Das Dorf Buttenhausen liegt im Tal in der Sonne, die Gräber oben am Hang

Blick vom jüdischen Friedhof auf Buttenhausen Foto: Jan Zawadil

Gedenken an NS-Verfolgung:Dorf mit Erinnerung

In Buttenhausen gibt es keine Juden. Auch Gal Berlinger-Kellers Uropa wurde ermordet, doch sie kommt gerne ins Dorf – dank eines engagierten Mannes.

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9.11.2021, 08:31  Uhr

Ein verwitterter Grabstein, am oberen Rand verziert mit einem Hirsch neben einem grünen Baum: „Hier ruht Hirsch Höchsletter, geb. 11. Mai 1820, gest. 18. Okt. 1867“ steht in geschwungener weißer Schrift auf einem schwarzen Schriftfeld. Ein anderes Grabmal, nun mit hebräischer Inschrift, darunter kleiner geschrieben: „Hier ruht Lehmann Jakob Veil, geb. d. 1. Sept. 1848, gest. d. 15. Dezember 1885“.

Die Wege auf dem jüdischen Friedhof von Buttenhausen sind steil, sehr steil. Das große Gräberfeld biegt sich außerhalb des Dorfs einen Hang hinauf und endet erst am Waldrand. Die Grabsteine stehen akkurat aufrecht, doch die Gräber befinden sich in Schräglage, sie zeigen himmelwärts und zugleich fort von den Häusern des Dorfs tief unten im Tal der Lauter, so als wollten sie Distanz wahren zu allem Weltlichen.

Ganz oben, am Waldrand, reiht sich Grabstein an Grabstein. Doch ein Stück weiter, rechts in der Mitte, erstreckt sich auf dem abschüssigen Grund nur eine Wiese. Es ist noch viel Platz für weitere Tote vorhanden, der aber nicht mehr benötigt werden wird. Denn in Buttenhausen lebt kein Jude mehr und deshalb wird es auch kein jüdisches Begräbnis mehr geben, mit Rabbiner, trauernden Verwandten und Freunden, die auf dem ungepflasterten Wirtschaftsweg hinaufsteigen zu ihrem Gräberfeld.

Friedhöfe wie in Buttenhausen gibt es Hunderte in Deutschland. Manche verfallen von Jahr zu Jahr, viele sind gut gepflegt, so wie hier. Häufig sind sie aus begründeter Furcht vor antisemitischen Grabschändungen eingezäunt und abgeschlossen, und es bedarf erst der Suche nach einem Verwalter des Schlüssels, bevor man das Gräberfeld betreten kann – meist das einzige Zeugnis dafür, dass einmal Juden dort gelebt haben.

Letzte Begräbnisse bei Nacht und Nebel

83 Jahre sind seit dem Novemberpogrom vergangen, 80 Jahre, seit am 15. Oktober 1941 die systematischen Deportationen von deutschen Juden in den Tod begannen. Die ersten zwanzig Züge gingen ins Ghetto Łódź im annektierten Teil Polens. Etwa 20.000 Menschen wurden dorthin verschleppt. Jetzt im November jährt sich die Verschleppung von 7.000 Menschen ins litauische Kaunas zum 80. Mal, im Dezember die erste nach Riga. Dorthin, nach Lettland, zwang man damals auch Juden aus Buttenhausen.

„Sarah Bernheimer“ steht kaum leserlich auf einem bemoosten und schlichten Grabstein in Buttenhausen, darunter ihre Lebensdaten: 1843 bis 1940. Da hatten die Nazis den Juden schon verboten, ihre Verstorbenen zu bestatten, so wie sie den Lebenden Hunderte andere Handlungen untersagt hatten. Den noch Lebenden.

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Sarah Bernheimer musste bei Nacht und Nebel begraben werden. Der Leichenwagen der jüdischen Gemeinde war beim Novemberpogrom im Jahr 1938 verbrannt, so wie die Synagoge. Ein christlicher Pferdeknecht stellte seinen Wagen zur Verfügung, um die Tote den steilen und ungepflasterten Weg hinauf zum Gräberfeld zu bringen. Einen Grabstein bekam die 96-jährige Verstorbene nicht mehr, nur ein Brett, auf dem ihr Name geschrieben stand. Den heutigen Stein haben wohl überlebende Verwandte erst nach dem Krieg setzen lassen.

