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Niedrige Milch- und FleischpreiseDie Angst vor den Billigimporten

Mehr Tierschutz würde Frischmilch und -fleisch aus Deutschland im Preiswettbewerb benachteiligen, sagen Landwirte. Eine berechtigte Angst?

Protest gegen den Preisdruck der Discounter im Dezember in Barmstedt Foto: dpa

Berlin taz | Die beiden größten deutschen Discounter kaufen Frischmilch und -fleisch hauptsächlich hierzulande ein. „Unsere Frischmilch wird fast ausschließlich in Deutschland produziert und verarbeitet“, teilte Lidl der taz auf Anfrage mit. „Den überwiegenden Anteil beziehen wir von Lieferanten, die hierzulande ansässig sind“, schrieb Aldi. Der Discounter kündigte nun sogar an, seine konventionelle und Bio-Frischmilch nur noch aus deutscher Landwirtschaft beziehen.

Auch das Frischgeflügel und anderes Frischfleisch stamme „zu fast 100 Prozent aus Deutschland“, so Lidl. „Mehr als 90 Prozent der von uns verkauften Frischfleischprodukte und rund 80 Prozent der Wurstwaren stammen ebenfalls aus deutscher Erzeugung“, erklärte Aldi.

Bei Obst- und Gemüse liege „der Anteil von Artikeln aus deutschem Anbau am Gesamtsortiment, soweit saisonal möglich, bei über 50 Prozent“, schrieb Lidl. Aldi gab hier nur an, „wo immer möglich“, diese Waren in Deutschland zu kaufen.

Der Selbstversorgungsgrad Deutschlands ist bei Obst und Gemüse geringer als etwa bei Milch und Fleisch, weil die Ernte schnell verderblicher pflanzlicher Produkte wegen des Klimas hierzulande nur während weniger Monate möglich ist.

Unklarheit bei der Herkunft der Rohstoffe

Deutsche Bauern behaupten vermehrt, billigere Lebensmittelimporte würden ihre eigenen Produkte verdrängen. Der bei seinen Berufskollegen wegen seiner Videoposts sehr beliebte Landwirt Christian Lohmeyer behauptete etwa bei Facebook: „In unseren Läden stapeln sich zunehmend chinesische Lebensmittel - während wir Bauern die Quadratur des Kreises im Umwelt- und Tierschutz vollbringen sollen!“ Auch deshalb lehnen sie schärfere Umwelt- und Tierschutzvorschriften ab, die ihre Produktionskosten erhöhen würden. Der Deutsche Bauernverband fordert eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung.

Die Discounter machten aber keine Angaben dazu, woher die Rohstoffe von in Deutschland hergestellten Nahrungsmitteln kommen. Der Verband Freie Bauern und eine unabhängige Gruppe von Landwirten hatten vor kurzem beim weltgrößten Fertigpizza-Hersteller, Freiberger, in Berlin gegen den Preisdruck demonstriert, den die Branche durch „Verwendung billigster Rohstoffe aus dem Ausland gegen die heimische Landwirtschaft ausübt“. Freiberger ist eine Tochterfirma des Südzucker-Konzerns, einer Genossenschaft von Bauern. In deren Aufsichtsrat sitzt auch der Präsident des Bauernverbands, Joachim Rukwied.

Zahlen zur Herkunft der Rohstoffe waren weder bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung noch beim Statistischen Bundesamt zu bekommen. Allerdings produzieren die deutschen Bauern laut Statistik rechnerisch gesehen schon jetzt rund 90 Prozent der Lebensmittel, die hierzulande verbraucht werden. Der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch liegt bei 120 Prozent und bei fast allen Milcherzeugnissen ebenfalls bei über 100 Prozent.

Die Sorge ist sehr prinzipiell

2019 bezogen deutsche Molkereien nur 695.000 Tonnen Kuhmilch aus anderen EU-Ländern, wie Zahlen des Branchendienstes ZMB zeigen. Das entspricht 2 Prozent der gesamten Milchanlieferungen. Gegenrechnen müsste man sogar noch die Mengen die deutsche Bauern an ausländische Molkereien liefern. Vor Importen von außerhalb der EU schützt die Europäische Union ihre wichtigsten Agrarmärkte durch hohe Zölle.

Auch Reinhard Jung, Pressesprecher der Freien Bauern, schätzt, „dass die allermeisten in Deutschland verbrauchten Agrarrohstoffe aus Deutschland kommen (schon um Transportkosten zu sparen)“. Aber die Verwendung ausländischer Billigprodukte brauche keine relevante Größenordnung zu erreichen, um den deutschen Bauern zu schaden. „Allein die Tatsache, dass sie erfolgt und jederzeit beliebig ausgedehnt werden kann, reicht aus, um die Preise für uns massiv zu drücken. Mit einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung wäre die beliebige Ausdehnbarkeit (so der Verbraucher mitspielt) erheblich eingeschränkt“, schrieb Jung der taz.

