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Wer Hunger hat, der soll nicht auch noch frieren

Angesichts steigender Energiepreise drohen Arbeitslosen und Geringverdienern mehr Strom- und Gassperren. Bremen und Hannover haben einen Härtefallfonds

Helfen könnte den Betroffenen mehr Wohngeld oder ein höherer Hartz-IV-Satz

Ver­brau­cher­schüt­ze­r:in­nen befürchten aufgrund der stark steigenden Strom- und Gaspreise im kommenden Jahr mehr Strom- und Gassperren. „Spätestens wenn die höheren Preise in neue Abschlagszahlungen einfließen, werden wir in die Problematik kommen“, sagte Gerrit Cegielka von der Verbraucherzentrale Bremen: „Dann potenziert es sich.“ Die Verbraucherzentrale engagiert sich am Bremer „Runden Tisch“ gegen Energie- und Wassersperren.

Die Linkspartei fordert einen großzügigeren Umgang mit Menschen, die mit der Strom- oder Gasrechnung im Verzug sind – Stromsperren für Haushalte mit Kindern müssten auf jeden Fall sofort verboten werden. Besser noch sei ein komplettes Verbot von Strom- und Gassperren: Strom gehöre zur Grundversorgung und dürfe niemandem vollständig vorenthalten werden.

2020 wurde bundesweit rund 230.000 Ver­brau­che­r:in­nen der Strom wegen unbezahlter Rechnungen abgestellt. Das waren fast 20 Prozent weniger Fälle als 2019.

Trotz der momentan massiv steigenden Energiepreise sei mit Blick auf Sperren „noch nicht wirklich etwas aufgelaufen“, beschrieb Cegielka die aktuelle Situation. Die Energiebudget-Beratungen der Verbraucherzentrale für Bremen und Bremerhaven seien aber bereits von etwa 160 im gesamten Jahr 2019 auf mehr als 300 bis Mitte des laufenden Jahres gestiegen.

Durch die Arbeit des Runden Tisches sei die Zahl der Energie- und Wassersperren in den zurückliegenden Jahren deutlich zurückgegangen, so Cegielka. „Das ist ein leistungsfähiges Netzwerk mit einem eingespielten Verfahren“, sagte er und warb dafür, bei Problemen nicht den Kopf in den Sand zu stecken: „Wichtig ist, dass man aktiv wird, auf den Vertragspartner zugeht – im Zweifel schon bei der ersten Mahnung.“

Dafür wirbt auch der Sprecher des hannoverschen Energieversorgers Enercity, Carlo Kallen. So sei in Hannover für Notfälle ein Hilfsfonds mit einem jährlichen Budget von bis zu 150.000 Euro eingerichtet worden. „Nicht zuletzt durch die gute Zusammenarbeit mit den Behörden hat sich bei uns die Zahl der Sperrfälle seit Bestehen des Enercity-Härtefonds um mehr als 45 Prozent verringert.“ Diese positive Wirkung des Härtefonds könne sich im Vergleich mit der bundesweiten Entwicklung sehen lassen. „Hier sanken die Zahlen im selben Zeitraum lediglich um elf Prozent.“

Der Fonds habe bisher mehr als 300 Härtefälle gelöst, ergänzte Kallen. Das sei aber nur ein Schritt: „Denn durch die Kontaktaufnahme konnte Tausenden weiteren Antragstellern von den Sozialbehörden und Jobcentern mit öffentlichen Hilfsleistungen weitergeholfen werden.“ Mit einem Jahresumsatz von 3,7 Milliarden Euro und rund 3.000 Beschäftigten im Jahr 2020 zählt Enercity eigenen Angaben zufolge zu den größten kommunalen Energiedienstleistern in Deutschland.

Nach hannoverschem Vorbild gibt es auch in Bremen seit März einen Härtefallfonds, der angezapft werden kann, wenn in Notfällen keine andere Hilfe greift. Die Zuschüsse seien grundsätzlich einmalig und an die Pflicht geknüpft, eine Energieberatung wahrzunehmen, so die Sozialbehörde.

Um in Notfällen ein Hin und Her zwischen Behörden zu vermeiden, hat der Runde Tisch eine Informationskampagne gestartet, die unter dem Schlagwort „Zappenduster“ mehrsprachig in Broschüren, im Internet unter sos-stromsperre.de und über eine Hotline (☎0800/87 65 43 0) Hilfen anbietet. Die Verbraucherzentrale beteiligt sich mit der für die Betroffenen kostenlosen Energiebudget-Beratung.

In der aktuellen Situation unterstütze er die Forderung von Sozialverbänden, Menschen mit geringem Einkommen und Grundsicherungsempfängern auch finanziell zu helfen, um zumindest die Preissteigerungen abzudecken, so Cegielka. Das könne durch höhere Sätze beim Wohngeld und beim Hartz-IV-Bezug geschehen. (epd/taz)

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