Deutsche Reaktionen zu USA-Eklat: Merkel „wütend“ und „traurig“

In der deutschen Politik herrscht Entsetzen über den Sturm auf das Kapitol. Das Auswärtige Amt hält auch die Republikaner für verantwortlich.

Trump Anhänger stürmen das Capitol

Chaos in Washington: Trump Anhänger stürmten am Mittwoch das Kapitol Foto: Shannon Stapleton/reuters

BERLIN taz | Kanzlerin Angela Merkel, das Auswärtige Amt und AußenpolitikerInnen fast aller Parteien äußern sich entsetzt über die Ereignisse in Washington. Das deutsche Außenministerium sieht die Verantwortung nicht nur beim noch amtierenden US-Präsidenten Donald Trump, sondern auch bei der Republikanischen Partei.

„Nicht nur der Präsident, auch die Republikanische Partei, die ihm bis zuletzt gefolgt ist, trägt eine Verantwortung für diese tiefgreifende Krise“, sagte Niels Annen, SPD-Staatsminister im Auswärtigen Amt, am Donnerstag der taz. Die Ereignisse in Washington versinnbildlichten auf tragische Weise die Essenz der Präsidentschaft von Donald Trump, betonte Annen. „Seine Verachtung für den demokratischen Prozess hat das Land tief gespalten und an den Rand des Chaos geführt.“

Annen nannte den Angriff von Trump-AnhängerInnen auf das Kapitol „erschreckend“. Trumps Weigerung, den Wahlsieg von Joe Biden zu akzeptieren, sei „ein Angriff auf das Herz der amerikanischen Demokratie, von dem sich Populisten und Autokraten auf der ganzen Welt ermutigt fühlen werden.“

Auch die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter, über die Trump bis zum Schluss fast ungehindert seine Lügen habe verbreiten können, müssten sich fragen lassen, ob sie ihrer Verantwortung gerecht geworden seien. Annen betonte, die Ereignisse zeigten, wozu die Verachtung demokratischer Prinzipien führen könne, nicht nur in den USA. „Wir sollten uns daran erinnern, dass es noch nicht lange her ist, dass Rechtsradikale, ermutigt von der AfD, in den Bundestag eingedrungen sind.

„Dem Autoritären überall entgegentreten“

Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) machte den abgewählten US-Präsidenten für die Ausschreitungen am und im Kapitol verantwortlich. Trump habe „bedauerlicherweise“ seine Niederlage bei der Wahl im November nach wie vor nicht eingestanden, sagte Merkel. „Das hat die Atmosphäre bereitet, in der dann auch solche Ereignisse, solche gewalttätigen Ereignisse, möglich sind“, sagte die Kanzlerin. „Diesen Zusammenhang sehe ich.“ Die Bilder aus Washington hätten sie „wütend und auch traurig“ gemacht.

Wütende Trump-AnhängerInnen hatten am Mittwochabend das Kapitol, den Sitz des US-Kongresses in Washington, gestürmt. Stundenlang randalierten sie vor und in dem Gebäude, ehe die Sicherheitskräfte die Lage unter Kontrolle bekamen. Eine Frau kam ums Leben, nachdem auf sie geschossen wurden, wie die Polizei mitteilte. Die genauen Umstände blieben zunächst unklar. Drei weitere Menschen starben den Angaben zufolge an medizinischen Komplikationen.

Der Linkspartei-Außenpolitiker Stefan Liebich sah wie Annen die Verantwortung nicht nur bei Trump. „Die Erstürmung des Kongresses durch Kriminelle und deren Aufstachelung dazu, hat Donald Trump direkt zu verantworten. Aber dass es soweit kommen konnte, liegt auch an der Partei der Republikaner, die ihn seit Jahren getragen, gestützt und toleriert haben, aber auch an US-Medien wie Fox News, die die Spaltung der Gesellschaft vorangetrieben haben“, sagte Liebich der taz.

Weckruf für die Republikaner

Auch PolitikerInnen in aller Welt und in Deutschland, die in den letzten Jahren bei Trumps Gebaren weggeschaut und „Business as usual“ betrieben hätten, „haben ihren Beitrag dazu geleistet.“ Liebich betonte: „Die Lehre kann nur sein, dem Autoritären überall entgegenzutreten.“

Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour hoffte, dass die Ereignisse als Weckruf wirken könnten. „Die Bilder aus DC sind schockierend. Hoffentlich wirken sie als finaler Weckruf für die republikanische Partei, sich von Trump abzusetzen.“ Der Scheideweg heiße nun Trump oder Demokratie, sagte Nouripour der taz am Donnerstag. „Seine Gewaltaufrufe wirken zersetzend, wenn sich ihm die beiden großen Parteien nicht klar entgegenstellen.“

Nouripour sagte mit Blick auf die Zeit nach der Amtsübernahme von Joe Biden: „Wir haben alle in den letzten vier Jahren lernen müssen, bei Trump nichts auszuschließen. Das gilt für ihn auch ohne ein öffentliches Amt.“

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