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51 Kommentare

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  • Verbindliche Tierschutzgesetze (ohne absurd lange Übergangsfristen) würden Fleisch und Milch in der Tat so verteuern, dass sich auch der überhöhte Konsum über den Preis regelt - der Gesundheit und dem Klima zuliebe.



    Dass man, da diese Gesetze nicht weltweit gelten würden, nicht am Freihandel festhalten kann, muss ebenso klar sein. Importe aus Tierquälerei und Urwaldrodung muss man ebenso unterbinden können wie Importe aus Kinderarbeit und Ausbeutung.

  • Bundeshaushalt 2021:



    Militärausgaben: 47.000.000.000 € (ca. 9,4%)



    Zuschüsse zur Förderung des ökologischen Landbaus und anderer Formen nachhaltiger Landwirtschaft:



    33.380.000 € (0,006%)

    Vielleicht sollte hier mal angesetzt und über die Verhältnismäßigkeit dieser Differenz gesprochen werden...?

    Haben Landwirt*innen denn überhaupt die Möglichkeit, ohne Forderungen auf ökologischen Landbau umzusteigen?



    Geschweige denn kleinere Projekte, die eine notwendige kleinteiligere Landwirtschaft als Ansatz haben?



    Wie kann hier, wo es für Innovationen im Online Bereich Milliarden an Subventionen gibt, auch im Landwirtschaftsbereich entscheidend umgeschwungen werden?

    Glauben sie denn allen Ernstes, dass jemals eine EU oder ein Staat hier entscheidend eingreifen und für Veränderungen sorgen wird, solange sie dem Kapital rede und antwort stehen müssen?

    Bitte machen sie die Augen auf.



    Ein Staat, ob er nun EU oder BRD heißt, wird das niemals entschieden genug unterstützen.

    Das müssen die Verbraucher*innen, die finanziell dazu in der Lage sind, in die Hand nehmen. Dann gibt es eben keine Flugreise, kein Zweitwagen und kein überdimensionierten Wohraum mehr, sondern Essen aus kleinteiliger, kollektivierter Landwirtschaft, was vielleicht das Doppelte kostet. Dafür schmeckt das Gemüse nach Gemüse und das Obst nach Obst und der Anbau ist ökologisch und sozial verträglich.

    Anders wird das nix...

    • @valeú:

      Ich würde es als Fehlschluss halten zu glauben, dass kleinere Betriebe zwangsläufig zu besseren Produktionsbedingungen führen. Einige besonders widerliche unter den jüngst aufgedeckten Skandalen sowohl bei Haltung wie auch bei der Schlachtung spielten sich in Klein(st)betrieben ab. Was jedoch recht zuverlässig mit der Betriebsgröße korreliert ist die Produktivität und die gerät bei vielen kollektivistischen Utopien leider allzu sehr unter die Räder.

      • @Ingo Bernable:

        Wenn die Preise gezahlt werden, die für eine ökologische und sozial verträgliche Produktion notwendig sind, sehe ich keine Probleme.



        Dazu müssten allerdings kleinteilige Landwirtschaften Solawis etc... in die Offensive gehen und Preise verlangen, die ihre Bedürfnisse widerspiegeln und Konsument*innen müssten die Einsicht der Notwendigkeit bekommen, diese Formen der Landwirtschaft mit Mithilfe, Mitarbeit, Spenden, Direktkrediten oder eben entsprechenden Soli-Preisen zu unterstützen.



        Im Idealfall sind da sogar noch die Preise eingerechnet, um finanziell nicht so gut aufgestellte Menschen ebenso gut mit diesen Produkten versorgen zu können.

        Und zu dem Thema mit der Haltung und Schlachtung von Tieren brauchen wir erst gar nicht von Produktion sprechen. Das ist Folter, Mord und Umweltzerstörung. Nichts Anderes.



        Landwirtschaft funktioniert heute bereits bio-vegan und kommt absolut ohne Tierprodukte aus.



        Das Wort Nutztiere ist eine speziesistische Erfindung des grausamsten aller Tiere, um sich seine Dominanz zu sichern. Bester Vergleich zum Rassismus. Exakt das selbe menschliche Muster.

