„Ich hab das Gefühl, dass sich viele über die Aufgaben freuen“

Der Hamburger Sportlehrer Nils Tegtmeyer über die Geheimnisse guten Online-Sportunterrichts

Foto: privat

Nils Tegtmeyer

29, ist Sport- und Englischlehrer am Gymnasium Alstertal. Seine Lieblingssportarten sind Fußball, Volleyball und Spikeball, sein Lieblingsspiel ist „Erklimme die Burg“.

Interview Isabella Boor

taz: Herr Tegtmeyer,wie bauen Sie ­Ihren Sportunterricht online auf?

Nils Tegtmeyer:Wir haben momentan immer einen Teil im Videounterricht. Das ist in der Regel ein gemeinsames Work-out, ein paar Fitnessübungen und ein paar Kraftübungen. Das sind Aufgaben, die Spaß machen und motivieren sollen.

Welche Aufgabe war für die Schüler die schwerste?

Wir haben in einigen Klassen versucht, verschiedene Weltrekorde gemeinsam zu knacken, wie den Plank-Weltrekord, also den Weltrekord im Unterarmstütz. Das hat mir persönlich viel Spaß gemacht und das kam in den Lerngruppen, glaube ich, sehr gut an. Der Weltrekord für die längste Zeit im Planking liegt bei über acht Stunden, also fast 30.000 Sekunden. Trotzdem ist es einer Klasse gelungen, ihn zu brechen. Das lag vor allem an der letzten gemeinsamen Videostunde, in der insgesamt über 10.000 Sekunden zusammen „geplankt“ wurden.

Haben Sie das Gefühl, dass die Schüler die Aufgaben erledigen, wenn sie sie eigentlich nur bestätigen müssen, ohne zu beweisen, dass sie sie wirklich gemacht haben?

Die Aufgaben ohne Video sind bei mir eher solche Aufgaben wie: „Beschreibe dein selbstgewähltes Ausdauertraining. Was für Übungen hast du dabei ausgewählt und warum?“ Ich habe schon das Gefühl, dass viele sich über die Aufgaben freuen und sie auch bearbeiten. Aber ich kann mir bei einigen auch denken, dass sie da ein bisschen flunkern und vielleicht die Antwort, die sie da geben, nicht ganz ehrlich ist.

Würden Sie die Aufgabe machen, wenn Sie nur bestätigen, aber nicht beweisen müssten, dass sie sie gemacht haben?

Es kommt ein bisschen darauf an, was es für eine Aufgabe wäre: Wenn ich darauf Lust hätte, würde ich die bestimmt auch so machen. Wenn das etwas ist, worauf ich persönlich keine Lust hab oder wenn ich zu dem Zeitpunkt gerade rausgucke und sehe, dass es regnet: Dann würde ich vielleicht auch mal anklicken, dass ich es gemacht habe, ohne dass ich es wirklich gemacht habe.

Glauben Sie, die Schüler und Schülerinnen fühlen sich durch die Kamera eingeschränkt?

Ich hab das Gefühl, das hängt ganz stark davon ab, mit was für einer Klassengemeinschaft du arbeitest. Wenn die Klassenkameraden und Klassenkameradinnen sich vertrauen, haben auch mehr Schülerinnen und Schüler Lust, die Kamera anzuschalten. In der Regel finden sich aber immer ein paar Freiwillige, die bereit sind, ihre Kamera anzuschalten. Diejenigen, die sich damit weniger wohl fühlen, können dagegen im Hintergrund bleiben, und es entsteht trotzdem das Gefühl einer gemeinschaftlichen Trainingseinheit. Aber das ist natürlich ein Risiko und deswegen gilt bei uns im Videounterricht auch immer, dass es kein Zwang ist. Ich hoffe natürlich, dass sie dann auch mitmachen und fleißig ins Schwitzen kommen, kontrollieren kann ich das aber nicht.

Aus welchen Gründen würden Sie den Schülern und Schülerinnen raten, konsequent mitzumachen?

Also, im Moment sitzen wir einfach ganz viel und die Alltagsbewegung fällt ja schon weg. Viele Sportvereine haben momentan geschlossen oder nur eingeschränkte Programme. All das, was wir zwischen den Pausen in der Schule haben: zwischen zwei Stunden oder in der Stunde, wenn wir kurz aufstehen, um von einer Einzelarbeitsphase in eine Gruppenarbeitsphase zu wechseln, gar nicht mal so bewusst, aber all diese Sachen fallen momentan weg. Ich denke, dass ist ein Problem. Ein weitere Punkt ist, dass das stundenlange In-den-Bildschirm-Starren irgendwann ermüdend ist. Das merke ich selbst auch, dass ich dann am Abend einfach groggy bin.