Fußpflege und Zoobesuch

Für Geimpfte und Genesene soll es Ausnahmen bei den bundesweiten Coronaverordnungen geben. Darüber entscheidet der Impfgipfel am Montag

Laut Bundesregierung gehe es hier nicht um Privilegien und Sonderrechte, sondern um die Aufhebung nicht mehr haltbarer Eingriffe. Geimpfte und Genesene sind kaum noch infektiös

Von Christian Rath

Wer vollständig geimpft ist, kann trotz dritter Coronawelle bald wieder mehr Freiheiten genießen. Das sieht das Eckpunkte-Papier der Bundesregierung vor, das an diesem Montag auf einem „Impfgipfel“ mit den Bundesländern diskutiert werden soll. Das Papier liegt der taz vor.

Die Initiative steht im Zusammenhang mit der Bundesnotbremse, die am Freitag in Kraft getreten ist. Wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt der Inzidenzwert drei Tage lang über 100 liegt, gelten automatisch eine Vielzahl von Beschränkungen des öffentlichen Lebens: von der Ausgangssperre ab 22 Uhr bis zur Schließung von Theatern, Sportstätten und Restaurants. Und das alles gilt bislang auch für Geimpfte und Genesene.

Doch solche Einschränkungen können nicht mehr gerechtfertigt werden, wenn Geimpfte und Genesene kaum noch infektiös sind. Zu diesem Schluss kam jetzt die Bundesregierung und folgt damit Stimmen aus der Rechtswissenschaft. Es gehe hier nicht um Privilegien und Sonderrechte, so die Regierung, sondern um die Aufhebung nicht mehr haltbarer Eingriffe.

Seit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vorige Woche kann die Bundesregierung per Verordnung „Erleichterungen und Ausnahmen“ für Personen festlegen, „bei denen von einer Immunisierung gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 auszugehen ist“. Dies sieht der neue Paragraf 28c vor.

Allerdings benötigen solche Verordnungen die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Deshalb lotet die Regierung schon an diesem Montag aus, ob die Länder bei diesem Vorstoß mitziehen würden.

Konkret sollen die Geimpften und Genesenen zum Beispiel von allen Ausnahmen profitieren, die in der Bundesnotbremse (§ 28b) bereits für negativ Getestete vorgesehen sind. So sollen sie auch den Außenbereich von Zoos und botanischen Gärten besuchen dürfen. Bis zum Inzidenzwert von 150 sollen sie noch mit Termin im eigentlich geschlossenen Einzelhandel einkaufen können („click and meet“). Geimpfte und Genesene dürften als Übungsleiter Kindersport (für maximal 5 Kinder) anbieten. Außerdem dürften sie sich die Haare und die Fußnägel schneiden lassen.

Auch bei der Corona-Einreise-Verordnung sollen Geimpfte und Genesene künftig Vorteile haben. Bei der Einreise aus Risikogebieten wie Belgien müssen sie nicht mehr binnen 28 Stunden einen negativen Test vorlegen. Bei der Einreise aus Hochrisikogebieten wie dem Iran müssen sie keinen negativen Test mit sich führen.

Ausnahmen soll es auch bei Kontaktbeschränkungen geben, insbesondere in Alten- und Pflegeheimen. Dort könnten dann die geschlossenen Cafeterien und Fernsehzimmer für Geimpfte und Genesene geöffnet werden.

Die geplante Bundesverordnung soll sich nicht auf die Fälle der Notbremse (also auf Landkreise und Städte mit einem Inzidenzwert über 100) beschränken. Auch wenn die Länder in Coronaverordnungen Ausnahmen nur für Geteteste vorsehen, sollen Geimpfte und Genesene gleichgestellt werden. Dies ist vor allem für Gebiete mit niedrigen Inzidenzwerten relevant, wo auch weitergehende Lockerungen ausprobiert werden, etwa in der Außengastronomie, bei Sport- oder Kulturveranstaltungen.

Doch es gibt auch Einschränkungen, bei denen die Bundesregierung keine Chance auf Lockerungen für Geimpfte und Genesene sieht. Die Maskenpflicht und das Abstandsgebot sollen bestehen bleiben. Zum einen weil noch mit einer gewissen Restinfektiösität gerechnet wird, zum anderen weil im öffentlichen Raum der Impfstatus auch schlecht zu kontrollieren ist.

Als „Geimpfte“ sollen dabei alle gelten, die mit einem in der EU zugelassenen Impfstoff vollständig geimpft wurden. Bei Biontech und AstraZeneca sind also zwei Impfungen plus eine Wartezeit von 14 Tagen erforderlich.

Ein „Genesener „müsste nach einem positiven PCR-Test mindestens 28 Tage warten, bis er diesen Status erhält und dann sechs Monate lang nutzen kann. Anschließend müsste er/sie sich impfen lassen, wobei hier aber eine Impfung ausreichen soll, um dann den Status des „Geimpften“ zu bekommen.

Die Bundesregierung sieht sich unter Druck, weil bei den Verfassungsbeschwerden gegen die Coronanotbremse auch immer wieder die fehlenden Befreiungen für Geimpfte und Genesene gerügt werden.

Sollte die indische Mutante den Impfschutz beeinträchtigen, könnten die geplanten Befreiungen allerdings schwierig werden. Der Impfgipfel wird sich auch mit der Frage beschäftigen, ab wann die bisher strenge Impfreihenfolge aufgehoben werden kann.