        • @valeú:

          "Dazu müssten allerdings kleinteilige Landwirtschaften Solawis etc... in die Offensive gehen und Preise verlangen, die ihre Bedürfnisse widerspiegeln"

          Hmmm. So solidarisch gehts dann wohl doch nicht in der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) zu, wenn dort die Preise nicht stimmen.

        • @valeú:

          "Dazu müssten allerdings kleinteilige Landwirtschaften Solawis etc... in die Offensive gehen und Preise verlangen, die ihre Bedürfnisse widerspiegeln"



          Aber warum braucht es dazu eine Kleinteiligkeit? Warum sollten größere und damit effizientere Betriebe nicht in der Lage sein bei höheren Erlösen ebenfalls nachhaltiger produzieren zu können?



          "Konsument*innen müssten die Einsicht der Notwendigkeit bekommen, diese Formen der Landwirtschaft mit Mithilfe, Mitarbeit"



          Also in meiner Welt sind 5-Tage-Woche und 8-Stunden-Tag soziale Errungenschaften die man erhalten sollte und ich kann mir auch Besseres vorstellen als nach Feierabend oder am Wochenende noch zur Feldarbeit antreten zu müssen. Ganz abgesehen davon, dass es volkswirtschaftlicher Irrsinn wäre Leute die vielleicht Ingenieur*in, Chirurg*in, Fliesenleger*in, ... sind als unqualifizierte Hilfskräfte auf dem Acker einzusetzen.



          "Spenden, Direktkrediten oder eben entsprechenden Soli-Preisen"



          Hier wird mE deutlich, dass Konzepte wie SoLaWi vA den emotionalen Bedürfnissen und dem Distinktionsgewinn jener dienen die sich das leisten wollen, aber allein schon aus Gründen der Produktivität keine ernstzunehmende Alternative für Leute die nicht die Besätigung kaufen wollen zu den Guten zu gehören, sondern einfach nur einen Sack Kartoffeln.

    • @valeú:

      Da ist durchaus was dran. Zumindest im begrenzten Rahmen (für die mit entsprechendem Einkommen) kann das funktionieren. SoLaWis (Solidarische Landwirtschaft = Kooperation zwischen Produzent*innen und Konsument*innen) halte ich für eine sehr gute Sache.

  • Hierige Billigfleisch ist nur billig, weil die Kosten der von der Agrarindustrie verursachte Schäden (verschmutztes Wasser, Insekten- und Vögelsterben, Krebs und andere Krankheiten bei Menschen, langfristige Zerstörung der Böden usw) nicht einberechnet sind und/oder vom Steuerzähler bezahlt sind.



    Die Agrarindustrie hat Immunität gegen das umweltrechtliche Verursacherprinzip, wonach Kosten umweltrechtlicher Maßnahmen dem Verursacher angelastet werden sollen.



    Das müsste man in einem wirtschaflichen Bericht erwähnen.

    • @Eulenspiegel:

      Hm, des stimmt wohl (vielleicht ähnl. der Bereiche, Kohle, Atom..? "Subventionen, langf. Kosten"...)



      Frage mich jedoch grad, ob...



      ...des durch die akt. "Steuerlandschaft" (50% der StZahler tragen (wg geringem Einkommen nur) zu 5% der EinkommenSt bei...) nicht auch irgendwie eine Art "Quersubventionierung" ist, denn sorgen dadurch die "wenigeren, moderaten bis großen Steuerzahler" nicht so dafür, dass alle in den Genuss(?) dieser Landwirtschaftsproduktion kommen?!



      Mehr noch - nimmt man mal an, dass (angelb.) viele (gutverdienende? => naja www.zeit.de/politi...leich-spd/seite-2) "Grüne" eh nix aus "Konventioneller" konsumieren?!

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Auch das Frischgeflügel und anderes Frischfleisch stamme „zu fast 100 Prozent aus Deutschland“, so Lidl"

    Das ist kein Qualitätsprodukt. Vor einiger Zeit wurde berichtet, dass das meiste Geflügel in Deutschland mit Keimen belastet ist - ganz im Gegensatz zu Skandinavien.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Mehr Tierschutz würde Frischmilch und -fleisch aus Deutschland im Preiswettbewerb benachteiligen, sagen Landwirte."

    Jede dumme Ausrede wird genutzt.



    "Die Bauern" (es gibt Ausnahmen) müssen endlich mal kapieren, dass sie mit Lebewesen und nicht nur mit Produktionseinheiten umgehen.



    Wer seine Tiere schändlich behandelt, sollte ein lebenslanges Tierhalteverbot bekommen.

