Atominspektionen im Iran: Länger hinschauen, weniger sehen
Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) darf Irans Nuklearanlagen für weitere drei Monate kontrollieren. Allerdings verliert sie Zugang zu Videoaufnahmen.
Grossi war am Wochenende nach Teheran gereist, um den Spielraum der IAEA-Inspektoren zu bewahren. Iran hatte zuletzt gedroht, den Zugang der IAEA-Inspekteure zu einem Teil seiner Atomanlagen ab diesen Dienstag einzuschränken, wenn die USA ihre Sanktionen gegen Teheran nicht lockern. Grossi sagte nun nach seiner Rückkehr aus Teheran nach Wien, bei seinen Gesprächen sei eine „vorübergehende technische Vereinbarung“ getroffen worden. „Wir haben ein vernünftiges Ergebnis“, sagte Grossi.
Grossi teilte mit, dass die Zahl der IAEA-Inspektoren im Iran gleich bleibt und auch kurzfristige Kontrollen möglich bleiben. Allerdings räumte Grossi ein, dass es „Dinge“ geben werde, die „wir verlieren.“
Nach Angaben der IAEA wird die Organisation vom Iran vorerst keine Aufzeichnungen „zu den Aktivitäten und der Ausrüstung“ in mehreren Anlagen erhalten. Damit bezog sich die IAEA offenbar auf die Aufnahmen von Überwachungskameras. Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif erklärte, dass der IAEA der Zugang zu Aufnahmen ihrer Überwachungskameras in den Nuklearanlagen verwehrt werde. Dies geschehe in Folge eines neuen Gesetzes.
Teheran und Washington streiten um den ersten Schritt
Iran hatte den IAEA-Inspektoren in einem Zusatzprotokoll zu dem Atomabkommen von 2015 auch kurzfristige Kontrollen von Anlagen zugesagt. Ein vom iranischen Parlament im Dezember verabschiedetes Gesetz sieht jedoch vor, dass diese Erlaubnis aufgehoben wird, sollte es bis dahin keine Erleichterungen bei den US-Sanktionen geben. Das Gesetz tritt am Dienstag in Kraft.
Im Rahmen des Zusatzprotokolls „sammelt und analysiert“ die IAEA im Iran „Hunderttausende Bilder, die täglich von ihren hoch entwickelten Überwachungskameras aufgenommen werden“, wie die IAEA 2017 erklärte. Sarif sagte, die iranischen Behörden seien ab jetzt gesetzlich verpflichtet, die „Bänder dieser Kameras nicht zur Verfügung zu stellen“. Die IAEA werde ganz sicher keine Aufnahmen dieser Kameras erhalten, stellte er klar. Ob damit auch deren totale Abschaltung gemeint ist, blieb fürs erste offen. Sarif sagte, dies sei eine „technische Entscheidung“, keine politische.
Es gibt 18 Nuklearanlagen sowie neun andere Orte im Iran, die Schutzbestimmungen der IAEA unterliegen. Die IAEA habe künftig zwar „weniger Zugang“ zu den Atomanlagen, so Grossi. Die Vereinbarung ermögliche es ihr aber, „das notwendige Maß an Kontrollen und Verifikationsarbeiten beizubehalten“. Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sagte dem staatlichen Sender Press TV, aufgrund der Vereinbarung könne die IAEA weiterhin verifizieren, „dass das iranische Nuklearprogramm friedlich bleibt“.
Die Nuklearvereinbarung soll den Iran am Bau von Atomwaffen hindern. Der frühere US-Präsident Donald Trump verwarf die unter seinem Vorgänger Barack Obama ausgehandelte Vereinbarung jedoch als völlig unzulänglich und kündigte sie 2018 auf. Danach ließ Trump eine Serie von Sanktionen gegen den Iran verhängen, unter denen die Wirtschaft des Landes massiv leidet. Teheran hat sich seinerseits seither schrittweise von seinen Verpflichtungen aus dem Abkommen zurückgezogen.
Der neue US-Präsident Joe Biden hat sich bereit erklärt, zu dem Atomabkommen zurückzukehren. Derzeit streiten Washington und Teheran jedoch darum, wer den ersten Schritt tun soll. Der Iran macht die Aufhebung von US-Sanktionen zur Vorbedingung dafür, dass das Land sich wieder in vollem Umfang an das Abkommen hält. Die neue US-Regierung wiederum verlangt, dass Teheran die Vereinbarung wieder einhält, bevor Strafmaßnahmen aufgehoben werden.
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