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Hart am Wind und der Sonne entgegen

Energiegenossenschaften aus ganz Deutschland erzeugen in den Bürgerwerken grünen Strom für Kunden aus der Region – auch gegen Widerstände. Sie leisten einen wichtigen Beitrag, um die Klimaziele zu erreichen

Von Joachim Göres

Grünen Strom selbst produzieren und damit den Klimaschutz in der eigenen Region voranbringen – das ist das Ziel von Energiegenossenschaften aus ganz Deutschland, die Photovoltaik- und Windkraftanlagen betreiben. Eine von ihnen ist die 2010 gegründete Energiegenossenschaft Sonnenwende Harsewinkel, die inzwischen den Namen Sonnenwende Bürger-Energie-Region Gütersloh trägt. Sie hat 16 Photovoltaik-Dachanlagen in Ostwestfalen in Betrieb, auf dem Rathaus von Harsewinkel, der Sankt-Johannes-Schule in Greffen, auf Gebäuden des Bauvereins Gütersloh sowie auf mehreren Familienwohnhäusern und Gewerbeimmobilien. Bis Ende vergangenen Jahres wurden dort insgesamt 1,6 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt, die ins Netz gegen eine gesetzlich festgelegte Vergütung eingespeist werden.

Außerdem bietet die Energiegenossenschaft Sonnenwende seit einiger Zeit ein Pachtmodell an. Sie kauft und errichtet eine Photovoltaikanlage und ist für Wartung und Instandhaltung zuständig. Kunden betreiben die Anlage, nutzen den Strom zur Eigenversorgung und speisen den überschüssigen Strom gegen Vergütung ins Verteilnetz ein. Für eine durchschnittliche Anlage zahlen Kunden dafür der Energiegenossenschaft über einen Zeitraum von 20 Jahren rund 800 Euro Pacht jährlich. „Das lohnt sich finanziell für Hausbesitzer, wenn sie einen hohen Anteil des Stroms selber verbrauchen. Es gibt aber auch jüngere Interessenten, für die nicht die Wirtschaftlichkeit entscheidend ist, sondern die autark sein und etwas für die Umwelt tun wollen“, sagt Sonnenwende-Vorstand Stephan Rieping.

Derzeit halten 140 Genossen Anteile in Höhe von insgesamt knapp 140.000 Euro. Über die Verwendung des Gewinns aus dem Verkauf des Stroms entscheidet einmal im Jahr die Generalversammlung, auf der jedes Mitglied eine Stimme hat. Ein Genossenschaftsanteil kostet 250 Euro, bislang gab es fast jedes Jahr für die Anteile 3 Prozent Zinsen. „Neue Mitglieder sind immer willkommen“, sagt Rieping.

Ähnlich arbeitet die Friedensfördernde Energie-Genossenschaft Herford (FEGH), die 2012 vom Herforder Anti-Atom-Bündnis gegründet wurde. Sie betreibt in der Region Herford zwölf Photovoltaikanlagen. Auch sie bietet ein Pachtmodell an, auch bei ihr kann man durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen in Höhe von jeweils 250 Euro Mitglied werden. Ihr größtes Projekt ist der Bürgersolarpark Reesberg – auf einer ehemaligen Bauschuttdeponie in Kirchlengern stehen seit vergangenem Jahr 2.378 Solarmodule, die mehr als 200 Haushalte mit Strom versorgen können. Für die Realisierung mussten erhebliche Widerstände überwunden werden – zugleich fand die Idee zahlreiche Anhänger und 40 neue Mitglieder traten in die FEGH ein.

Seit 2010 besteht die Energiegenossenschaft Main-Kinzigtal aus dem südhessischen Biebergemünd, die an einem Dutzend Standorten zwischen Großkrotzenburg und Schlüchtern Strom erzeugt. Er stammt unter anderem von Anlagen auf den Dächern des Schützenhauses Erlensee und der Turnhalle der Realschule Gelnhausen sowie von Windrädern in Gründau und Schlüchtern. Außerdem beteiligt sich die Energiegenossenschaft mit mehr als 50 Prozent an großen Solarkraftwerken in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Im Jahr 2020 hat die Energiegenossenschaft fast 19.000 Megawattstunden Strom erzeugt, die ins Netz eingespeist werden, wodurch 6.200 Dreipersonenhaushalte versorgt werden können. „Wir sind immer daran interessiert, in neue Anlagen zu investieren, aber es ist schwieriger geworden, dafür neue Flächen zu finden“, sagt Vorstand Jürgen Staab. 334 Genossen aus sechs Bundesländern halten Anteile in Höhe von mehr als 4 Millionen Euro. Derzeit kann man sich mit 1.000 Euro beteiligen und Genossenschaftsanteile erwerben.

Die drei Energiegenossenschaften sind Mitglieder der Genossenschaft Bürgerwerke mit Sitz in Heidelberg, in der sich 100 Energiegenossenschaften aus ganz Deutschland zusammengeschlossen haben. Sie betreiben insgesamt rund 1.400 Solar-, Wind- und Biomasseanlagen, haben im vergangenen Jahr mehr als 368 Millionen Kilowattstunden Ökostrom erzeugt und so 148.000 Tonnen CO² eingespart. Über die Dachgenossenschaft Bürgerwerke beziehen die Kunden („eine fünfstellige Zahl“) Ökostrom, der von einzelnen Energiegenossenschaften sowie aus einem Wasserkraftwerk in Bayern stammt.

„Der Strompreis richtet sich nach der Höhe des Netzentgeltes vor Ort, der je nach Region unterschiedlich hoch ist. Dabei gibt es einen Zuschlag von einem halben Cent pro Kilowattstunde, um neue Energiewendeprojekte finanzieren zu können“, sagt Bürgerwerke-Pressesprecher Christopher Holzem und fügt hinzu: „Wir streben keinen Gewinn an.“ Inzwischen bieten die Bürgerwerke Kunden auch Biogas, das bei der Verarbeitung von Zuckerrüben der Zuckerrübenfabrik Anklam in Mecklenburg-Vorpommern anfällt. Für Holzem ist klar: „Wir müssen als Bürgerwerke weiter wachsen, um die Klimaziele zu erreichen.“

Tatsächlich wurden im ersten Quartal dieses Jahres in Deutschland laut Statistischem Bundesamt 23 Prozent weniger Ökostrom ins Netz eingespeist als im Vorjahr, was vor allem am Rückgang der Windstromerzeugung lag. Weltweit haben Wind- und Solarenergie ihren Anteil am Endenergieverbrauch zwischen 2009 und 2019 von 8,7 Prozent auf 11,2 Prozent gesteigert, der Anteil der fossilen Energieträger liegt aber weiterhin bei rund 80 Prozent.

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