Die letzten Begräbnisse fanden im Jahr 1942 statt. Danach gab es keine Juden in Buttenhausen mehr. Dabei war das wenige hundert Menschen zählende schwäbische Dorf an der Lauter einst ein Zentrum jüdischen Lebens gewesen. Dort wohnten früher gar einmal mehr Juden als Christen.

Naphtali Berlinger liegt nicht auf dem Friedhof von Buttenhausen. Der 1876 geborene Lehrer, Vorsänger in der Synagoge, Schächter und Beschneider, der auch christliche Kinder an der Dorfvolksschule unterrichtet hat, bringt es in der Nazizeit nicht übers Herz, seine Gemeinde zu verlassen und ins Exil zu gehen.

Naphtali Berlinger in seinem letzten Brief vor der Deportation, 1942

„Sollte die Postverbindung zu Euch unterbrochen werden, so sorgt Euch nicht um mich. Ich bin ja nie allein. Er ist bei mir“

Er wird am 22. August 1942 von Stuttgart nach Theresienstadt deportiert und stirbt dort am 20. Februar 1943. Im Abschiedsbrief an seine Kinder schreibt der fromme Mann: „Sollte die Postverbindung zu Euch unterbrochen werden, so sorgt Euch nicht um mich. Ich bin ja nie allein. Er ist bei mir. Von Ihm kommt nichts, was mir schaden würde. Seine Bestimmung nehme ich auf mich.“

Naphtali Berlinger war einer der letzten Juden des Dorfs. Mit ihm könnte diese Geschichte zu Ende sein. Ist sie aber nicht.

„Immer wieder gekommen“

Gal Berlinger-Keller sagt: „Ich bin immer wieder nach Buttenhausen gekommen. Wir sind dort sehr herzlich aufgenommen worden. Ich habe nur positive Erfahrungen gemacht.“ Berlinger-Keller, Jahrgang 1967, ist die Urenkelin von Naphtali Berlinger. Die acht Kinder des Lehrers erreichen während der Nazizeit rechtzeitig das rettende Ausland. Der 1909 geborene Großvater von Gal siedelt sich im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina an. Anselm Ascher Berlinger geht in ein Dorf, das ausschließlich von württembergischen Juden errichtet wird: Shawei Zion liegt am Meer, nördlich von Haifa.

Noch Jahrzehnte später ist dort Deutsch die Umgangssprache. Gal Berlinger wächst in Israel mit Spätzle und Geschichten über Buttenhausen auf. „Aber ich bin doch mehr Israelin“, sagt sie. Als Erwachsene verschlägt es die Maskenbildnerin in die Bundesrepublik, nicht nach Schwaben, sondern in die Pfalz. Sie habe in Deutschland ihren Mann kennengelernt und sei hier hängen geblieben, meint sie. Aber immer wieder kommt sie in Buttenhausen vorbei. „Wenn wir nach Buttenhausen fahren, ist das wirklich ein Gefühl, als kämen wir zurück.“

Eberhard Zacher steht im Museum vor Beerdigungshölzern

Eberhard Zacher im jüdischen Museum in Buttenhausen hält die Erinnerung wach Foto: Jan Zawadil

„Mein Opa ist zusammen mit meinem Vater etwa 1969 nach Buttenhausen gefahren. Für ihn war es wichtig, das Grab seiner Mutter zu besuchen“, erinnert sich Gal Berlinger-Keller an die Anfänge. Auch andere, in der ganzen Welt verstreute Nachkommen von Naphtali Berlinger kamen für einen kurzen Besuch auf den Friedhof ihres Heimatdorfs. Das Reich der Toten ist das letzte Stück originären Judentums, das sich dort bis heute erhalten hat. Dass Hinterbliebene die Gräber ihrer Ahnen noch einmal sehen möchten, ist nichts Ungewöhnliches. Viele exilierte Juden sind aus diesem Grund nach dem Krieg noch einmal in der alten Heimat gewesen, oft nur für einen kurzen Besuch.

