Hamburger Handballer vor Aufstieg: Alles auf Anfang

Am Dienstag soll es soweit sein: Die Handballer des HSV Hamburg könnten nach langer Durststrecke den Wiederaufstieg in die 1. Bundesliga schaffen.

Mannschaft des HSV Hamburg feiert in der Halle

Kurz vorm Aufstieg: Handballer des HSV Hamburg Foto: Beautiful Sports/Imago

HAMBURG taz | Früher war mehr Breitbeinigkeit. Da hieß die Band, die vor Heimspielen des damaligen Handball-Topvereins HSV Hamburg ihren Song schmetterte, ja selbst schon „Mister Macho Y Los Muchos Macho Muchachos“. Unter einem der Som­breros steckte der nimmermüde Barde Lotto King Karl, der dem Emporkömmling HSV noch weitere Weisen textete.

Etwa „Das Team im Land sind wir“, ein Mallorca-Style-Mitgröl-Lied, in dem sich tatsächlich folgende Zeile finden lässt: „Walzen wir euch nieder, bis hier alles brennt, denn immer sind wir Sieger – und die Bundesliga fürchtet uns.“ Oder im nachfolgenden Song „Unser HSV“, jetzt immerhin weniger martialisch: „Die aus Gummersbach sind uns zu schwach, und darauf jetzt ein Bier – das Team im Land sind wir.“ Es waren die Nullerjahre, es waren andere Zeiten.

Seit Ende Mai hat der Verein, der in den dazwischen liegenden 13 Jahren viel durchgemacht hat, einen neuen Song. „Nach Ebbe kommt Flut“ heißt er, geschrieben und gesungen von der Hamburgerin Julia Böttcher, die sich als Künstlerin „Jule Seemannstochter“ nennt.

Der Refrain lautet: „Alles auf Anfang, alles auf neu, ja, Hamburg Handball, wir bleiben dir treu. Gemeinsam nach vorn, mit neuem Mut, gegen den Wind, nach Ebbe kommt Flut.“ Es ist ein recht gelungenes Lied – vor allem deshalb, weil es nicht mehr protzig klingt, sondern demütig. Und dafür gibt es gute Gründe.

Freude statt Selbstverständlichkeit

Wenn der Verein, der sich inzwischen HSVH abkürzt, am Dienstagabend im Heimspiel gegen den ASV Hamm-Westfalen mindestens ein Remis erzielt, wäre der mühevolle Weg durch die Ligen erfolgreich abgeschlossen. Dann würde Hamburg im Handball in der kommenden Saison wieder erstklassig sein. Was aktuell beim HSVH ein Anlass zu großer Freude wäre, wurde einst als Selbstverständlichkeit betrachtet. Damals waren die Hamburger noch in ganz anderen Sphären unterwegs.

Dank des stetigen Geldzuflusses durch Medizintechnik-Unternehmer Andreas Rudolph gewann der HSVH von 2006 an schnell die ersten Trophäen. Alles schien möglich, selbst die dauerhafte Wachablösung von THW Kiel als deutschem Vorzeigeverein. An einen Absturz dachte kaum jemand.

Doch der kam für den Europapokalsieger der Pokalsieger (2007), deutschen Meister (2011), zweimaligen DHB-Pokalsieger (2006, 2010) und Gewinner der Champions League (2013) gut eineinhalb Jahre nach dem Rücktritt von Rudolph, der nach eigener Aussage 50 Millionen Euro in den Verein investiert hat. Mitte Dezember 2015 wurde der Insolvenzantrag für die HSV Handball Betriebsgesellschaft mbH & Co. KG gestellt.

Das erste Team musste sich aus der Bundesliga zurückziehen. Die Hoffnung des Vereins war fortan die zweite Mannschaft, die damals noch in der viertklassigen Oberliga spielte. Fünf Jahre später fehlt dem Club als Zweitliga-Spitzenreiter nur noch ein Schritt, um sich einen der beiden Aufstiegsplätze zu sichern.

Ein Punkt reicht

Der Vorsprung des HSVH (54:14 Punkte) auf den Dritten VfL Gummersbach (53:17) ist zwar auf einen Zähler geschmolzen. Doch die Norddeutschen sind überzeugt, dass sie einen ihrer nächsten beiden Matchbälle nutzen werden.

Und zwar schon den gegen Hamm-Westfalen vor bis zu 2.700 Zuschauern in der Arena im Volkspark und nicht erst jenen am Sonnabend darauf bei der SG BBM Bietigheim. Ein Punkt reicht schon, weil der HSVH den direkten Vergleich mit Gummersbach gewonnen hat.

„Wir haben uns die Situation so erarbeitet, dass wir mehrere Chancen haben. Und deswegen werden wir alles daran setzen, dass wir die nächste Chance in jedem Fall nutzen“, sagte Kreisläufer Niklas Weller nach der Niederlage beim HC Elbflorenz. Beim HSVH hoffen sie darauf, dass das Publikum dem Team von Trainer Torsten Jansen gegen den ASV den Rücken stärken wird.

„Es ist eine super Nachricht für uns, dass wir auch zu unserem letzten Heimspiel Zuschauer in der Arena begrüßen dürfen“, sagte Geschäftsführer Sebastian Frecke zum Beschluss des Senats in Corona-Zeiten. Es gelinge dann hoffentlich, „mit 2.700 Zuschauern ein tolles Spiel unserer Mannschaft und den Heim-Abschluss einer außergewöhnlichen Saison zu feiern“.

In der kommenden Spielzeit kehrt Torhüter Johannes Bitter vom TVB Stuttgart zum HSV Hamburg zurück, mit dem er damals einige Trophäen eingesammelt hat. Der Vertrag des Weltmeisters von 2007 ist zwar auch für die Zweite Liga gültig. Beim HSVH hoffen sie aber darauf, dass Bitter der Rückhalt eines Bundesliga-Aufsteigers sein wird. Nach fünf Jahren Aufbauarbeit fehlt noch ein Schritt bis zur Rückkehr in die Eliteliga..

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.