    • @17900 (Profil gelöscht):

      die schändliche behandlung von tieren ist eine zwangslaüfige folge des marktes und je freier der markt ist dem sie mit gewalt unterworfen werden deso schlechter werden die tiere behandelt

      deshalb sollte der handel mit tieren und produkten tierischer herkunft verboten werden

  • Ich finde den Artikel sehr gut. Diese Angst der Bauern vor dem Weltmarkt ist schon komisch. Zumal sie eher davon profitieren, wenn sie ihren Weizen & Milch nach China verkaufen. Da sollte man wirklich mal Licht ins dunkel bringen. Ich denke es gilt auch die Preiswirtschaft zu durchleuchten. Nur weil man Billigfleisch aus Argentinien kaufen könnte, kostet bei uns das Rind weniger im Einkauf?! Da liegt doch der Hase im Pfeffer.

  • 9G
    91491 (Profil gelöscht)

    "Freiberger ist eine Tochterfirma des Südzucker-Konzerns, einer Genossenschaft von Bauern. In deren Aufsichtsrat sitzt auch der Präsident des Bauernverbands, Joachim Rukwied."



    Da sieht man doch wo die Reise des Bauernverbandes hingeht.Nicht zum Wohle der Kleinbauern und schon gar nicht der ÖkoBauern.

  • Erde an Bauern: "Die Angst vor den Billigimporten" haben z.B. die Landwirte in Afrika, deren Märkte durch billige Lebensmittel aus dem subventionsgestörten Europa geflutet werden.

    Kommt mal von der Droge Subvention runter, dann habe ich vielleicht wieder Mitleid.

    Kleine Höfe, Qualität, Bio, keine Pestizide mehr, keine Gentechnik, dann können wir über Importzölle reden. Deal?

  • Kein anderer Wirschaftszweig ist dermaßen stark von Subventionen und Protektionismus abhängig wie die Agrarindustrie. Ganz abgesehen davon, dass die primär Leidtragenden dieser Praxis nicht die hiesige Landwirtschaft sondern die der Entwicklungsländer ist, sollte man sich mal entscheiden welche Art von Wirtschaftssystem man in der Nahrungsmittelerzeugung möchte. Wenn diese dauerhaft am Tropf der Steuerzahlenden hängen soll wäre die logische Konsequenz die Anbauflächen zu vergesellschaften und Produktion und Produktionsbedingungen demokratisch zu steuern oder aber man will Marktwirtschaft, sollte dann aber auch konsequent genug den freien Wettbewerb zuzulassen statt dem Druck der Agrarlobby nachzugeben und mit immer nochmehr Subventionen immer noch mehr Überproduktion zu finanzieren, die dann zu Preisverfall und noch mehr Subventionsforderungen führt.

    • @Ingo Bernable:

      Die 120% Geschichte werden Sie nicht per Vergesellschaftung von Anbauflächen aus der Welt bekommen. Wie wollen Sie in DE die Anbauflächen für z.B Soja in Südamerika vergesellschaften?

      Und warum wollen Sie eine Vergesellschaftung der Anbauflächen bei Obst und Gemüse? Der Selbstversorgungsgrad liegt da in DE bei maximal 40%.

      • @Rudolf Fissner:

        Es geht um Subventionen und Protektionismus. Das hat mit der Selbstversorgungsquote nichts zu tun und für das südamerikanische Soja fließen keine Gelder aus dem EU-Haushalt. Kurz ich sehe den Widerspruch nicht.

        • @Ingo Bernable:

          Sie Schreiben von Überproduktionen. Diese existieren in gewissen Agrarbereichen in DE gar nicht bzw. sind bei einer europäischen Arbeitsteilung in der Produktion auch völlig normal.

          • @Rudolf Fissner:

            Sie existiert aber in den Bereichen um die es hier geht. Etwa wenn die Subventionierung von Produktion und Export von Schweinefleisch dazu führt, dass Mengen erzeugt werden bei denen man darauf angewiesen ist, dass diese vom chinesischen Markt absorbiert werden können oder wenn in gleicher Weise doppelt subventionierte Milch in Pulverform in Staaten wie Burkina Faso oder Jamaika zu Dumpingpreisen 'entsorgt' wird die so niedrig sind, dass sie die lokale Erzeugung kollabieren lassen. Das würde ich weder als "völlig normal" noch als faires Marktgeschehen sehen und schon allein aus ökonomischer Sicht müsste man eigentlich mal die Frage stellen ob es in der Gesamtbilanz nicht billiger wäre einem Teil der Landwirte ein bedingungslose Grundeinkommen fürs Nichtstun oder eine Umschulung zukommen zu lassen als diese Art des Wirtschaftens aufrecht zu erhalten.



            Der Irrsinn ist doch, dass die Landwirte regelmäßig protestieren weil sie unter den mittelbaren Folgen der Subventionierung leiden dabei aber ebenso regelmäßig 'cancer for the cure' fordern.

