Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Län­der­che­f:in­nen verteidigen sich

Armin Laschet und andere Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen wollen bei ihrem Kurs bleiben. Angela Merkel hatte Nachlässigkeit beklagt. Das RKI meldet knapp 10.000 Neuinfektionen.

Armin Laschet spricht bei einer Pressekonferenz

Ministerpräsident Armin Laschet betonte, dass es in NRW eine landesweite „Notbremse“ gebe Foto: Michael Kappeler/dpa

Län­der­che­f:in­nen verteidigen sich

Nach der deutlichen Kritik von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Vorgehen verschiedener Länder im Coronalockdown haben mehrere Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen ihre Linie verteidigt. Unter anderem Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Niedersachsen und das Saarland sahen am Montag zunächst keinen Grund für schnelle Anpassungen. CDU-Parteichef und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet bekannte sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur bei einer Präsidiumssitzung seiner Partei klar zu mehr Tests als Instrument in der Krise und betonte, dass es in Nordrhein-Westfalen eine landesweite „Notbremse“ gebe.

Merkel hatte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“ massiven Druck auf die Länder ausgeübt, um diese zum Umsetzen der Notbremse und schärferer Maßnahmen gegen die dritte Infektionswelle zu bewegen. Modellprojekten erteilte sie eine klare Absage – und deutete an, notfalls könne der Bund tätig werden, wenn die Länder nicht handelten.

Die rot-schwarz-grüne Landesregierung in Brandenburg sieht sich auf dem Kurs des Bund-Länder-Beschlusses. „Brandenburg setzt die 100er-Notbremse auf Kreisebene um“, teilte Regierungssprecher Florian Engels mit. Hinzu kämen Ausgangsbeschränkungen von 22.00 Uhr bis 5.00 Uhr in der Osterzeit. Das Kabinett wolle am Dienstag über kommunale Modellprojekte beraten.

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Der Ministerpräsident des Saarlands, Tobias Hans (CDU), verteidigte laut Teilnehmerangaben im CDU-Präsidium geplante Öffnungen. Im Saarland würden Testauflagen an die Stelle von Beschränkungen gesetzt. Damit bringe man die Menschen dazu, im Freien getestet zusammenzukommen, statt im Verborgenen ohne Tests und Maßnahmen.

Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann verteidigte geplante Öffnungen in rund 25 Modellkommunen. „Ich befürchte, wir werden mit einem gewissen Infektionsgeschehen in Deutschland leben müssen. Deshalb sind solche Modellversuche, wie ich finde, nicht unvorsichtig oder gar leichtsinnig“, sagte der CDU-Politiker dem Radiosender NDR Info. Niedersachsen will in den Modellkommunen Öffnungen von Geschäften, Außengastronomie, Theatern, Kinos und Fitnessstudios an Schnelltests koppeln. Voraussetzung ist eine stabile Sieben-Tages-Inzidenz von nicht über 200.

Bund und Länder hatten vereinbart, dass bereits umgesetzte Lockerungen der Corona-Regeln wieder zurückgenommen werden müssen, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Land oder einer Region drei Tage lang bei über 100 liegt. Das betrifft Öffnungen des Einzelhandels, von Museen, Zoos oder Sportanlagen. Die Länder hatten diese Regelung jedoch unterschiedlich konsequent umgesetzt.

Zehn Länder haben sich 76 Prozent der Impfdosen gesichert

Von den derzeit weltweit verfügbaren Impfdosen haben sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO zehn Länder der Erde 76 Prozent gesichert. Generalsekretär Tedros Adhanom Ghebreyesus kritisierte die Verteilung von Impfstoff am Montag in Genf und betonte, eine globale Krise brauche globale Antworten. „Die globale Lösung beginnt mit Solidarität.“ Auch der deutsche Entwicklungshilfeminister Gerd Müller sagte bei seinem Besuch bei der WHO: „Das ist nicht die Solidarität, die dieses Virus stoppen wird.“ Afrika und Lateinamerika seien besonders von der Pandemie betroffen „Wir … gewinnen nur, wenn wir die Pandemie weltweit besiegen.“

Laut Müller fehlen für eine weltweite Impfkampagne derzeit 25 Milliarden Euro. Deutschland habe seinen Beitrag dazu zuletzt um 1,5 Milliarden Euro erhöht. Der Minister forderte die Weltgemeinschaft einschließlich der Europäischen Union auf, diese Lücke schnellstmöglich zu füllen. Dieser Appell richte sich auch an die USA, die arabischen Staaten, China und Russland. Die HIV-Krise der 90er Jahre dürfe sich nicht wiederholen. Damals seien die Ärmsten zurückgelassen worden. „Das war nicht nur zutiefst inhuman, sondern das schlägt auch auf uns zurück“, sagte der CSU-Politiker. (rtr)

