Trumps Freispruch spaltet Republikaner

Der Ausgang des Impeachment-Verfahrens bringt einen offenen Machtkampf der US-Republikaner*innen. Anti-Trump-Kräfte sind gestärkt, doch der Trumpismus bleibt mächtig

Stellt sich nun gegen Donald Trump, auch wenn er gegen seine Amtsenthebung stimmte: der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell am Samstagabend bei der Abstimmung Foto: Ting Shen/ZUMA Wire/imago

Von Bernd Pickert

Das Ende des zweiten Impeachmentverfahrens gegen Ex-Präsident Donald Trump bedeutet gleichzeitig den Anfang eines offenen Machtkampfs innerhalb der Republikanischen Partei. Das wurde nach der Abstimmung am Samstagabend klar, bei der sieben republikanische Se­na­to­r*in­nen mit allen 50 De­mo­kra­t*in­nen dafür gestimmt hatten, Trump wegen seiner Rolle beim Sturm eines gewalttätigen Mobs auf das Kapitol am 6. Januar der „Anstiftung zum Aufruhr“ schuldig zu sprechen. Eine Verurteilung mit zwei Dritteln der Stimmen hätte eine zweite Abstimmung möglich gemacht, um Trump zukünftig die Ausübung öffentlicher Ämter zu untersagen. Doch dazu kam es nicht – es fehlten zehn Stimmen.

Für die größte Überraschung sorgte direkt danach der republikanische Fraktionschef Mitch McConnell. Der hatte schon am Morgen per Mail mitgeteilt, dass er für Freispruch stimmen werde. Das tat er dann auch – nur um sich im Anschluss die gesamte Argumentation der Anklage zu eigen zu machen.

Genau wie es zuvor über viele Stunden die An­klä­ge­r*in­nen getan hatten, warf McConnell Trump vor, monatelang Lügen und Verschwörungstheorien über den Wahlausgang verbreitet und seine An­hän­ge­r*in­nen zu diesem Punkt gebracht zu haben, an dem sie gewaltsam das Kapitol stürmten. Auch dann habe Trump versagt, indem er nichts dafür getan habe, den Angriff zu beenden. Genau das hatten die An­klä­ge­r*in­nen mit vielen Beweisen als Argument für die Verurteilung angeführt. Lediglich seine Überzeugung, dass ein Impeachmentverfahren gegen einen Präsidenten, der gar nicht mehr im Amt ist, nicht zulässig sei, habe sein Stimmverhalten geleitet, sagte McConnell.

Für die Zukunft der Republikanischen Partei wird die Rede McConnells, des einflussreichsten Republikaners in Washington, von größter Bedeutung sein. Denn während das Zuständigkeitsargument allen Re­pu­bli­ka­ne­r*in­nen einen argumentierbaren Grund gab, gegen Trumps Verurteilung zu stimmen, ohne sich zu den Vorwürfen gegen Trump überhaupt zu positionieren, hat McConnell jetzt den Ton gesetzt, um die Partei von Trump zu verabschieden.

Das aber wird ein Kampf. Von den sieben, die für „schuldig“ votierten, sind einige, wie Lisa Murkowski, Mitt Romney oder Susan Collins, schon länger erklärte Trump-Gegner*innen. Die anderen vier jedoch gerieten sofort unter Feuer ihrer Parteiorganisationen. Pat Toomey aus Pennsylvania etwa, 2010 gefördert von der rechten Tea-Party-Bewegung zum Senator gewählt, sieht sich heftigen Angriffen seiner Partei ausgesetzt. „Ich teile die Enttäuschung vieler unserer Grassroots-Aktivisten und Freiwilligen über Senator Toomeys heutiges Stimmverhalten“, schrieb Lawrence Tabas, Republikaner-Chef von Pennsylvania. Das Verfahren sei eine „verfassungswidrige Zeitverschwendung“ gewesen.

Auch Richard Burr, republikanischer Senator aus North Carolina, tritt 2022 nicht mehr an. Er war der einzige Senator, der am Dienstag dafür stimmte, das Verfahren für verfassungswidrig zu erklären, am Samstag aber dennoch mit „schuldig“ votierte. „Schockierend und enttäuschend“ sei dieses Stimmverhalten, schrieb der Republikanerchef aus North Carolina dazu.

Und Senator Bill Cassidy, ein konservativer Republikaner aus Louisiana, wurde gar in einer offiziellen Stellungnahme seiner Partei kritisiert: „Wir verurteilen aufs Schärfste das Stimmverhalten von Senator Cassidy, den früheren Präsidenten Trump zu verurteilen. Zum Glück behielten klarere Köpfe die Oberhand und Präsident Trump wurde freigesprochen.“ Ähnliche Zurückweisung seiner Partei erfuhr der siebte Abweichler, Senator Ben Sasse aus Nebraska.

Fraktionsvorsitzender McConnell hat den Ton gesetzt, um die Partei von Trump zu verabschieden

Der linke Filmemacher Michael Moore kommentierte, 15 Prozent der republikanischen Se­na­to­r*in­nen hätten für die Verurteilung gestimmt, damit sei der Riss in der Partei nicht mehr zu kitten. Wohin es aber geht, bleibt ein offener Machtkampf. McConnell hat in seiner Rede dem Trumpismus, den er selbst vier Jahre lang als Mehrheitsführer des Senats gestützt und geschützt hat, eine klare Absage erteilt. Damit stellt er sich eindeutig gegen Senatskollegen wie Ted Cruz aus Texas oder Rand Paul aus Kentucky, die als Sprachrohre des Trumpismus Führungsrollen in der Partei anstreben.

Im Versuch, die Senatsnachwahlen in Georgia zu gewinnen und damit seinen Job als Mehrheitsführer zu retten, hatte sich McConnell schon nach der Zertifizierung der Wahlleutestimmen am 14. Dezember gegen Trump gestellt und Joe Bidens Wahlsieg anerkannt. Jetzt legt er nach – aber das kann seine Rolle festigen oder aber das Ende von McConnells Karriere einleiten.

Für den Ausgang des Machtkampfs wird es wichtig sein, wie die emotional sowie politisch sehr starken Ausführungen der Anklage auf die US-Öffentlichkeit gewirkt haben. Denn auch den De­mo­kra­t*in­nen war klar, dass die Chancen für eine Verurteilung denkbar gering waren – ihre Plädoyers waren mindestens auch, wenn nicht gar vor allem, an die Öffentlichkeit gerichtet. Zu Recht stellten sie die Beziehung zwischen der Lüge des „Wahlbetrugs“ und dem gewalttätigen Mob her, der das Kapitol stürmte. Ja, sie setzten letztlich beides gleich – und argumentierten damit natürlich nicht nur gegen Trump, sondern auch gegen jene Abgeordneten und Senator*innen, die noch am 6. Januar die Auszählung der Wahlleutestimmen durch immer neue Einsprüche zu verhindern suchten.

Trump selbst ließ am Samstag lediglich verlauten, das Verfahren sei „eine neue Phase der größten Hexenjagd in der US-amerikanischen Geschichte“ gewesen. „Unsere historische, patriotische und schöne Bewegung, Amerika wieder großartig zu machen, hat jetzt erst angefangen“, fügte Trump hinzu. Man werde bald wieder von ihm hören.

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