Dass Gal Berlinger-Keller nur Gutes über Buttenhausen zu berichten weiß, hat viel mit zwei Männern zu tun: mit einem, den man nicht mehr befragen kann, und einem anderen, der jetzt in einem kleinen Museum steht und lebhaft die dortige Ausstellung präsentiert. Eberhard Zacher, Jahrgang 1939, lebt in einer Nachbargemeinde und ist pensionierter Pädagoge.

Erinnern In ganz Deutschland laden zum Jahrestag der Pogromnacht Initiativen, Gemeinschaften und Kommunen zu Gedenkveranstaltungen ein. Die zentrale Veranstaltung wird vom Bundespräsidialamt in Berlin ausgerichtet. Auch die amtierende Kanzlerin Angela Merkel wird daran teilnehmen.

Ambivalente Geschichte Neben einer Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier werden dort drei Rednerinnen die Ambivalenz des Datums in der deutschen Geschichte deutlich machen. Emilia Fester, jüngste Abgeordnete des Bundestags, spricht über die Revolution von 1918. Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer, die vor wenigen Tagen ihren 100. Geburtstag feierte, gedenkt der Pogromnacht am 9./10. November 1938. Und der frühere Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen, Roland Jahn, nimmt sich den Umbruch in der DDR im Jahr 1989 vor. (taz)

Sein ganzes Engagement gilt der Geschichte und dem Jüdischen Museum von Buttenhausen. Einem wandelnden Geschichtsbuch gleich weiß er von Details zu berichten, den angenehmen wie den schrecklichen. Zacher ist es auch, der noch mit dem Pferdeknecht gesprochen hat, der 1940 dabei half, die verstorbene Sarah Bernheimer unter die Erde zu bringen.

Der erste Jude von Buttenhausen

Die Geschichte der Buttenhausener Juden beginnt mit einer mit vier Siegeln versehenen Handschrift. Am 7. Juli 1787 erlässt Philipp Friedrich Freiherr von Liebenstein, der adelige Besitzer des Dorfs, einen Judenschutzbrief, in dem er gestattet, dass sich dort künftig Angehörige der verfolgten Minderheit ansiedeln dürfen. „Alle Commercia, Salz allein ausgenommen“, sei ihnen fortan erlaubt. Der Schutzbrief ist nicht unbedingt eine Ausgeburt von Menschlichkeit, eher wohl dem Interesse an einer wirtschaftlichen Belebung der Region geschuldet. Doch so kommt es, dass sich schon im folgenden Jahr ein gewisser Simon Jacob dort ansiedelt. Es ist der erste Jude von Buttenhausen.

Im selben Jahre leben unter 209 Christen schon 14 Juden im Dorf. 1805, als die Herrschaft der Liebensteins endet und Buttenhausen württembergisch wird, sind es schon 150 Juden und damit rund 40 Prozent der Gesamtbevölkerung, 1870 442 Juden bei 392 Christen. Später sinkt die Zahl der jüdischen Bewohner langsam wieder ab, weil diese vermehrt in die prosperierenden Städte ziehen. Es gibt kein jüdisches Viertel in Buttenhausen, schon gar nicht ein Ghetto. Christen und Juden wohnen Tür an Tür. Juden werden Mitglied im Gemeinderat, engagieren sich in Vereinen. Das Dorf ist eines der ganz wenigen Gemeinden in Deutschland, in denen Juden die Mehrheit darstellen. Das erklärt auch, warum der Friedhof oben über dem Dorf so große Ausmaße angenommen hat.

Die Geschichte der Juden von Buttenhausen präsentiert sich im Museum anhand großer verschiebbarer Tafeln. Da sind Bilder und Text über die Synagoge zu sehen, es geht um die Volksschule, deren zwei nebeneinander liegende Eingangstüren – eine für die Christen, eine für die Juden – bis heute am Dorfeingang zu sehen sind, die Zigarrenfabrik Lindauer, deren Gebäude noch steht. Jüdisches Leben prägt nicht nur das Dorf, Angehörige der Minderheit sorgen dort auch für Arbeitsplätze, Modernisierung und wirtschaftlichen Aufschwung bis hin zu Telefon und ersten Automobilen. Buttenhausen wird wohlhabend.