            • @Ingo Bernable:

              "Etwa wenn die Subventionierung von Produktion und Export von Schweinefleisch dazu führt, ..."

              Mmh: "Seit Juli 2013 wird in der EU, und damit auch in Deutschland, die Ausfuhr von Agrarprodukten nicht mehr gestützt. Die so genannten Exporterstattungen wurden schrittweise auf null gesenkt." www.bmel.de/DE/the...terstattungen.html

    • @Ingo Bernable:

      Vergesellschaften ist nur ein anderes Wort für Diebstahl des Bodens !!



      Wenn Sie etwas an der Landwirtschaft ändern wollen, MÜSSEN Sie die EU-Politik ändern und bereit sein ( viel ) mehr für ihre Lebensmittel auszugeben. Ab 1992 hat die EU ( MacSharry- Reform ) beschlossen die Preise für Landwirtschaftliche Produkte einzufrieren und dafür den Landwirten eine Ausgleichszahlung zu bezahlen.



      Heute sind Viele Erzeugerpreise unter dem Niveau von damals, dafür sind die Kosten und Auflagen für die Produktion immer weiter gestiegen. Dadurch haben die Landwirte immer mehr zu noch niedrigeren Kosten produziert. Wenn man dies jetzt umkehren möchte ist der einzige Weg höhere Preise für die Produkte. Kein Landwirt würde Nein sagen, wenn er nur die Hälfte erzeugen müsste für den selben Gewinn. Raten Sie mal warum man früher 50% seines Lohns für Lebensmittel ausgeben musste, da eigentlich nur für Grundnahrungsmittel ( Sonntagsbraten ), und heute 10% für alles was das Herz begehrt ?? Wer A sagt muss auch B sagen, man kann nicht nur billige Lebensmittel fordern und gleichzeitig dann die Produktion dieser kritisieren.



      Im übrigen werden die Ausgleichszahlungen für die Landwirtschaft nie wegfallen, weil nur solange die Landwirte auf dieses Geld angewiesen sind, müssen sie alles tun was vorgeschrieben wird. Es gibt dadurch keinen freien Landwirt mehr auf freiem Boden.

      • @Günter Witte:

        "Vergesellschaften ist nur ein anderes Wort für Diebstahl des Bodens !!"



        Das Gegenteil ist der Fall: Privateigentum heißt Diebstahl, was dann noch ungerechter wird, wenn das Privateigentum ungleich verteilt ist.

      • @Günter Witte:

        "Vergesellschaften ist nur ein anderes Wort für Diebstahl des Bodens !!"



        Bei Enteignungen sind in DE Entschädigungen vorgesehen, also kein Diebstahl und das GG ist in Bezug auf die Wirtschaftsordnung neutral.



        "Raten Sie mal warum man früher 50% seines Lohns für Lebensmittel ausgeben musste, [...] und heute 10% für alles [...] ??"



        Ich würde mal sagen weil die Produktivität in der Landwirtschaft ebenso gestiegen ist wie in anderen Bereichen der Wirtschaft. Die Antwort auf die Defizite bei Qualität und Produktionsbedingungen kann nicht darin bestehen zurück in die Zeit zu wollen in der ein Bauer zwei Kühe und drei Schweine hielt und das Korn mit der Sense gemäht wurde.



        Ich habe auch mit keinem Wort billig(st)e Lebensmittel gefordert, sondern, dass man sich in Bezug auf das Wirtschaftsmodell endlich mal ehrlich macht. Denn die (zu) billigen Ladenpreise sind ja auch nur ein Teil der Wahrheit wenn ein relevanter Teil der Herstellungskosten über Subventionen aus Steuergeldern gedeckt werden.



        Ein "freier Landwirt" wäre einer der sich am freien Markt bewegt und das Risiko der Insolvenz tragen würde wenn er wegen der bestehenden Überproduktion nicht mehr kostendeckend produzieren kann, aber keiner dessen Produktion über die Nachfrage hinaus künstlich mit Steuermitteln am Leben erhalten wird. Und das was sie als "freien Boden" beschreiben ist faktisch Privatbesitz der mittlerweile allzu oft zum Spekulationsobjekt wird.

        • @Ingo Bernable:

          Und wenn Sie jetzt den Boden Vergesellschaften, selbst mit Entschädigung der Besitzer, dann können Sie Lebensmittel kostendeckend ohne Subventionen herstellen weil die neuen Besitzer des Bodens klüger sind als die jetzigen Landwirte ??



