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Virusmutationengreifen schnell um sich

Britische Variante macht bereits 22 Prozent der Infektionen aus. Zahl der neuen Fälle stagniert

Von Malte Kreutzfeldt

Die deutlich infektiösere Virusmutation, die zuerst in Großbritannien aufgetreten ist, breitet sich in Deutschland schneller aus als gedacht. In der vergangenen Woche entfielen laut Robert-Koch-Institut bereits rund 22 Prozent der Infektionen auf diese Variante. Zwei Wochen zuvor lag dieser Wert noch bei 5,8 Prozent. Der Anteil hat sich damit jeweils innerhalb von einer Woche verdoppelt. „Wir müssen damit rechnen, dass die Variante auch bei uns die dominierende Variante werden könnte“, kommentierte Gesundheitsminister Jens Spahn den Anstieg am Mittwoch.

Und dann könnte sich der bisherige Rückgang der Neuinfektionen schon bald wieder in einen Anstieg umkehren. Denn wenn man die Anteile der britischen Mutation auf die Zahl der Neuinfektionen in der jeweiligen Woche bezieht, zeigt sich auch in absoluten Zahlen ein starker Anstieg von rund 4.700 auf rund 11.100 Infektionen innerhalb von zwei Wochen. Schon bei gleichbleibenden Maßnahmen würde der Anstieg bei den Mutationsinfektionen also den Rückgang bei den Infektionen mit dem Standardvirus schon bald wettmachen.

In den letzten Wochen war die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Deutschland kontinuierlich gesunken – von im Wochenmittel über 20.000 Fällen pro Tag Mitte Januar auf aktuell nur noch 7.200. In den letzten drei Tagen stagniert der 7-Tage-Mittelwert allerdings. Inwieweit dies bereits an der Ausbreitung der Mutationen liegt und inwieweit Sondereffekte durch das Extremwetter in der vergangenen Woche eine Rolle spielen, ist schwer zu sagen. Auffällig ist bei der britischen Variante die regionale Verteilung: Eine extreme Häufung der Fälle findet sich laut RKI im Norden Bayerns nahe der tschechischen Grenze. Weil die Mutation in Tschechien stark verbreitet ist, hat Deutschland den Grenzverkehr eingeschränkt (siehe Seite 3).

Einen Anstieg gibt es offenbar auch bei der Virusmutation, die zuerst in Südafrika aufgetreten ist. Diese bringt – anders als die britische Variante – zusätzlich das Problem mit sich, dass die bisherigen Impfstoffe bei ihr schlechter wirken (siehe links). Hierzu finden sich im RKI-Bericht widersprüchliche Angaben: Bei der Untersuchung mittels spezieller PCR-Tests fanden sich nur in 0,4 Prozent der Proben sichere Hinweise auf die Mutation. Bei einer weiteren, freiwilligen Erfassung von Gen-Sequenzierungen und PCR-Tests fand sich die südafrikanische Mutante dagegen in 1,3 Prozent der Fälle. Dabei waren die Proben aber teilweise vorselektiert.

Angesichts der Ausbreitung der Mutationen gibt es immer mehr Warnungen davor, den Lockdown zu schnell zu lockern. So appellierte Frank Wappler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin, diese nur mit „viel Vorsicht“ einzuleiten. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte auf Twitter, der Lockdown „reicht gerade, um die Ursprungsvariante zu bremsen“. Durch die Mutationen drohe ein erneuter Anstieg.