WHO-Ergebnisse zu Virusursprung
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In ihrem Bericht zur Ex­per­t:in­nen­mis­si­on im chinesischen Wuhan geht die Weltgesundheitsorganisation (WHO) von einer Übertragung des neuartigen Coronavirus auf den Menschen durch ein Zwischenwirt-Tier aus. Von der Fledermaus sei der Erreger „wahrscheinlich bis sehr wahrscheinlich“ auf ein anderes Tier und von diesem schließlich auf den Menschen übergegangen, heißt es in dem WHO-Bericht, der am Montag an die Öffentlichkeit gelangt ist.

Die These, wonach das Virus aus einem Labor entwichen sei, wurde hingegen als „extrem unwahrscheinlich“ bezeichnet. Diese Vermutung zum Ursprung der Pandemie war unter anderem vom früheren US-Präsidenten Donald Trump geäußert worden.

Internationale Ex­per­t:in­nen in verschiedenen Disziplinen wie Zoologie und Epidemiologie hatten im Januar mehrere Wochen nach dem Ursprung der Pandemie gesucht. Dazu reisten sie nach Wuhan, wo Ende 2019 die ersten Corona-Infektionen bei Menschen registriert worden waren. Das Virus breitete sich schnell in aller Welt aus. Mittlerweile wurden bereits mehr als 127 Millionen Ansteckungen nachgewiesen; mehr als 2,78 Millionen Infizierte starben.

Die WHO-Mission war mit einiger Verzögerung gestartet, und auch die Vorstellung des Berichts ließ auf sich warten. Die Nachforschungen nach dem Ursprung der Pandemie sind politisch heikel. Die USA haben auch unter dem neuen Präsidenten Joe Biden wiederholt die Befürchtung geäußert, der WHO-Bericht könne nicht alle Erkenntnisse und Hinweise offenlegen. Peking hebt hingegen hervor, dass die WHO-Mission in Wuhan nur dank Chinas wissenschaftlicher Zusammenarbeit möglich gewesen sei. (afp)

Merkel fordert härteren Kurs von Ländern

Angesichts stark steigender Coronainfektionszahlen fordert Kanzlerin Angela Merkel die Bundesländer kategorisch zu einem härteren Kurs auf. Andernfalls werde sie bundeseinheitliche Regelungen in Erwägung ziehen, sagte Merkel am Sonntag in der ARD-Sendung Anne Will. „Ich werde jedenfalls nicht zuschauen, dass wir 100.000 Infizierte haben.“

Die Kanzlerin bezog sich damit auf eine Warnung des Präsidenten des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, dass die Zahl der täglichen Neuinfektionen ohne harte Maßnahmen auf diese Größenordnung steigen könnten. Merkel rechnet zudem mit einer Testpflicht für Betriebe, weil die Wirtschaft die Selbstverpflichtungen nicht ausreichend umsetze.

„Wir müssen mit großer Ernsthaftigkeit geeignete Maßnahmen einsetzen“, sagte Merkel. Sie zeigte sich sehr unzufrieden mit der Umsetzung der sogenannten „Notbremse“ durch einige Bundesländer. Einige Länder setzten die beschlossenen Verschärfungen nicht voll um.

Kritisch äußerte sie sich auf Nachfrage etwa über das Saarland und Nordrhein-Westfalen und bemängelte die Regelungen in Berlin. Sie kritisierte, dass einige Landesregierungen die beschlossenen Modellregionen mit dem verabredeten vermehrten Testen nicht für die Senkung der Infektionszahlen, sondern für weitere Öffnungsschritte einsetzten.

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Den Vorschlag des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) nach einer weiteren Bund-Länder-Runde wies Merkel zurück. „Wir brauchen im Augenblick keine Ministerpräsidentenkonferenz, sondern wir brauchen Handeln in den Ländern“, betonte sie.

Wenn die Länder nicht in „sehr absehbarer“ Zeit handelten, werde sie überlegen, wie dies bundeseinheitlich geregelt werden könne, fügte die Kanzlerin hinzu. Eine Möglichkeit sei die Änderung des Infektionsschutzgesetzes und ganz spezifisch zu sagen, was in welchen Fall geschehen müsse. „Wir sind verpflichtet qua Gesetz, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Und im Augenblick ist die Eindämmung nicht da.“ Allerdings hängt eine Gesetzesänderung von einer Zustimmung der Länder im Bundesrat ab.

