Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Allergisch gegen Brüsseler Spitzen

Horst Seehofer findet die Kritik an Grenzkontrollen unzulässig. Und Philosoph Julia Nida-Rümelin würde lieber zuerst Museen statt Friseursalons öffnen.

Auf einer winterlichen Straße parkt ein Polizeifahrzeug, Auf der Fahrbahn sind rote Warnschilder platziert

An der bayerisch-tschechischen Grenze bei Schirnding Foto: dpa

Zahl der Coronaneuinfektionen erneut gesunken

Die Zahl der Coronaneuinfektionen in Deutschland ist erneut gesunken. Die Gesundheitsämter meldeten dem Robert Koch-Institut (RKI) 8354 neue Fälle binnen 24 Stunden und damit 1506 weniger als am Vortag. Außerdem wurden 551 neue Todesfälle innerhalb von 24 Stunden verzeichnet, fünf weniger als tags zuvor, wie aus Zahlen des RKI vom Samstag hervorgeht. Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner – die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz – sank dem RKI zufolge auf 60,1, nachdem es am Vortag noch 62,2 waren. (rtr)

Seehofer weist Kritik zurück

Während sich Grenzer in Bayern und Sachsen auf verschärfte Einreisekontrollen vorbereiten, hat Innenminister Horst Seehofer Kritik daran undiplomatisch zurückgewiesen. „Jetzt reicht's!“, sagte der CSU-Politiker nach Lockerungsforderungen aus Brüssel der Bild-Zeitung. Die EU habe bei der Impfstoffbeschaffung „genug Fehler gemacht“. „Die EU-Kommission sollte uns unterstützen und nicht durch wohlfeile Hinweise Knüppel zwischen die Beine werfen.“ Deutschland hatte aus Angst vor ansteckenderen Varianten des Coronavirus strenge Regeln für die Einreise aus bestimmten Gebieten verhängt. Am Sonntag sollen sie in Kraft treten.

Dann dürfen aus Tschechien und weiten Teilen des österreichischen Bundeslandes Tirol nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gibt es für Ärzte, Kranken- und Altenpfleger sowie für Lastwagenfahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte. Tschechien und Tirol gelten als Gebiete, in denen die ansteckenderen Virusvarianten besonders verbreitet sind.

Die mutierten Viren werden sich nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) auch in Deutschland mehr und mehr ausbreiten. Man versucht dies zwar zu verlangsamen, doch immer wieder werden Ausbrüche gemeldet, wie etwa am Samstag aus dem Landkreis Landsberg am Lech, wo „im Umfeld eines Großbetriebs“ die südafrikanische Virusvariante um sich greift.

Die EU-Kommission hatte Deutschland aufgefordert, bei den neuen Einreisebeschränkungen Ausnahmen etwa für Berufspendler zu gewähren. Nach derzeitigem Stand könnten viele der rund 45 000 in Deutschland sozialversicherungspflichtig Beschäftigten davon betroffen sein, die nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) zuletzt ihren Wohnsitz in Tschechien oder Österreich hatten. Nach der jüngsten BA-Statistik von Ende Juni arbeiteten allein in Bayern 22 000 Tschechen und 9600 Österreicher – vor allem im verarbeitenden Gewerbe.

Auch der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter hatte sich empört gezeigt. Dies würde tausenden Tirolern, die zur Arbeit nach Bayern pendelten, das Arbeiten unmöglich machen. Grenzüberschreitendes gemeinsames Arbeiten und Wirtschaften komme so gut wie zum Erliegen. (dpa)

Coronanotstand in Tschechien läuft aus

In Tschechien blieb am Wochenende die Unsicherheit groß, wie es mit den Schutzmaßnahmen gegen das Coronavirus weitergeht. In der Nacht zum Montag läuft der Ausnahmezustand aus, dessen Verlängerung das Parlament abgelehnt hatte. An ihn knüpfen sich Teile des Lockdowns wie Geschäftsschließungen und die nächtliche Ausgangssperre, nicht aber die allgemeine Maskenpflicht. Die Regierung war in Gesprächen mit den Präsidenten der Verwaltungsregionen, die das Kabinett angesichts der hohen Infektionszahlen um einen neuerlichen Notstand ersuchen könnten.

Ein renommierter Verfassungsrechtler äußerte sich skeptisch zu einer solchen Lösung: „Wenn das Parlament dafür gestimmt hat, dass wir nicht mehr im Notstand leben werden, und man ihn gleich wieder ausruft, dann ist das ein absoluter Verstoß gegen die Verfassung“, sagte der Jurist Jan Kysela der Zeitung Pravo. Der Biologe Jaroslav Flegr warnte indes vor 20 000 zusätzlichen Toten bei einer unkontrollierten Öffnung des Landes.

