle.
Nato schlägt vor, geschlossene Vertretungen zu öffnen
Nach Angaben von Stoltenberg hat die Nato der russischen Regierung konkret vorgeschlagen, die nach einem Spionage-Streit geschlossenen Vertretungen in Moskau und Brüssel wieder zu öffnen. Zudem wolle man die bestehenden militärischen Kommunikationskanäle in vollem Umfang nutzen, um die Transparenz zu fördern und Risiken zu verringern. Konkret schlage man in einem ersten Schritt im Nato-Russland-Rat gegenseitige Unterrichtungen zu Manövern und Atompolitik vor.
Russland hatte der Nato und den USA im vergangenen Monat Entwürfe für Vereinbarungen übergeben, in denen der Kreml Sicherheitsgarantien in Europa verlangt. Unter anderem wird darin ein Ende der Nato-Osterweiterung gefordert, durch die sich Russland bedroht sieht. Insbesondere will der Kreml eine Aufnahme der Ukraine in das westliche Verteidigungsbündnis verhindern. Die USA und die Nato verdächtigen den russischen Präsidenten Wladimir Putin wiederum, einen Einmarsch in die benachbarte Ukraine zu planen. Der Kreml weist das zurück. Seine Forderungen an den Westen hatte der Kreml mit einem bedrohlichen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine flankiert.
Nach Erkenntnissen westlicher Geheimdienste setzte Russland seinen Truppenaufmarsch zuletzt in hohem Tempo fort. Es könne davon ausgegangen werden, dass mittlerweile 112.000 bis 120 000 Soldaten in dem Gebiet seien, sagte ein ranghoher Nachrichtendienstvertreter der Deutschen Presse-Agentur. Nicht mit eingerechnet seien dabei die bewaffneten Kräfte der von Russland kontrollierten Separatisten im Donbass. Sie werden auf rund 35 000 beziffert. Zu der Frage, wie viele weitere russische Soldaten sich derzeit noch im Anmarsch befinden, wollte sich der Geheimdienstler nicht konkret äußern. Er betonte allerdings, dass sich die Stärke der russischen Truppe im Grenzgebiet zur Ukraine in den kommenden Wochen noch einmal deutlich erhöhen könnte.
Weder die Nato noch die US-Regierung veröffentlichten ihre an Moskau übermittelten Schriftstücke. Blinken betonte, die Antworten der US-Regierung auf die Sorgen Moskaus seien vollständig mit der Ukraine und den europäischen Verbündeten abgestimmt. „Wir haben ihren Input eingeholt und in die endgültige Fassung, die Moskau übermittelt wurde, eingearbeitet.“ Er erwarte, in den kommenden Tagen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow darüber zu sprechen.
Nächstes Treffen in Berlin
Der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki betonte, die Schreiben aus Brüssel und Washington müssten erst einmal untersucht werden. „Aber nach den Aussagen des Generalsekretärs der Allianz und des US-Außenministers wurden die Sicherheitsbedenken Russlands nicht berücksichtigt“, kritisierte er.
Bei den Beratungen am Mittwoch in Paris verständigten sich Russland und die Ukraine unter Moderation von Deutschland und Frankreich auf ein Bekenntnis zu der 2020 vereinbarten Waffenruhe. Russland rief die Regierung in Kiew zum Dialog mit den Kräften im Krisengebiet Donbass auf. Der Moskauer Unterhändler Dmitri Kosak sagte am Mittwoch in Paris nach den achteinhalbstündigen Krisengesprächen im sogenannten Normandie-Format, dass Kiew nun zwei Wochen Zeit habe, eine Position zu erarbeiten. Dann solle es ein Nachfolgetreffen in Berlin geben.
Blinken zeigte sich im Ukraine-Konflikt von der deutschen Solidarität „absolut überzeugt“. „Ich sehe eine sehr starke Solidarität in Bezug auf die Konsequenzen, die auf Russland zukommen werden, wenn es seine Aggression gegen die Ukraine erneuert, und zwar auf der ganzen Linie. Und das schließt Deutschland ein“, sagte er. Blinken reagierte damit auf die Frage nach Kritik an Deutschlands Plan, 5000 Militärhelme in die Ukraine zu liefern.
In der Ukraine – die Waffenlieferungen im großen Stil für die Verteidigung gegen einen möglichen russischen Angriff gefordert hatte – wurde Kritik am deutschen Beitrag laut. „5000 Helme sind ein absoluter Witz“, sagte etwa Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko der „Bild“-Zeitung. „Was will Deutschland als Nächstes zur Unterstützung schicken? Kopfkissen?“ Unter anderem die USA und Großbritannien beliefern die ukrainische Armee mit Waffen.
Auch in Moskau werden angesichts der zunehmenden Eskalation im Ukraine-Konflikt Waffenlieferungen diskutiert – an die prorussischen Separatisten in der Ostukraine. Die Kremlpartei Geeintes Russland schlug vor, die abtrünnigen Gebiete in Luhansk und Donezk offiziell mit Militärgütern zu versorgen.
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