          " Defizite bei Qualität und Produktionsbedingungen " Milch ist eines der strengst überwachten Lebensmittel überhaupt, bei Fleisch lässt sich über die Produktion streiten, aber auch über die Verarbeitung ( Fleisch auch mal reifen lassen )



          Das es über die Landwirtschaft ein Zerrbild gibt, ist ja erwünscht und wird von Parteien und NGO gefördert. Jeder nutzt neue Techniken, nur der Landwirt wird dafür ans Kreuz genagelt. Mit freier Landwirt meinte ich das ein Landwirt heute, wenn er das Geld von der EU haben möchte, nicht mal selber bestimmen darf ( Sperrfristen ) wann er auf seine Felder fährt, wann und mit wieviel er seine Pflanzen düngen darf, oder er sogar bestraft werden kann, wenn er z.B. Schwalben in seinem Stall hat, weil die das Futter kontaminieren könnten.



          Außerdem sind es nur ca. 60 € im Jahr pro jedem Bürger Deutschlands ( 4,8 Mrd. € Ausgleichzahlungen bei über 80 Mill. Menschen ), dafür billige Lebensmittel zur Verfügung zu haben.

  • Sind das dieselben Bauern, die ihre Tiere mit Soja aus Brasilien füttern? Für dessen Anbau der Regenwald abgeholzt wird? Dieselben Bauern, die so viel Gülle in unsere Landschaft verklappen, dass die EU Deutschland verklagt, weil wir nach 30 Jahren immer noch nicht die Grenzwerte einhalten, die uns und unsere Kinder vor Krebs und anderen Krankheiten schützen sollen? Dieselben Bauern, die regelmäßig Schlagzeilen machen, weil sie sich gegen jede neue Umweltschutz, jede neue Tierschutzinitiative sperren, mit denen Insekten- und Vogelsterben etwas verlangsamt und das Leid der Tiere in den Ställen etwas gemildert werden soll?

    Ausgerechnet spielen jetzt die großen Tierschützer?

    Lachhaft!

  • "Mit einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung wäre die beliebige Ausdehnbarkeit (so der Verbraucher mitspielt) erheblich eingeschränkt“, schrieb Jung der taz."

    Sehr gut, denn kaum jemand würde Milch aus Polen kaufen oder anderen Ländern, in denen das Tierwohl noch unterhalb der deutschen Richtlinien liegt. Und die sind schon übelst.

    Die einzige Ausnahme, die ich machen würde, wäre Weidemilch, z. B. aus Irland.

    Weidemilch bedeutet, dass die Kühe tatsächlich das Recht haben, mindestens sechs Monate im Jahr auf einer Weide zu verbringen und 2000 m² Dauergrünland pro Kuh zur Verfügung stehen müssen, davon mind. 1000 m² Weidefläche. Außerdem ganzjährige Bewegungsfreiheit und kein Gentechnik-Futter.

    Eine Seltenheit in Deutschland, wo über 90 Prozent der Tiere in ihrem armseligen ätzenden hornlosen kurzen elendem Leben niemals auf die Weide kommen.

    Wenn man Kühe ohne Hörner sieht, kann man sicher sein, dass diese unter sehr beengten Verhältnissen leben müssen, reine Tierquälerei.

    Selbst Demeter bietet keine Garantie auf Weidemilch. Und solange das so ist, werde ich keine Demeter-Milch kaufen.

    Also zu irischen Weidemilch-Produkten werde ich immer greifen. Doch Vorsicht, Rewe & Co. bieten auch irische Produkte an, die gefaked sind, billig und keine Weidemilch.

    • RS
      Ria Sauter
      @shantivanille:

      Da hat die Werbung sie aber sehr eingelullt.



      Warum kaufen Sie keine Biomilch, die Ihren Anforderungen entspricht und nicht extra aus Irland importiert wird. Es grüsst der Klimaschutz.

      • @Ria Sauter:

        Wenn Sie von Klimaschutz diesbezüglich schreiben, meinen Sie sicher Bio-Pflanzenmilch, oder? Denn deren Erzeugung verursacht weniger CO2-Emissionen als Kuhmilch. Bio-Sojamilch gibt es auch vom Bodensee. ;-)



        www.hofgutstorzeln.de/produkte/

    • @shantivanille:

      Weidemilch mit garantiertem Weidegang gibt es auch von Kühen aus Deutschland, zum Beispiel von der Molkerei Ammerland.



      Auch irische Kühe müssen im Winter im Stall gehalten werden. Irische Milchviehhalter setzen in der Milcherzeugung vor allem auf das Prinzip der niedrigen Kosten, entsprechend dürftig sind die dortigen Laufställe im Vergleich zu Ställen in Deutschland ausgestattet...

