Holocaust-Gedenkstätte hat neuen Chef: Der Neue für Yad Vashem

Mit dem rechtsnationalen Finanz- und Wirtschaftsexperten Dani Dayan hat die Holocaust-Gedenkstätte wieder einen Direktor. Die Suche war schwierig.

Portrait von Dani Dayan. Ein alter Mann mit sehr hoher Stirn und Brille.

Dani Dayan ist neuer Direktor der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem Foto: Noam Mosko/dpa

TEL AVIV taz | Die Jerusalemer Forschungs- und Gedenkstätte Yad Vashem hat wieder einen Vorsitzenden. Diesen Sonntag bestätigte die Regierung die Nominierung von Dani Dayan. Nach langer und von Kontroversen begleiteter Suche folgt er Avner Shalev, der die Gedenkstätte 27 Jahre leitete und sich letztes Jahr mit 81 in den Ruhestand verabschiedet hatte.

„Die Internationale Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zu leiten ist mehr als eine Position; es ist eine Mission, die ich mit Ehrfurcht und Ehrerbietung übernehme“, sagte Dayan zu der neuen Aufgabe und dankte Premierminister Naftali Bennett und Erziehungsministerin Yifat Shasha-Biton, die ihn dafür auserkoren hatten.

Als Ex-Premier Netanjahu im vergangenen Jahr den vormaligen ultrarechten General und Politiker Effi Eitam auf den begehrten Posten ernennen wollte, löste dies eine weltweite Protestwelle aus. For­sche­r:in­nen und Holocaust-Überlebende sprachen sich gegen Eitam aus, der sich über Jahre hinweg mit rassistischen Aussagen und brutalem Vorgehen gegen Pa­läs­ti­nen­se­r:in­nen einen Namen gemacht hatte.

Der Rechtsnationale Dayan ist zwar alles andere als ein Pazifist – durch sein souveränes Auftreten und seine pragmatische Art genießt er jedoch auch in Israels linkem politischem Spektrum Respekt. Seine Nominierung für den Posten fand fraktionsübergreifend Zuspruch. Schon zuvor war er Mitglied des Beirats von Yad Vashem gewesen.

Überzeugter Vertreter der Sied­le­r:in­nen­be­we­gung

Dayan, der als Fünfzehnjähriger aus Argentinien nach Israel emigrierte, studierte Finanzwesen, Wirtschaft und Informatik und machte sich zunächst als Gründer und CEO eines Software-Unternehmens einen Namen. Als überzeugter Vertreter der Sied­le­r:in­nen­be­we­gung lebt er mit seiner Familie seit 35 Jahren in der Siedlung Ma’ale Shomron im nördlichen Westjordanland. 2007 wurde er zum Vorsitzenden des Dachverbandes israelischer

Sied­le­r:in­nen gewählt und war bis 2013 in dieser Position tätig. Während Obamas Präsidentschaft führte er den Kampf gegen den von Amerika geforderten Siedlungsstopp. Die New York Times krönte ihn zum „effizientesten Repräsentanten der Siedlerbewegung“.

„Jüdisch, zionistisch, nationalistisch, liberal, so bin ich!“, beschrieb der Säkulare Dayan sich selbst vor wenigen Monaten in der linksliberalen Zeitung Haaretz. Von 2016 bis 2020 war er als israelischer Generalkonsul in New York tätig. In dieser Schlüsselposition bewies er sich als Brückenbilder zwischen unterschiedlichen Strömungen in der jüdischen Diaspora und entwickelte auch zu linksliberalen Gruppierungen gute Beziehungen.

Der durch die Coronapandemie finanziell angeschlagenen Gedenkstätte könnten diese nun zugutekommen. Beinahe ein Jahr lang war der Vorstandsposten unbesetzt. Nun erfolgt Dayans Ernennung zu einem wichtigen Zeitpunkt: Vergangene Woche verabschiedete Polen ein umstrittenes Gesetz zu Enteignungen während der Nazi-Herrschaft, von dem Holocaust-Überlebende betroffen sind. Seitdem befinden sich die beiden Länder in einer diplomatischen Krise.

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