FT-Journalist bekommt Reporterpreis: Olaf Scholz ehrt Enthüller

Pikantes Lob: Der Finanzminister ist beim Reporterpreis Laudator für den Financial Times-Journalisten, der den Wirecard-Skandal aufdeckte.

Finanzminister Olaf Scholz (SPD) spricht bei einem Pressestatement

Laudator mit Beigeschmack: Ausgerechnet Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ehrt den Wirecard-Enthüller Foto: Michael Kappeler/dpa

BERLIN taz | Große Auszeichnung für Dan McCrum von der Financial Times, den Journalisten, der den Wirecard-Skandal aufdeckte – und ein bemerkenswerter Auftritt für Olaf Scholz, dessen oberste Finanzaufsichtsbehörde (Bafin) bei einer der wohl größten Wirtschaftsaffären der deutschen Geschichte nicht gerade bella figura machte.

Am Montagabend sollte der Finanzminister den investigativen Reporter der Finacial Times, der den renommierten Reporterpreis bekommt, mit einer Laudatio ehren: McCrum habe sich „große Verdienste um den Rechtsstaat, unser Gemeinwesen und auch um den Finanzstandort Deutschland erworben“, sagte Scholz in einem vorab veröffentlichten Laudatio-Filmschnipsel.

Das ist insofern pikant, als Scholz’ Bafin zwar nach Bekanntwerden der milliardenschweren Betrügereien betont hatte, sie sei nur für einen kleinen Teil des einstigen DAX-Emporkömmlings zuständig gewesen. Und weil sie dennoch 2019 gegen McCrum Anzeige erstattete, weil dieser seit 2014 wegen gefälschter Bilanzen bei Wirecard recherchiert hatte.

Und weil die Bafin damals auch noch ein Leerverkaufsverbot von Wirecard-Aktien verfügte, also verhinderte, dass Börsianer auf einen fallenden Kurs der Wirecard-Aktien wetteten. Damit fiel die Behörde, in der 90 Mitarbeiter damals privat mit den Wirecard-Papieren handelten, auf das Märchen der Chefs des Unternehmens herein, die sagten, mit den schlechten FT-Nachrichten wollten wohl einige Kasse machen. Die Bundesbank sah schon damals das bis dahin einzigartige Leerverkaufsverbot kritisch und distanzierte sich jetzt in einer Stellungnahme laut Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung klar davon.

Bafin auch bei Millionenverlust mitverantwortlich

Die Bafin ist auch nicht ganz unschuldig an den fast 90 Millionen Euro Verlust, die die bundeseigene KfW-Ipex, eine Tocher der Kreditanstalt für Wiederaufbau, zu verzeichnen hatte. Die KfW-Ipex ist eine Exportbank, die die deutsche und europäische Wirtschaft im Ausland unterstützt.

Das Geldinstitut hatte Wirecard 2018 einen unbesicherten Kredit über 100 Millionen Euro gewährt und diesen trotz kritischer Berichte – vor allem der Financial Times – über den Konzern im Juli 2019 verlängert. Nach der Pleite von Wirecard im Juni 2020 verkaufte die KfW-Ipex die Forderung nach am Montag bekannt gewordenen Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung mit einem Verlust von rund 89 Millionen Euro. Eine Mitschuld für die Fehleinschätzung trifft laut den Recherchen die deutsche Bafin. Ein Vermerk der KfW-Ipex von Juni 2019 zeige, dass diese ihre Entscheidung über eine Verlängerung des Kredits auf die Strafanzeige der Bafin gegen die kritischen FT-Journalisten Dan McCrum und dessen Kollegin Stefania Palma und auf das Leerverkaufsverbot von Februar 2019 stützte.

Die KfW-Ipex sah beides als positives Signal und entschied sich unter anderem deswegen, den Kredit zu verlängern. Ein teurer Fehler.

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