Kommunalwahlen in Italien: Symbol oder Schockwelle
In vielen italienischen Städten finden ab Sonntag Kommunalwahlen statt. Für die Regierungsparteien hängt von den Ergebnissen viel ab.
Für die von fast allen Parteien getragene nationale Regierung unter dem parteilosen früheren EZB-Präsidenten Mario Draghi hängt von diesem Urnengang nichts ab – für die ihn stützenden einzelnen Parteien dagegen schon. Dass auch Kommunalwahlen nationale Wellen schlagen können, hatte sich vor fünf Jahren gezeigt. Damals hatte das Movimento5Stelle (M5S – 5-Sterne-Bewegung) die vorher von der gemäßigt linken Partito Democratico (PD) regierten Rathäuser von Rom und Turin erobern können.
Zwei junge Frauen, Virginia Raggi in Rom und Chiara Appendino in Turin, wurden damals zu den Gesichtern dieses Erfolgs, dem dann 2018 der spektakuläre Fünf-Sterne-Triumph bei den Parlamentswahlen mit fast 33 Prozent folgte. Halten konnte die PD, die wahre Verliererin der damaligen Wahlen, seinerzeit nur Mailand: Neapel ging an einen unabhängigen Linkskandidaten verloren.
Jetzt dagegen hat die PD beste Chancen auf einen positiven Wahlausgang – auch, weil sie sowohl in Bologna als auch in Neapel ein Wahlbündnis mit den Fünf Sternen eingegangen ist, das noch vor fünf Jahren völlig undenkbar war.
Die Hauptstadt ist umkämpft
In Rom schickt das M5S zwar seine Bürgermeisterin Virginia Raggi wieder ins Rennen, doch die hat angesichts der ungelösten Probleme bei der Abfuhr des sich immer wieder in den Straßen türmenden Mülls ebenso wie bei dem chronisch unzuverlässigen öffentlichen Nahverkehr keine Chancen auf die Wiederwahl.
Die Hauptstadt ist umkämpft zwischen dem Kandidaten des Rechtslagers der Lega, der Postfaschisten der Fratelli d’Italia und der Forza Italia, dem Rechtsanwalt Enrico Michetti, der als populistischer Sprücheklopfer in einem Lokalradio bekannt wurde, und dem früheren Finanzminister Roberto Gualtieri von der PD.
In Mailand dagegen könnte es der amtierende Bürgermeister Beppe Sala von der PD sogar schon im ersten Wahlgang, bei dem 50 Prozent benötigt werden, schaffen. Dort hatte die Rechte einen Kinderarzt aufgeboten, der dann im Wahlkampf schnell mit dem Bekenntnis auffiel, er gehe bewaffnet mit seiner Pistole zum Dienst im Krankenhaus, weil er sich sonst „unsicher“ fühle; auch in den eigenen Reihen gilt er mittlerweile als Totalausfall.
Gute Chancen hat die Rechte wohl nur in Turin, wo sie einen vergleichsweise gemäßigten Unternehmer ins Rennen schickt. Hier wird wohl der zweite Wahlgang in 14 Tagen die Entscheidung zwischen ihm und dem PD-Kandidaten bringen.
Doch auch die Nachwahl eines Parlamentsabgeordneten sorgt für Spannung. Im toskanischen Siena tritt für die PD ihr im Februar gewählter Vorsitzender Enrico Letta an, der bisher dem Abgeordnetenhaus nicht angehört. Auf dem Papier hat er in der traditionell linken Toskana gute Chancen – doch die Milliardenpleite der in Siena beheimateten Großbank Monte dei Paschi hat die Karten neu gemischt. Sollte Letta in dem Wahlkreis scheitern, könnten auch die erwarteten kommunalen Erfolge kaum eine neue Schockwelle für die PD – und damit für die wichtigste Kraft, die der populistischen Rechten entgegensteht – verhindern.
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