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Hamburger SPDler will mit Rechten redenVerpeilte Verabredung mit der AfD

Der SPD-Bundestagskandidat Falko Droßmann hatte abgestritten, an einer Veranstaltung der AfD teilnehmen zu wollen. E-Mails zeigen etwas anderes.

Dem Hamburger Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) ist was dazwischen gekommen: die AfD Foto: Axel Heimken/dpa

Hamburg taz | Mit der AfD über Gewalt und Demokratie diskutieren? Das sollte man sich gut überlegen, wenn man in den Bundestag will. Der Hamburger Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) hat es sich offenbar nicht so gut überlegt, wie er noch in der vergangenen Woche behauptet hatte. Am 25. Juni hatte die AfD in Hamburg zu einem „parteiübergreifenden Dialog mit Bürgern“ eingeladen. Die Diskutanten der virtuellen Veranstaltung: die Bundestagskandidaten Benjamin Mennerich von der AfD und Falko Droßmann. Ein Clou im Vorwahlkampf für die vermeintliche Alternative mit Mut zur Wahrheit. Ein Bluff, ließ der Bezirksamtsleiter in Hamburg-Mitte suggerieren.

Der Satz der E-Mail unter Betreff: „(EXTERN)-Bürgerstunde“ lädt allerdings wenig zum Spekulieren ein: „können wir gerne machen“ schrieb Droßmann am 3. Juni an Mennerich. In der vergangenen Woche, am 24. Juni, hatte die taz bei Droßmann wegen der Veranstaltung zum Thema Gewalt und Demokratie nachgefragt. Die Antwort aus dem Büro des Bezirksamtsleiter auf die Frage, ob eine solche Veranstaltung geplant sei, war sehr eindeutig – und offensichtlich falsch. „Nein, eine solche Veranstaltung findet nicht statt. Eine entsprechende Anfrage eines Mitgliedes der AfD-Fraktion wurde abgelehnt“, erklärte Peter Martin Zybarth.

Der Büroleiter des Bezirksamtsleiters spielte beim Telefonat zudem auf die grundlegende Ablehnung des offen homosexuell lebenden SPD-Politikers gegen die AfD an. Die Message: Mit der AfD gäbe es jenseits des Bezirksparlaments, in dem Mennerich für die AfD sitzt, keinen Umgang.

Die E-Mail, die der taz vorliegt, erklärt nun auch, warum die AfD auf Nachfragen zu dem Termin und der Aussagen aus dem Büro des Bezirksamtsleiters so überrascht war. Dass der angekündigte Mitdiskutant gar nicht zugesagt haben wollte, konnte Daniel Menkens, stellvertretender Pressesprecher der AfD-Bürgerschaftsfraktion, nicht gleich einordnen. Denn, so Menkens zur taz, Mennerich, der als Mitarbeiter bei der Fraktion tätig ist, hätte das „anders kommuniziert“.

Bedenken hat Droßmann wohl nicht, nur Urlaub

In einer E-Mail hätte Droßmann grundsätzlich zugesagt. In der E-Mail vom 3. Juni schreibt Droßmann auch, dass er solche Veranstaltungen „schließlich (…) mit mehreren Fraktionen und Abgeordneten verschiedener Parlamente und Parteien durchgeführt“ habe.

Dass diese Aussagen die AfD als eine ganz normale Partei mit anderen Parteien gleichstellt, scheint Droßmann offenbar nicht bedenklich. Er wirft nur ein, dass er ab dem „01. 07 im Erholungsurlaub, der auch den August einschließt“ sei und „keine öffentlichen Termine“ in seiner Funktion als Bezirksamtsleiter wahrnehme werde.

Diese Aussage deckt sich wenig mit den Ausführungen von Droßmanns Büroleiter Zybarth. Dieser hatte der taz zwar erklärt, dass ein Bezirksamtsleiter in der Bezirksversammlung alle Fraktionen gleich behandeln müsse. Die von der AfD beworbene Veranstaltung sei nun aber eine Parteiveranstaltung. Und da müsse Droßmann als Bezirksamtsleiter dann auch nicht erscheinen.

