taz-Recherche zu rechtsextremen Beamten: Polizeiproblem im Bundestag

Mehrere Bundestagspolizisten haben sich rechtsextrem geäußert oder verfassungsfeindlich betätigt. Ein Kollege bezeugt einen Hitlergruß.

Detailaufnahme Reichstag Dachbereich mit der Inschrift "Dem deutschen Volke" und Flagge

Der Arbeitsplatz der Bundestagspolizei. Die Behörde hat offenbar ein Rechtsextremismusproblem Foto: imagebroker/imago

BERLIN taz | Die Polizei, die für den Schutz des Bundestags zuständig ist, hat ein Problem mit Rechtsextremismus in den eigenen Reihen. Wie Recherchen der taz ergeben haben, arbeiten bei der Bundestagspolizei mehrere Beamte, die sich rechtsextrem geäußert oder verfassungsfeindlich betätigt haben. Es gab in diesen Fällen aber offenbar keine Konsequenzen.

Ein Bundestagspolizist hat sich in einer Reichsbürgerpartei engagiert, die das Grundgesetz ablehnt, und soll gegenüber Kollegen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland geleugnet haben. Ein anderer Beamter hat zu Demonstrationen der sogenannten Querdenken-Bewegung aufgerufen und auch im August 2020 an jener Demo teilgenommen, die im versuchten Sturm auf den Reichstag gipfelte. Ein weiterer Polizeibeamter hat nach Aussage eines Kollegen mehrfach im Pausenraum den Hitlergruß gezeigt und dabei die Radiostimme von Adolf Hitler imitiert; er selbst bestreitet das.

In dienstlich genutzten Chatgruppen wurden laut aktuellen und ehemaligen Bun­des­tags­po­li­zis­t*in­nen regelmäßig rechtsextreme Inhalte verbreitet, etwa ein Bild mit einem Gewehr und einem Gewaltaufruf gegen Schwarze Menschen: „Springt der N***** wild herum, schalt' auf Automatik um“. Es seien in Chats ebenso antisemitische Sprüche gepostet worden. Nach übereinstimmenden Schilderungen ist eine rassistische und diskriminierende Wortwahl auch in Gesprächen während des Dienstes alltäglich.

Problematische Einstellungen und Vorfälle gibt es den taz-Recherchen zufolge auch beim Personal, das an den Pforten des Bundestags eingesetzt wird, sowie im Besucherdienst des Parlaments. Die Pressestelle des Bundestags nennt auf taz-Anfrage lediglich drei rechtsextreme Verdachtsfälle im Sicherheitsbereich des Bundestags seit 2013, von denen sich keiner bestätigt habe. Von den Fällen, die von der taz recherchiert wurden, fällt nur der Hitlergruß darunter. Er wurde aber erst im Zuge der Recherchen im Bundestag Thema. Man handele „bei möglichen Verdachtsfällen mit politisch extremen oder rassistischen Bezügen im Rahmen der Gesetze klar und konsequent“, heißt es von der Bundestagspressestelle.

Polizei beschaffte Scharfschützengewehre

Wie die taz-Recherchen weiter zeigen, hat die Bundestagspolizei eine Art Spezialeinheit gegründet, das „Team besondere Aufgaben“, das öffentlich bisher nie erwähnt wurde. Die Bundestagspolizei hat nach taz-Informationen zudem Scharfschützengewehre beschafft, die eigentlich für den Einsatz von Spezialkräften gedacht sind. Die Pressestelle wollte keine Auskunft darüber geben, ob die Waffen noch vorhanden sind. Sie teilte lediglich mit, dass es für Scharfschützengewehre im Dienstalltag keine Verwendung gebe. Ferner heißt es, dass das Team keine formale Organisationseinheit innerhalb der Bundestagspolizei darstelle und keine Aufgaben übernehme, „die mit solchen von SEK oder der GSG 9 vergleichbar sind“.

Die Bundestagspolizei ist eine eigene Polizeibehörde mit rund 200 Beamtinnen und Beamten und untersteht dem Bundestagspräsidenten, Wolfgang Schäuble (CDU). Diese besondere Struktur hat historische Gründe, sie dient dem besonderen Schutz der Abgeordneten und soll das Parlament etwa im Falle eines Staatsstreichs schützen. Bundestagspräsident Schäuble äußerte sich auf taz-Anfrage zu der Angelegenheit nicht.

Die ganze taz-Recherche zum Rechtsextremismus-Problem der Bundestagspolizei aus der taz am Wochenende vom 19./20. Juni finden Sie hier.

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