: Hass im Netz: Der Norden versagt
Studie: Mecklenburg–Vorpommern und Schleswig–Holstein tun wenig
Schleswig-Holstein und Mecklenburg Vorpommern vernachlässigen offenbar den Kampf gegen Hetze im Internet. In der bundesweiten Vergleichsstudie „#KeinNetzfürHass“ teilen sich die beiden Bundesländer den letzten Platz, teilte die Demokratie-Stiftung Campact am Dienstag mit. So hatte keines der Bundesländer einen Landesbeauftragten für Hasskriminalität im Netz. Am besten schnitten die Länder Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen bei der Studie ab. Hamburg landete auf dem fünften Platz. Hessen nahm an der Studie nicht teil.
In Mecklenburg-Vorpommern fehlen Strukturen, die auf die Ermittlung gegen Hass im Netz spezialisiert sind, sagte die Koordinatorin der Studie, Victoria Gulde. Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern suche nicht eigeninitiativ nach strafrechtlich relevanten Äußerungen im Netz. Auch in der Polizeiausbildung fehle die systematische Auseinandersetzung mit dem Thema.
Dafür hebt die Studie die Förderung von Bildungsangeboten für Fachkräfte, Kinder und Jugendliche im außerschulischen Bereich in Mecklenburg-Vorpommern hervor. Viele Einzelmaßnahmen gegen Hassrede im Netz umfasst auch das Projekt „Helden statt Trolle“, das von der Landeszentrale für Politische Bildung und dem Landeskriminalamt verantwortet wird. Für Schleswig-Holstein wird die „Zentralstelle Rassismus, Antisemitismus und Hasskriminalität“ bei der Generalstaatsanwaltschaft positiv in der Studie erwähnt. Zwar arbeiten noch keine Staatsanwälte schwerpunktmäßig an Fällen von Hass im Netz. Für den Bereich Justiz wurde aber bereits eine Person für das Themenfeld beauftragt, hieß es. Die Studie bemängelt aber, dass die Polizei nicht proaktiv nach strafbaren Äußerungen im Netz sucht und dass es keine dauerhafte Ermittlungsgruppe gibt. Feste Ermittlungsgruppen gegen Hass im Netz gibt es bundesweit nur in Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt. Positiv sei außerdem, dass es eine Online-Wache in Schleswig-Holstein gibt, die alle Strafanzeigen entgegennimmt. Anonyme Meldungen oder das Mitsenden von Bilddateien, die das Vergehen dokumentieren, waren jedoch, anders als in etlichen anderen Bundesländern, nach Auskunft des zuständigen Ministeriums in Kiel nicht möglich.
Hassrede im Netz beschreibt Äußerungen, mit denen Menschen auf Internetplattformen beleidigt, abgewertet, bedroht oder angegriffen werden. Die Studie wurde im Auftrag der Demokratie-Stiftung Campact und der Amadeu Antonio Stiftung vom Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) Jena durchgeführt. Berücksichtigt sind Maßnahmen bis zum Sommer 2020. (epd)
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