Besonders dramatisch bleibt die Situation in den drei Hotspots Cheb (Eger), Sokolov und Trutnov, die von der Außenwelt weitgehend abgeriegelt wurden. Die Polizei kontrolliert an den Zufahrtsstraßen und wies bisher mehr als 500 Menschen ab, die hinein- oder herauswollten. Auf der Autobahn D6 kam es wegen der Kontrollen, von denen auch der Transitverkehr betroffen ist, zu kleineren Staus.

Das Gesundheitsministerium in Prag meldete am Samstag 8782 neue Coronafälle innerhalb von 24 Stunden. Seit Pandemiebeginn gab es mehr als eine Million bestätigte Infektionen und 18 058 Todesfälle. Der EU-Mitgliedstaat hat rund 10,7 Millionen Einwohner. (dpa)

Demo für Unterbringung von Obdachlosen in Hotels

Mehrere Hundert Menschen haben am Samstag in Hamburg für eine Unterbringung von Obdachlosen in Hotels demonstriert. Es dürfe nicht sein, dass die Stadt während der Coronapandemie obdachlose Menschen in Sammelunterkünften unterbringe, während die Hotels der Stadt im Lockdown leer stünden, sagten Redner bei der Kundgebung auf dem Jungfernstieg. 13 Menschen seien in diesem Winter bereits ums Leben gekommen, weil sie trotz eisiger Kälter im Freien übernachtet hätten, hieß es. Auf Plakaten war „#OpenTheHotels“ und „DREIZEHN“ zu lesen. Zu der Kundgebung aufgerufen hatte das linke Bündnis „Wer hat, der gibt“. Laut Polizei nahmen etwa 200 Menschen daran teil. (dpa)

Demo vor Schlachthof in Husum

Mehrere Tierrechtler haben am Sonnabend vor dem Danish Crown-Schlachthof in Husum (Kreis Nordfriesland) gegen die Fleischindustrie und für die dauerhafte Schließung des Schlachthofes demonstriert. Die Mitglieder des Bündnisses „Gemeinsam gegen die Tierindustrie“ entrollten Transparente mit Aufschriften wie: „Profite auf Kosten von Mensch und Tier sind nicht systemrelevant“ und „Schluss mit Akkordarbeit und Lohndumping“, wie das Bündnis mitteilte.

In den vergangenen Monaten sei es wiederholt zu Corona-Ausbrüchen bei Betrieben von Danish Crown gekommen, sagte Franziska Klein von der Aktionsgruppe. „Wenn hier der Infektionsschutz weiter vernachlässigt wird und wenn die Profite über der Gesundheit der Beschäftigten und ihrer Familien stehen, kann es nur eine Möglichkeit geben: Der Betrieb muss dauerhaft geschlossen werden.“

Das Bündnis kritisiert nach eigenen Angaben zudem, dass am Standort Husum Arbeiterinnen und Arbeiter weiter über Vertragsfirmen beschäftigt seien, obwohl Werkverträge in der Fleischindustrie seit Anfang des Jahres verboten sein sollten. „Und jetzt lesen wir in Stellungnahmen des Landkreises Nordfriesland, dass mehr als ein Drittel der Beschäftigten in Husum offiziell für Subunternehmen und externe Dienstleister arbeiten.“ Mit der Ausbeutung in den Fleischbetrieben müsse endlich Schluss sein, forderte das Bündnis.

Nach einem Corona-Ausbruch im Husumer Betrieb des Schlachtkonzerns hatten sich den Angaben zufolge mindestens 99 Menschen mit dem Coronavirus infiziert. Mehrere Hundert Menschen sind in Quarantäne. Der Inzidenzwert im Landkreis Nordfriesland habe sich durch den Ausbruch binnen weniger Tage auf knapp 100 Fälle je 100.000 Einwohner mehr als verdoppelt, hieß es. Das Landratsamt habe eine Schließung des Schlachthofs bis zum Sonntag (14. Februar) verfügt. (epd)

Fünf Todesfälle nach Corona-Infektionen

In einem Seniorenzentrum in Emstek (Landkreis Cloppenburg) sind fünf Bewohner im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben. Sie hatten die Erst- und Zweitimpfung gegen das Virus erhalten, wie am Samstag ein Sprecher des Landkreises sagte. Die zweite Impfung habe es am 18. und 19. Januar gegeben. Der Sprecher wies darauf hin, dass sich der vollständige Schutz gegen Covid-19 erst zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis entwickele. Eine Infektion mit dem Virus sei trotz Impfung weiterhin möglich.

Durch die Impfung solle in diesem Fall die Vermehrung der Viren reduziert und ein Ausbruch verhindert werden. „Das Immunsystem der Bewohner ist oftmals durch das Alter und eventuelle Vorerkrankungen geschwächt“, sagte der Sprecher weiter. – Zuerst hatte der Norddeutsche Rundfunk berichtet. Von der Senioreneinrichtung gab es zunächst keine Stellungnahme.