    • @shantivanille:

      Gratuliere, Sie sind ein wirkliches Kind der Werbung ! Glauben Sie auch das die meisten Kühe in Deutschland Lila sind ??



      Es gibt auch in Deutschland genügend Kühe die mindestens halbjährlich auf der Weide sind ( Alpengebiete, Grünlandgebiete )



      Man sollte sich vielleicht mal mit besser selber Informieren als blindlings der Werbung hinterher zu rennen.

    • @shantivanille:

      "kaum jemand würde Milch aus Polen kaufen oder anderen Ländern, in denen das Tierwohl noch unterhalb der deutschen Richtlinien liegt."



      Die Standards werden aber primär durch die EU-Richtlinien definiert und dann nur noch in nationales Recht umgesetzt. Einerseits dürften die Unterschiede da nicht allzu groß sein, weil das den Binnenmarkt verzerren würde und andererseits ist die hiesige Umsetzung dieser Richtlinien oft auch nicht gerade mustergültig, etwa bei der Gülle-/Nitratproblematik. Milch aus Polen dürfte nüchtern betrachtet also kaum kritischer sein, als dänischer Joghurt oder französischer Käse.

      • @Ingo Bernable:

        @Shantivanille @ Ingo Bernable



        Mal von den Richtlinien abgesehen - die Realität in Deutschland sieht grausam aus. Das zeigen Recherchen immer wieder. Der Skandal der deutschen Tierhaltung ist dessen Normalzustand. Wie sinnvoll ist da der Verweis auf Polen oder andere Länder? Tatsächlich landet ein großer Teil der Tierproduktion ja hier auf dem Teller. Ein kleinerer Teil wird exportiert.

    • @shantivanille:

      In der Debatte um Tierwohl wird ausgeblendet, dass auch Rinder für die Milchproduktion getötet werden. Männliche Kälber produzieren keine, alte Milchkühe nicht genug Milch und sind damit nicht profitabel genug. Der Bolzenschuss in den Kuhschädel dient nicht dem Tierwohl! Wer Tierquälerei vermeiden will, die*dem sei Veganismus ans Herz gelegt. Der Mensch braucht keine Milch oder andere Tierprodukte, um sich gesund zu ernähren. Und falls mensch doch Tierprodukte geschmacklich vermisst, kann mensch auf sogenannte vegane Ersatzprodukte zurückgreifen. Es gibt verschiedenste Pflanzendrinksorten, auch mit Calcium angereichert. Aktuell ist Haferdrink recht beliebt ...

      • @Uranus:

        *Rinderschädel (männliche Kälber werden ja auch getötet, wie ich schrieb)

      • @Uranus:

        auch Pflanzen sind fühlende Lebewesen... ich empfehle daher eine ethisch einwandfreie Nulldiät.

        Der Mensch ist nun einmal ein Allesfresser und es gibt kein Urvolk das sich rein vegetarisch ernährt... geschweige denn vegan.

        PS: so ein Sachen wie Sojaprodukte sind extrem umweltschädlich... Produkte wie Sojamilch, Hafermilch sind noch energieintensiver als jede Kuh

        • @danny schneider:

          Ich denke nicht, dass Sie das Töten eines Rindes mit dem Ernten einer Kartoffel ernsthaft gleichsetzen wollen, oder?



          Als Allesesser*in kann der Mensch alles essen, muss dies aber nicht. Vegetarismus hat schon eine lange Tradition bspw. unter Buddist*innen oder Jainist*innen. Wichtiger sollte allerdings die Erkenntnis sein, dass der Mensch ein Kulturwesen ist, das die Umwelt ihren*seinen Bedürfnissen anpasst. Die Menschen sind ja nun seit tausenden Jahren keine Jäger*innen und Sammler*innen mehr. Das Natur/Traditionsargument ist sehr schlecht bzw. stimmt so nicht.



          Sie meinen, weil Soja Monokultur aktuell bedeutet? Das beträfe einen Teil vom Anbau - auch der für Futtermittel. Davon abgesehen gibt es Bio-Soja auch aus Deutschland bzw. Europa. Ansonsten muss mensch weder Soja noch Ersatzprodukte verzehren, um sich gesund vegan zu ernähren.



          Können Sie Ihre Behauptung, dass "Produkte wie Sojamilch, Hafermilch [...] noch energieintensiver als jede Kuh" seien, belegen bzw. Belege dafür anführen?

          • 9G
            95692 (Profil gelöscht)
            @Uranus:

            Sowohl Rinder als auch Kartoffeln sind Lebewesen die selbiges lassen müssen, damit ein Mensch satt wird.



