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nachgehaktEndlich: ein Anruf von der Bundeswehr in Kabul

Über die afghanische Ortskraft Masoud Azami hat die taz berichtet. Nun soll der Übersetzer mit seiner Familie das Land verlassen und nach Deutschland kommen

Masoud Azami hat das Gefühl, dass sich endlich etwas bewegt. „Heute ist ein besonderer Tag“, schreibt er vergangenen Sonntag über Whatsapp. Die Bundeswehr habe angerufen und ihm mitgeteilt, er solle mit seiner Familie nach Pakistan fahren. Von dort, hofft er, gehe es weiter nach Deutschland.

Masoud Azami ist seit fünf Monaten auf der Flucht vor den Taliban. Mehrfach hat die taz berichtet, wie er mit seiner Frau und seinen drei Kindern versucht, nach Deutschland zu kommen. Acht Jahre hat er für die Bundeswehr übersetzt. Für die Taliban macht ihn das zum Feind. Für die Bundeswehr macht ihn das zu einer Ortskraft, zu einem derjenigen, über die die ehemalige Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, es gebe das „ganz klare Commitment, dass die rauskommen“.

Azami und seine Familie sitzen allerdings immer noch in Kabul. Zu fünft teilen sie sich ein Zimmer. Es ist ihr fünftes Versteck. Bei sich haben sie ein paar Klamotten und ihr letztes Geld. Es ist kalt geworden in Kabul, immer häufiger fällt der Strom aus. Die Preise für Nahrungsmittel sind extrem gestiegen. Vor allem aber sorgt sich Azami um seine Kinder. Seit fünf Monaten sind sie eingesperrt: elf, acht und vier Jahre alt.

Wie viele Ortskräfte sich noch in Afghanistan befinden, kann niemand sagen. Seit Mai hat die Bundesregierung knapp 25.000 Aufnahmezusagen für Menschen aus Afghanistan ausgesprochen. Aber nur rund 7.000 Personen sind in Deutschland angekommen. Der Rest dürfte noch in Afghanistan oder in den Nachbarländern sein.

Dabei könnte Masoud Azami längst in Deutschland sein. Die Bundeswehr habe schon im November versucht ihn anzurufen, erzählt er. Sie hätten ihm mitteilen wollen, dass für seine Familie fünf Plätze auf einem der wenigen Evakuierungsflüge aus Kabul reserviert seien. In Kooperation mit Katar hatte die Bundesregierung zeitweise Menschen direkt aus Kabul ausgeflogen. Diese Flüge sind nun erst einmal eingestellt. Die Taliban hätten sie blockiert, heißt es aus dem Auswärtigen Amt in Berlin.

Bei Azami ist dieser erste Anruf nie angekommen. Offenbar hatte die Bundeswehr eine alte Telefonnummer – und das, obwohl er seine Unterlagen mehrfach geschickt habe. Azami erfährt das erst Wochen später, nachdem eine deutsche Ehrenamtliche nochmals für ihn bei der Bundeswehr nachfragt.

Auf taz-Nachfrage im Einsatzführungskommando heißt es jetzt, man sei um eine schnelle Ausreise von Masoud Azami bemüht. Vielleicht steht sie jetzt wirklich bevor. Azami versucht nun, ein Visum für Pakistan zu bekommen. Wo in Deutschland er dann leben wird, ist ihm egal. Hauptsache, raus aus Afghanistan. Anne Fromm

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