Altbau, gut erhalten in der Innenstadt

In einer früheren Schule ist das Jüdische Museum Buttenhausen untergebracht ist Foto: Jan Zawadil

In der Ausstellung findet sich auch ein großes Foto von Naphtali Berlinger, dem 1943 ermordeten Lehrer und Vorsänger. „2013, als das Museum neu eröffnet wurde, habe ich Herrn Zacher kennengelernt. Ihn und seine Frau habe ich ins Herz geschlossen“, sagt Gal Berlinger-Keller. Sie berichtet von einer Exkursion der Schulklasse ihres Sohns nach Buttenhausen: „Alle Schüler waren sehr beeindruckt und haben einen guten Einblick in jüdisches Leben erhalten.“

Eberhard Zacher und die Juden von Buttenhausen

Es ist Ende der 1970er Jahre, da kommt der Geschichtslehrer Eberhard Zacher zufällig auf einem Ausflug mit dem Fahrrad durch Buttenhausen. Er lernt dort Walter Ott kennen, der kurz nach dem Krieg hier hergezogen ist. Von seiner Frau, einer gebürtigen Buttenhausenerin, erfährt Ott vom vergangenen jüdischen Leben in dem Dorf. Er besucht den verkommenen Friedhof, findet im Dachgeschoss eines Nachbarhauses verschollen geglaubte Gemeindeakten über die Juden von Buttenhausen.

Und Walter Ott beschließt, sich um die Geschichte zu kümmern. Er repariert eigenhändig die Treppe auf dem Friedhof, bessert die Grabsteine mit ihren unleserlich gewordenen Inschriften aus. Ott besucht Überlebende in Israel, kommt auch nach Shawei Zion, wo ihm Gal Berlinger begegnet. „Er war immer ein gern gesehener Gast bei uns“, sagt sie rückblickend.

Auf Ott geht auch das Jüdische Museum zurück. Auf die Frage, warum er sich so sehr für die Erinnerung an die Juden engagiere, antwortete er 1983 der Zeit: „Sie waren doch Bürger von Buttenhausen.“

vier Beerdigungshölzer stehen im Museum

Da die nationalsozialisten Grabsteine für Juden verboten, wurden Beerdigungshölzer verwendet Foto: Jan Zawadil

Walter Ott ist vor einigen Jahren verstorben. „Er hat mich sehr geprägt“, sagt Eberhard Zacher, während er nach dem Museumsrundgang im Pädagogikraum Fragen beantwortet. Zacher hielt die Totenrede für Ott, nachdem sich andere geweigert hatten, dies zu tun.

Denn die Geschichte des christlich-jüdischen Zusammenlebens in Buttenhausen ist nicht nur von Jahrzehnte langer guter Nachbarschaft geprägt. Sondern auch von Raub, Brandstiftung und Plünderung – und der verschütteten Erinnerung daran. „Über das Thema wurde nicht gesprochen“, hat Walter Ott einmal gesagt. Eberhard Zacher hat dieselbe Erfahrung gemacht. „Im Dorf wird nicht gerne darüber geredet“, sagt er.

Austreibung der Juden aus dem Dorf

Am 12. Juli 1933 wird die Auflösung der Israelitischen Volksschule angeordnet. Oberlehrer Naphtali Berlinger wird in den Ruhestand versetzt und muss seine Wohnung im Schulgebäude räumen. Im Jahr 1937 verbietet der Gemeinderat der benachbarten Stadt Münsingen Juden die Teilnahme an den Viehmärkten. Der letzte jüdische Gemeinderat, Salomon Löwenthal, muss 1935 sein Amt aufgeben. NSDAP-Ortsgruppenleiter Gottlob Hottmann, ein Lehrer und damit ein Kollege von Naphtali Berlinger, sorgt dafür, dass jüdisches Leben nur noch separiert von dem der Christen möglich ist.

In den Morgenstunden des 10. November 1938 erhält der SA-Sturm 14/246 in Münsingen die Anordnung, die Synagoge von Buttenhausen in Brand zu setzen. Doch das Feuer ist dilettantisch gelegt, die alarmierte Dorffeuerwehr kann es wieder löschen. Deshalb wird das Gotteshaus am nächsten Tag ein zweites Mal angezündet und nun endgültig zerstört.