Eine weitere Aussage von Zybarth gegenüber der taz widerspricht der Antwort der AfD. Am 24. Juni hatte der AfD-Sprecher Menkens per E-Mail ausgeführt, dass die Veranstaltung nicht abgesagt, sondern lediglich verschoben werde: „Aufgrund einer Terminkollision seitens Herrn Droßmann kann der Online-Bürgerdialog nicht zum angegebenen Zeitpunkt stattfinden“, schrieb Menkens um 14:50 Uhr. Auf erneute Nachfrage der taz schrieb Zybarth gegen 17:07 Uhr: „Es handelt sich um ein Büroversehen. Tatsächlich ist der AfD fälschlicherweise ein neuer Termin angeboten worden. Dies ist aber unabgestimmt erfolgt und wurde bereits zurückgezogen.“

Es handelt sich um ein Büroversehen. Tatsächlich ist der AfD fälschlicherweise ein neuer Termin angeboten worden

Peter Martin Zybarth, Büroleiter von Falko Droßmann

Doch wird es dabei bleiben, dass es keine Veranstaltung mit der AfD geben wird? Auch nicht unabgestimmt, fälschlicherweise? Am Tag zuvor, am 23. Juni um 15:36 Uhr, hat Droßmanns Büroleiter – nach einer weiteren E-Mail, die der taz vorliegt – den AfD-Bezirksabgeordneten und Bundestagskandidaten allerdings selbst gebeten, den Termin zu verschieben: „Ich könnte nach interner Rücksprache den Montagabend oder Dienstagabend nach 18:00 anbieten.“ Dieses Angebot deckt sich mit den Angaben der AfD.

Falko Droßmann möchte als Direktkandidat für seinen Wahlkreis in den Bundestag einziehen. Den Oberstleutnant der Luftwaffe der Bundeswehr scheinen die Warnungen des Landesamts für Verfassungsschutz, dass sich die AfD auch an der Elbe radikalisiere, nicht nachhaltig zu beeindrucken.

Der Bezirk Mitte der AfD steht dem offiziell aufgelösten „Flügel“ in der Partei sehr nahe. Mennerich ist einer der Rechteren bei den Rechten. Die AfD war wegen der Veranstaltung in den Medien kritisiert worden: Der SPD-Bundestagskandidat erschien als Opfer einer „linken Nummer“ der AfD. Mit Fake News hätte die AfD das Bezirksamt vorgeführt, hieß es aus der Bürgerschaft. Die E-Mails, die nicht gefälscht wirken, lassen diese Erzählung nicht zu.

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12 Kommentare

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  • Der eigentliche Skandal sind ja wohl zwei Monate Erholungsurlaub während des Bundestagswahlkampfes. Kahrs-Zögling Drossmann scheint sich seines Sieges ja sehr sicher zu sein.

  • Spannend ist hier die Frage, wie der Autor an diese EMails gelangt ist. Herr Droßmann wird sie nicht herausgegebenen haben. So bleibt ja eigentlich nur noch die andere Seite. Aber ob das die richtigen Companions für die taz sind...

    • @Samvim:

      Vielleicht war es aber auch ein whistleblower aus dem Amt.



      Solange die E-Mails nicht gefälscht sind, das wird die taz und Co. sicher geprüft haben, ist es doch fast egal, woher die E-Mails kommen.



      Ich finde es unerträglich was die SPD da macht bzw. machen wollte. Bei dieser Art des "Bürgerdialogs" hätte die SPD nur verlieren können. Gab es denn überhaupt so etwas wie eine Agenda, so dass man auch wußte was da angefragt werde würde? Naja, positiv ist nur das es nicht zu Stande kam, der Rest ist so unerträglich.

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Reden ist besser als schlagen....



    Und selbst mit der AFD sollte man reden, den ein Teil der Bevölkerung hat die gewählt.



    Und wenn ich dafür mit diesen Leuten reden muss, damit sie Wähler verlieren. Dann ist das ne super Sache

    • @15833 (Profil gelöscht):

      Hätte man mit der NSDAP auch erstmal reden sollen? Die AfD probiert das was die NSDAP schon gemacht hat. Wahlen gewinnen, und demokratische Prozesse ausnutzen um den Staat "umzukrempeln". Irgendwann sollte man daraus doch mal lernen können.

