Neues Buch von Naomi Klein: Fridays brauchen Nachwuchs

Autorin Naomi Klein schrieb „Wie wir alles ändern können und die Zukunft retten“. Sie richtet sich an diejenigen, die noch nicht fürs Klima protestieren.

Streikende Schüler und Schülerinnen in Uniform in Brisbane auf der Straße. Sie halten Schilder hoch auch denen gegen Ölförderung protestiert wird und mit "Science not Silence"

„Willst Du Dich anschließen?“ – Strike 4 Climate in Brisbane, Australien Foto: Dan Pleed/imago

Die Existenz der Klimaliste von Baden-Württemberg hat sich bis nach Nordamerika herumgesprochen. In ihrem neuen Buch „How to change everything – Wie wir alles ändern können und die Zukunft retten“ ruft die kanadische Autorin Naomi Klein dazu auf, mehr solche Listen zu gründen. Sie könnten dem Anliegen der Klimaschutzbewegung Fridays for Future Auftrieb geben, meint sie.

Bei der Landtagswahl im vergangenen März holte die Klimaliste fast 43.000 Stimmen. Zuvor hatten die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann Angst, weil die neue Konkurrenz den Wahlsieg zu bedrohen schien. Mit nur 0,9 Prozent der Stimmen bekam die Klimaliste zwar weniger als gedacht, kann es bei der Bundestagswahl im September aber noch mal probieren. Davon, wie viele Wäh­le­r:in­nen sie den Grünen wegnimmt, hängt auch ab, mit welcher Kraft die Ökopartei in der nächsten Bundesregierung Klimapolitik machen kann.

Für solche Zwischentöne ist in Kleins Werk kein Platz. Sie hat ein Agitations- und Lehrbuch geschrieben, das sich an junge Leute richtet, die bei Fridays for Future bisher nicht aktiv sind.

Mit vielen kleinen Porträts über Ak­ti­vis­t:in­nen in aller Welt, Minireportagen über Kämpfe gegen Ölpipelines und Zeitraffer-Darstellungen der Industriegesellschaft seit dem 18. Jahrhundert will Klein ihre Le­se­r:in­nen von der Notwendigkeit des Kampfes gegen Klimawandel, globale Ungerechtigkeit und Rassismus überzeugen. „Willst du dich anschließen?“, fragt sie suggestiv.

„No Logo“ machte sie 2000 berühmt

Im Jahr 2000 wurde Naomi Klein mit ihrem konzernkritischen Buch „No Logo“ zu einer Ikone der ­globalisierungskritischen Bewegung. Es folgten mehrere Veröffentlichungen, die sich mit den Folgen von Kapitalismus und Neoliberalismus auseinandersetzten. Kleins Buch „Schocktherapie“ von 2007 fand Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz an manchen Stellen „simplifizierend“. Mittlerweile wirkt Klein als intellektuelle Mitstreiterin der linken US-Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez.

Naomi Klein: „How to change everything. Wie wir alles ändern können und die Zukunft retten“. Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2021, 256 Seiten, 18 Euro

„How to change everything“ schlägt einen weiten Bogen. Die Autorin beschreibt die zerstörerische und ungerechte Wirtschaftsweise seit der Industrialisierung. Sie fordert, dass die reichen Länder ihre „Klimaschulden“ bei den ärmeren begleichen sollten, sieht den Wohlfahrtsstaat als Zukunftsmodell, plädiert dafür, weniger zu konsumieren und zu arbeiten.

Vieles davon kann man für richtig oder diskussionswürdig halten. Komplettentwürfe bergen jedoch die Gefahr ideologischer Verkürzung. Klein schlägt eine schmale Schneise durch den Wald der Weltgeschichte. Die Widersprüchlichkeiten und Geheimnisse rechts und links des Weges bleiben unerforscht.

„Natur als Maschine“

Betrachten lässt sich dieses Verfahren in den Kapiteln über die Dampfmaschine. Ihr Entwickler James Watt fungiert quasi als Hauptschuldiger des Klimawandels. Hinzu tritt eine Darstellung der Aufklärung, die diese auf eine Interpretation der „Natur als Maschine“ verkürzt. Dann werden die Ver­brau­che­r:in­nen erfunden, die nur konsumieren, um zu vertilgen. Kein Wort über die Fortschrittsleistung einer modernen Gesellschaft, deren Massenproduktion die ­Voraussetzungen für den Wohlstand von Milliarden Menschen schuf.

Im „Werkzeugkasten für Aktivisten“ beschreibt Klein dann, was junge Leute tun können, um ihre Leh­re­r:in­nen zu bewegen, im Unterricht die Klimakatastrophe zu thematisieren, wie sie Schulstreiks oder Klimaschutzprojekte organisieren sollen.

Die 51-jährige Klein „erklärt einer jungen Generation“, was Sache ist. Ob die diese Erklärung wirklich braucht?

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