: Barcelona als Vorbild für Berlin
Zahlreiche Initiativen fordern eine Fortsetzung der Koalition aus SPD, Grünen und Linken
Sabine Kroner, Rat für die Künste
Wie sehr sich Parlamentswahlen und außerparlamentarische Initiativen gegenseitig beeinflussen können, hat das Wahlergebnis vom 26. September gezeigt. Gleich zwei Wahlsiegerinnen hat es hervorgebracht: Franziska Giffey als Spitzenkandidatin der SPD und den Volksentscheid Deutsche Wohnen und Co. enteignen. Die Geschicke der Stadt lenken nicht mehr nur die Parteien. Damit das auch so bleibt, hat sich am Montag ein „Arbeitskreis Munizipalismus Berlin“ zu Wort gemeldet. In einem Aufruf fordern zahlreiche Initiativen, aber auch Einzelpersonen „die Berliner Spitzen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, von Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke auf, dem Votum der Mehrheit der Berliner*innen entsprechend zu agieren und gemeinsam einen Neustart für Berlin anzugehen“. Nur so könne eine intensivierte Zusammenarbeit zwischen Regierung und sozialen Bewegungen ermöglicht werden. Alles andere sei den Berlinerinnen und Berlinern nicht zu vermitteln.
Eine der Mitinitiatorinnen der Initiative ist die Neuköllnerin Sabine Kroner, die unter anderem für den Rat für die Künste unterzeichnet hat. „Munizipalismus ist für mich eine Zivilgesellschaft, die Politikvorschläge macht, um auf Augenhöhe politisch mit gestalten zu können“, sagt Kroner der taz. Es ist also derzeit nicht nur die Basis der SPD, die sich für eine Fortsetzung des bisherigen Regierungsbündnisses ausspricht, sondern auch ein Teil der Stadtgesellschaft. Vorbild ist für Kroner Barcelona, wo mit Ada Colau eine ehemalige Aktivistin Bürgermeisterin wurde. Auch in Berlin hätten Initiativen wie der Runde Tisch Liegenschaftspolitik viel erreicht, meint Kroner. „Aber es gibt auch die Sorge, dass das wieder verloren geht“, sagt sie mit Hinblick auf eine mögliche Deutschland-Koalition. Dabei blickt Kroner auch in die Zukunft. „Ich halte es für denkbar, dass eine Liste aus dem Spektrum des Aufrufs bei den kommenden Wahlen in Berlin antritt.“ Für die Wahl am 26. September sei dies aber noch zu früh gewesen.
Unterschrieben hat den Aufruf aber auch eine Reihe von SPD-Mitgliedern aus Neukölln. Sie stammen alle aus der Abteilung Rixdorf, die Hakan Demir leitet. Demir hatte sich gegen den Willen von Franziska Giffey die Kandidatur in Neukölln für den Bundestag geschnappt – und den Wahlkreis geholt. Ist der neue Aufruf nun ein weiterer Schritt, sich vom rechten Parteiflügel, der lange die SPD-Neukölln bestimmte, zu emanzipieren? Gegenüber der taz gibt sich Demir diplomatisch. „Wir haben eine Abteilung, die sehr progressiv ist und mit Initiativen zusammenarbeitet“, sagt er. Er habe aber auch Vertrauen, dass die Sondierungsgruppe der SPD das Beste aus den Verhandlungen rausholt. Uwe Rada
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