      • @Daniel Drogan:

        Es gibt mit Sicherheit Rechte, bei denen ist jeder Dialog sinnlos. In meinen Augen sind das die wenigsten. Um die anderen geht es doch. Faschismus entsteht da, wo es Menschen deutlich schlechter geht als woanders. Die Menschen im Osten Deutschlands stehen wirtschaftlich schlechter da als die Menschen im Westen. Das ist ein Fakt. Ein Mensch, der keine Existenzangst hat, lässt sich nicht mit dem Satz "Die Ausländer sind an deiner Lage schuld" ködern. Wie denn auch... Da käme ja dann an "Den Ausländern habe ich meine schöne abbezahlte Wohnung zu verdanken." 1932 ging es den Menschen beschissen. Und da haben halt 40% NSDAP gewählt + 30% Monarchisten und eine mir unbekannte Zahl haben sich Stalinismus noch gewünscht. Daraus muss man doch lernen. Es geht darum, die Lebensbedingungen von Menschen zu verbessern. Und dafür muss man in den Dialog gehen.

        Falls Ihre Lösung ist mit Gewalt zu antworten, dann gute Nacht. So schaffen Sie nur Märtyrer und verschaffen den rechten noch mehr Stimmen. Oder wollen sie nichts tun?

  • Zwar ist mir die AfD zu wider und das wird umgekehrt auch der Fall sein. Dennoch finde ich es gut wenn man miteinander redet. Was soll daran falsch sein? Mit dem politischen Gegner in den Dialog zu treten sollte ein demokratisches Selbstverständnis sein und nicht von vornherein ausgeschlossen bzw. geächtet werden. Wie soll das Land denn jemals wieder zumindest ein Stück weit zusammenrücken, wenn schon eine Gesprächsabsicht als politischer Tod gesehen wird. Wenn man der Logik folgt dürfte der Bundeskanzler auch mit einem Drittel der weltweiten Staatschefs nicht mehr reden.

    • @Nobodys Hero:

      Genau hier wäre vorsichtig. Es ist eine Legitimierung der AfD als Gesprächspartner in solchen Themen ("Gewalt und Demokratie"). Wenn diese dann direkten Kontakt zum Flügel hat, spricht man also nicht nur mit der AfD sondern mit dem rechtsextremistischen Ableger. Toleranz gegenüber den Intoleranten bringt nur bedingt etwas.



      Und was bei diesem "Bürgerdialog" aufkommen würde, denke ich weiß man genau.



      Ob es am Ende also mehr wird, sprich wirklich Lösungen gefunden werden sollen, dann ist es eigentlich schon vorher klar das dies nicht mir der AfD passieren wird.



      Da kann eben nicht jeder teilnehmen, denn das Publikum was da angezogen wird, hat gar nicht Interesse daran, Lösungen zu erfahren die etwas mehr erfordern als nur zu sagen, die bösen Ausländer/Geflüchtete.

      • @Daniel Drogan:

        Sehe ich ähnlich... Habe mal eine Unterhaltung im Zug gehabt. Mein Gesprächspartner hat sich als Rassist geoutet nach wenigen Minuten. Aus dem Nebenabteil kam ein "dann halts Maul" und mir ging durch den Kopf, dümmer kann man nicht kontern. Ich hab mich kurz positioniert und dann angefangen nach seinen Gründen zu fragen. Ich war während der nächsten Stunde konzentrierter als während meiner Doktorverteidigung. Meine Standpunkte ohne eine einzige Beleidigung ihm dargelegt und immer weiter gefragt. Das Gespräch war beendet als er ausgestiegen ist. Mit den Worten "Ich hoffe du hast recht." Auf dieses Gespräch bin ich heute immer noch stolz wie sonst was. Mein größter politischer Erfolg bisher :). Ob der Samen gesprossen ist, kann ich natürlich nicht sagen, natürlich nie wieder gesehen. Trotz allem denke ich, dass ich einen richtigen trigger gesetzt hab. Jede Stimmt zählt!!

    • @Nobodys Hero:

      Sehr richtig, so sehe ich es auch.



      Wer mit Putin redet, der darf auch mit der AfD reden.

      • @Paul Rabe:

        Zumal es um eine Veranstaltung für interessierte Bürger geht.

        Die Gefahr, dass das dort zum AfD-Parteitag ausufert ist vielleicht gegeben, aber davor sollte der Herr 2-Monats-Urlaub-Bezirksamtsleiter nicht kuschen. Hingehen und sachlich streiten wäre gewiss souveräner.

        Und falls das entsprechende AfD-Personal tatsächlich absolut untragbar ist, kann man sich auch vor einer Zusage informieren.

  • Ohje, mit Faschos reden man nicht. Aber scheinbar für Koalition mit der CDU, macht man sich auch dahingehend zum Erfüllungsgehilfen.