            Es ist also durchaus vergleichbar.

            • @95692 (Profil gelöscht):

              Ich rede von gleichsetzen. Rinder werden der Klasse der Säugetiere und dem Unterstamm Wirbeltiere zugeordnet. Sie besitzen ein Zentrales Nervensystem, Sozialleben, Bewusstsein, Schmerzempfinden, Gefühle usw.. Das Gleichsetzen des Tötens eines Rindes mit dem einer Kartoffel ist Unsinn. Würden Sie eigentlich das Töten eines Menschen mit dem einer Kartoffel gleichsetzen? Schließlich sind auch diese beiden Lebewesen ...

              • 9G
                95692 (Profil gelöscht)
                @Uranus:

                Selbstverständlich würde ich einen Menschen nicht mit einer Kartoffel gleichsetzten, genauso wenig wie mit einem Rind oder anderem Lebewesen.

                Nun jetzt aufzuführen was Pflanzen alles können würde den Rahmen hier sprengen.



                Ich Empfehle Ihnen das Buch von Volker Arzt " Kluge Pflanzen " Goldmann Verlag



                ISBN 978-3 442-15672-6 damit Sie Ihre Einstellung der höheren Wertigkeit von Tieren relativieren.

                • @95692 (Profil gelöscht):

                  Auch ein Vergleich ist für eine Schlussfolgerung nicht haltbar, dass es egal oder gleich schlimm wäre, ob ein Rind oder eine Kartoffelpflanze getötet würde. So eine Schlussfolgerung ist lächerlich.

                  • 9G
                    95692 (Profil gelöscht)
                    @Uranus:

                    Für die Pflanzen sicherlich nicht

                    • @95692 (Profil gelöscht):

                      Dann leben Sie konsequenterweise frutarisch?

                      • 9G
                        95692 (Profil gelöscht)
                        @Uranus:

                        Meine persönlichen Er­näh­rungs Präferenzen spielen hier keine Rolle.

                        • @95692 (Profil gelöscht):

                          Also relevant finde ich eigene Positionen und Handeln durchaus, gerade dann wenn dem Gegenüber vorgeworfen würde, einen Teil der Lebewesen nicht zu berücksichtigen und moralisch falsch bzw. inkonsequent zu handeln/positionieren.



                          Übrigens: Haben Sie eigentlich bedacht, dass das Rind, von dem Sie sich ernähren wollten, viele Lebewesen (Graspflanzen) getötet hat?

                          • 9G
                            95692 (Profil gelöscht)
                            @Uranus:

                            eben, egal wie Sie sich Ernähren, es müssen IMMER andere dafür sterben und meine persönliche Präferenzen, sorry, gehen Sie genauso wie mein Alter, Beruf, politische Einstellung nichts an und sind hier kein Bestandteil des Disputes.

                            Und haben Sie bedacht das das Rind das Graspflanzen frisst diese Pflanze nicht tötet da die Wurzel in der Erde bleibt ?

        • @danny schneider:

          Möööp stetzen, 6 , Hafermilch ist WESENTLICH umweltfreundlicher als Kuhmilch.....Soja-, Reis- oder Mandelmilch fallen da raus, wegen Abholzung von Regenwäldern, langer Importwege etc.

          www.wir-essen-gesu...milch-vs-kuhmilch/

      • @Uranus:

        Uranus, Sie haben definitiv Recht.

        Vegetarisch zu essen ist relativ einfach, um vegan zu sein brauche ich noch eine Weile. Das empfinde ich als weitaus schwieriger.

        • @shantivanille:

          Bezüglich Restaurants ist die Auswahl in Städten natürlich besser. Ernährungsumstellungen sind ja individuell verschieden. Zu meiner Umstellung kann ich sagen, dass für meine Ernährungsumstellung vor vielen Jahren ich Motivation sehr aus meiner ethischen Entscheidung zog und neugierig darauf war, neue Rezepte und Nahrungsmittel zu probieren.



          PS. Mensch sollte auf jeden Fall Vitamin B12 supplementieren.

  • "Der Selbstversorgungsgrad bei Schweinefleisch liegt bei 120 Prozent und bei fast allen Milcherzeugnissen ebenfalls bei über 100 Prozent"

    Bei Obst und Gemüse allerdings auch bei 30%/40%. Da gibt es nicht in der EU Arbeitsteilung. Es gibt kam Orte in DE wo Obst und Gemüse so viel länger wachsen als wie am Mittelmeer

    • @Rudolf Fissner:

      Aber wie hoch ist der Selbstversorgungsgrad der Tiere, die wir Füttern. Ich befürchte sie machen da einen Logik Fehler.