Merkel sagte, sie setze auf Einsicht. Offenbar machten einige sich Illusionen über die Pandemie und die Gefährlichkeit der Virus-Varianten. Als zusätzliche Maßnahmen nannte Merkel etwa weitere Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren. (rtr)

Fast 10.000 Neuinfektionen registriert
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Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 9.872 Neuinfektionen mit dem Coronavirus gemeldet. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 43 neue Todesfälle verzeichnet. Das geht aus Zahlen des RKI vom Montag hervor. Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 7.709 Neuinfektionen und 50 neue Todesfälle verzeichnet.

Der Inzidenzwert ist demnach weiter gestiegen: Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen lag laut RKI am Montagmorgen bundesweit bei 134,4 – und damit erneut höher als am Vortag (129,7).

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Sonntagabend bei 1,17 (Vortag 1,19). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 117 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab; liegt er anhaltend darüber, steigen die Fallzahlen. (dpa)

Söder: Mehr Kompetenzen für Bund

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat im Kampf gegen das Coronavirus für mehr Kompetenzen in Bundeshand geworben. Er habe schon immer gesagt: „Ich hätte mir mehr Kompetenzen des Bundes über das Infektionsschutzgesetz vorstellen können, das die Länder auch zu klaren Regeln zwingt. Ich bin da sehr dafür und offen“, sagte der CSU-Chef in den ARD-Tagesthemen.

Dabei machte Söder auch seinen Unmut über die Coronapolitik in anderen Bundesländern deutlich. Er kritisierte, dass derzeit in einigen Bundesländern viele der Maßnahmen, die man schon beschlossen habe, nicht umgesetzt würden. Viele wendeten die beschlossene Notbremse nicht an oder täten sich schwer in der Umsetzung. Er habe „kein gutes Gefühl dabei“.

Söder appellierte an die anderen Länder, eine nächtliche Ausgangssperre einzuführen – vor allem über die Osterfeiertage. Dies sei rechtlich bundesweit nicht durchsetzbar, sagte Söder. Aber: „Wenn die Kanzlerin die Initiative ergreifen würde, eine Initiative auf nationaler Ebene, Recht zu ändern und klare Vorgaben zu machen, hätte sie meine Unterstützung.“

Einer neuen Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen­kon­fe­renz erteilte Söder eine Absage. „Es bringt nichts, sich beispielsweise auf einer neuen Konferenz zusammenzusetzen und zu lamentieren, sich auszutauschen und am Ende dann doch wieder das zu tun, was jeder für richtig hält“. Wenn eine solche Konferenz Sinn ergeben solle, müsse es „einen einheitlichen Geist geben“.

„Wir brauchen jetzt weniger Flickenteppich als vielmehr eine entschlossene Entscheidung,“ sagte Söder. Er sei „für konsequente und klare Maßnahmen anstatt für ein ständiges Hin und Her.“

Helge Braun: Gefährlichste Phase der Pandemie

Nach Einschätzung von Kanzleramtsminister Helge Braun steckt Deutschland in der gefährlichsten Phase der Pandemie und sollte daher im Lockdown-Modus bleiben. Der CDU-Politiker sagte der „Bild am Sonntag“: „Wenn jetzt parallel zum Impfen die Infektionszahlen wieder rasant steigen, wächst die Gefahr, dass die nächste Virus-Mutation immun wird gegen den Impfstoff“.

Der gelernte Arzt erläuterte die Folgen: „Dann bräuchten wir neue Impfstoffe, dann müssten wir mit dem Impfen wieder ganz von vorne beginnen.“ Die Chance auf einen weitgehend normalen Sommer dürfte nicht dadurch gefährdet werden, dass ein paar Wochen zu früh gelockert würde.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) plädierte am Wochenende in einer Online-Fragerunde mit Bürgern dafür, „noch mal zehn, 14 Tage“ Mobilität und Kontakte herunterzufahren. Der Grünen-Politiker Kretschmann begrüßte Medienberichten zufolge in Stuttgart entsprechende Überlegungen.

Merkel hatte vorher bereits Unterstützung einiger Län­der­che­f:in­nen bekommen. „Es braucht nicht ständig neue Gespräche, sondern die konsequente Umsetzung der Notbremse: Überall in Deutschland muss bei einer Inzidenz über 100 automatisch die Notbremse greifen“, sagte etwa der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) der „Augsburger Allgemeinen“. Auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) forderten erneut wie die Kanzlerin eine harte Linie. (rtr)

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