Jetta Gut, eine Tochter von Naphtali Berlinger, erinnerte sich: „Die Schulkinder haben dann vor unserem Haus getanzt und gesungen: ‚Die Synagog’ isch abbrent, hallelujah‘.“ Naphtali Berlinger bricht vor der brennenden Synagoge zusammen und wird von SA-Männern zu seinem Haus gezerrt. Acht jüdische Männer werden kurz darauf ins Konzentrationslager Dachau verschleppt.

Einzelne verwitterte Grabsteine

Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof Buttenhausen Foto: Jan Zawadil

Danach, die jüdischen Buttenhausener haben ihr Dorf noch nicht verlassen, beteiligen sich Bewohner am Raub jüdischen Eigentums. „Das waren Plünderungen in großem Stil“, berichtet Eberhard Zacher. Manche seien mit dem Leiterwagen gekommen. Und er spekuliert, dass sich wohl so manches Diebesgut bis heute in den Häusern christlicher Buttenhausenern befinden könnte.

Im folgenden Jahr wird Buttenhausen von den Nazis zum Sammellager gemacht. Die württembergischen Juden sollen wie überall im Reich auf wenige Häuser und Orte konzentriert werden, um sie besser überwachen und drangsalieren zu können. Vor allem ältere Menschen müssen in die Häuser einziehen, deren Bewohner ins Ausland geflüchtet sind. Die Menschen sind gänzlich verarmt, die Gebäude überfüllt. Manche Juden gehen in den Freitod.

Dank der Recherchen von Eberhard Zacher sind die Namen von 210 Menschen bekannt, die aus Buttenhausen deportiert worden sind. Der erste Transport verlässt am 1. Dezember 1941 die Stadt Stuttgart und geht nach Riga. Ihm sind 20 Jüdinnen und Juden aus Buttenhausen angeschlossen. Am 19. August 1942 startet ein letzter Transport vom Dorf in Richtung Stuttgart. Weiter geht es ins Ghetto Theresienstadt. Zu den Verschleppten gehört auch Naphtali Berlinger.

Nicht ein Buttenhausener Jude hat die Deportation überlebt. Die Menschen werden in ­Auschwitz und Riga ermordet, sie sterben in Sobibor und Maly Trostinez bei Minsk, in Theresienstadt und im Ghetto von Izbica. Die Überlebenden, jene, die rechtzeitig ausgewandert sind, kehren nie mehr auf Dauer zurück.

Es gibt kein jüdisches Leben mehr in Buttenhausen. Aber überall dies- und jenseits der Lauter sind heute Schilder angebracht, die auf die Menschen verweisen, die hier einmal gelebt haben, an der Synagoge, dem rituellen Bad, der Zigarrenfabrik, an fast jeder Straße. Stolpersteine werden verlegt. Rund eintausend Menschen besuchen in jedem Jahr das Museum. Die Erinnerung lebt, dank Eberhard Zacher.

Gal Berlinger-Keller, Urenkelin von Naphtali Berlinger

„Es gibt heute 210 Urenkel, darunter meine zwei Söhne. Die Nazis haben es nicht geschafft. Wir sind da“

Gal Berlinger-Keller sagt: „Unsere Familie besteht noch, weil uns Menschen gerettet haben. Es erfüllt mich mit Stolz, wie viele Familienmitglieder überlebt haben. Es gibt heute 210 Urenkel, darunter meine zwei Söhne. Die Nazis haben es nicht geschafft. Wir sind da.“

Sie nennt es eine „heilige Arbeit“, die Zacher in Buttenhausen leistet. Es sei wichtig, die Geschichte der nächsten Generation nahezubringen. Aus Unwissenheit entstehe sonst Hass.

Und Berlinger-Keller berichtet, wie sich ihr und das Leben ihrer Söhne heute in Deutschland durch den zunehmenden Antisemitismus verschlechtert hat: „Ich spüre, wie der Hass in Deutschland wieder aufkommt. Meine Jungs müssen Hetzkampagnen erleben. Je lauter die Stimme, desto leerer der Schädel, sagt man. Einen Davidstern zu tragen, traue nur ich mich. Mein großer Sohn fühlt sich dazu zu unsicher.“

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