Berliner Senat mit Jein zum Volksentscheid: Keine einheitliche Haltung

Die Stellungnahme zum Volksentscheid über die Enteignung großer Wohnungseigentümer parallel zu den Wahlen ist da: Rot-rot-grün sagt weder Ja noch Nein.

Eine Mitarbeiterin im Wahlamt bereitet in einem Wahllokal im Stadtteil Charlottenburg-Wilmersdorf am ersten Tag der Briefwahl im Jahr 2017 die Wahlunterlagen für die Wähler vor (ein Symbolfoto)

Den Wahlunterlagen liegt dieses Jahr auch eine Stellungnahme des Senates bei (Symbolfoto) Foto: Gregor Fischer/dpa

Das hätte man sich sparen können: Die Stellungnahme des Senats zum Volksentscheid über die Enteignung großer Wohnungseigentümer parallel zu den Wahlen am 26. September sagt weder „Ja“ noch „Nein“ und beschränkt sich auf ein paar weithin bekannte Anmerkungen und Argumente. Diese wenig sagenden knapp 5.000 Zeichen erst gar nicht zu verschicken, würde die Informationssendung an alle Wahl- und Abstimmungsberechtigten vielleicht verbilligen können und hätte damit doch noch etwas Gutes gehabt.

Denn Grundidee einer solchen Stellungnahme ist ja, jenen eine Handreichung zu geben, die sich noch keine Meinung gebildet haben, die aber vielleicht wissen wollen, wie ihre Landesregierung dazu steht. Schließlich bekommt die Initiative, die den jeweiligen Volksentscheid trägt – in diesem Fall „Deutsche Wohnen & Co. enteignen“ –, von der Wahlleitung dafür genauso viel Platz eingeräumt.

Dass tatsächlich viele der rund 2,5 Millionen Berliner, an die diese Stellungnahme nun im August geht, bewusste 5.000 Zeichen lesen, ist allerdings sowieso mehr ein frommer Wunsch: Im Vergleich zu dieser Infosendung ist fast jedes Wahlprogramm optisch attraktiver aufbereiteter Lesestoff.

Dass „Jein“ der Stellungnahme kann aber auch nicht überraschen, wenn die den Senat tragenden Parteien zum Abstimmungsthema bekanntermaßen seit vielen Monaten unterschiedliche Meinungen haben. 2014, beim Volksentscheid gegen die geplante Bebauung am Tempelhofer Feld, waren sich die damaligen Koalitionäre SPD und CDU einig, beim jetzigen Thema Enteignung aber liegen SPD, Linkspartei und Grüne weit auseinander.

Kein allein herrschender König

Deshalb war es am Dienstag sehr schlicht von den Christdemokraten, sofort nach der Senatssitzung mit gleich zwei Pressemitteilungen von Fraktion und Partei zu reagieren und der Landesregierung die Handlungsfähigkeit abzusprechen. Ein „Dokument politischer Ohnmacht“ ist die Stellungnahme aus CDU-Sicht und „eine mietenpolitische Niederlage der SPD und ihres Regierenden Bürgermeister, der sich in dieser richtungsweisenden Entscheidung nicht durchsetzen kann“.

Wenn aber Uneinigkeit bei einer Frage sofort zu dieser Einschätzung führte, wäre schnell jede, aber auch jede Landesregierung als handlungsunfähig einzuordnen, in der nicht eine Partei allein regiert. Und was das Durchsetzen angeht: Richtlinienkompetenz hin oder her – ein Regierender Bürgermeister ist kein allein herrschender König.

Wenn in einer Koalition von drei Parteien nur eine Enteignungen klar ablehnt, kann da einfach keine klare Position rauskommen, die alle drei unterschreiben. Wenn die CDU tatsächlich anderes erwartet, offenbart das ein merkwürdiges Demokratie- und Führungsverständnis.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.