Am 2. Februar gab es einen Reihentest im Stammhaus mit 93 Teilnehmern. Dabei seien 3 Mitarbeiter und 15 Bewohner positiv auf das Coronavirus getestet worden. Einen Tag später, am 3. Februar, seien im Erweiterungsbau des Heimes insgesamt 79 Mitarbeiter und Bewohner getestet worden – alle Testergebnisse seien negativ gewesen.

Einen Zusammenhang zwischen Covid-Ausbrüchen in einem Cloppenburger Krankenhaus und dem Seniorenzentrum sehe man derzeit nicht, hieß es weiter. Keiner der jetzt positiven Bewohner war zum Zeitpunkt des Ausbruches in dem Krankenhaus. (dpa

Nida-Rümelin kritisiert Öffnung der Friseursalons

Der Münchner Philosoph und Risikoethiker Julian Nida-Rümelin hat kein Verständnis dafür, dass Friseursalons vor den Museen wieder öffnen dürfen. Die Politik schaue hier zu wenig darauf, wo eigentlich die Risiken liegen, sagte der frühere Kulturstaatsminister am Samstag im RBB-Inforadio: „Große Museen mit riesigen Räumen und bester Klimaanlage stehen leer.“ Ob diese Bedingungen gefährlicher seien, als der Besuch beim Friseur, sei mindestens zweifelhaft, kritisiert Nida-Rümelin.

Auch das Argument mit der Würde falle der Politik angesichts der aktuellen Coronamaßnahmen sofort wieder auf die Füße, sagte der Wissenschaftler, der an der Ludwig-Maximilians-Universität München lehrt und Mitglied des Deutschen Ethikrates ist: „Es gehört auch zur Würde des Menschen, seine Religion ausüben zu können und das ist aktuell unterdrückt.“

Bund und Ländern hatten sich diese Woche darauf verständigt, trotz des verlängerten Lockdowns bis mindestens 7. März Friseursalons schon ab dem 1. März wieder die Öffnung zu ermöglichen. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) begründete die Entscheidung damit, das Recht auf eine anständige Frisur sei eine Frage der Würde. (epd)

AstraZeneca erprobt Impfstoff bei Kindern und Jugendlichen

Die Universität Oxford hat eine erste Erprobung ihres gemeinsam mit dem Pharmakonzern AstraZeneca entwickelten Corona-Impfstoffs bei Kindern eingeleitet. Die neue Mid-Stage-Studie soll Wirksamkeit und Sicherheit des Vakzins bei Kindern und Jugendlichen im Alter von sechs bis 17 Jahren untersuchen, wie die Universität mitteilt. Sie umfasse etwa 300 freiwillige Teilnehmer. Die ersten Impfungen solle es noch in diesem Monat geben. (rtr)

Bisher 27,59 Millionen Infizierte in den USA

Die Zahl der bestätigten Corona-Infektionen in den USA steigt binnen 24 Stunden um mindestens 98.429 auf 27,56 Millionen. Das geht aus einer Reuters-Erhebung auf Basis offizieller Daten hervor. Die Zahl der Todesfälle in Verbindung mit dem Virus erhöhte sich um mindestens 5444 auf 481.258. (rtr)

China meldet Rückgang der Coronaneuinfektionen

Die Zahl sei von zwölf auf acht gesunken, wie die Nationale Gesundheitskommission am Samstag mitteilte. Dabei handele es sich ausschließlich um importierte Fälle. Im Januar gab es in der Volksrepublik den größten Ausbruch seit März 2020, der sich zunächst auf die nordöstliche Provinz Hebei konzentrierte, die die Hauptstadt Peking umgibt. Danach breiteten sich die Infektionen auf die nordöstlichen Provinzen Heilongjiang und Jilin aus. Die Daten der vergangen Tage deuten jedoch darauf hin, dass China die Lage in den Griff bekommen hat – rechtzeitig zum Chinesischen Neujahrsfest. (rtr)

Zuschauertief für „Mainz bleibt Mainz“

Trotz der Coronapandemie mussten Fans der Fernsehfastnacht „Mainz bleibt Mainz“ in diesem Jahr nicht auf den Klassiker verzichten, jedoch schalteten so wenige Menschen ein wie nie zuvor. Im Schnitt 5,07 Millionen Zuschauer verfolgten die fast dreistündige Sendung, was dem Ersten einen Marktanteil von 16,4 Prozent einbrachte. „Mit diesem Ergebnis sind wir angesichts der besonderen Bedingungen sehr zufrieden“, bilanzierte der federführende Südwestrundfunk (SWR) am Samstag. „Es war der ARD und dem SWR wichtig, die „Mutter aller Fernsehsitzungen“ trotz Pandemie nicht ausfallen zu lassen.“ (dpa)

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