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Beten für Max

Ein Schüler wurde an einer Bekenntnisschule in Bremen gemobbt. Die Reaktion der Schulbehörde zeigt, dass bei dem Thema Nachholbedarf besteht

Von Mahé Crüsemann

Dieses Jahr im Sommer nahm Max all seinen Mut zusammen und ging zur Polizei. Über ein Jahr war er an seiner Schule, der Freien Evangelikalen Bekenntnisschule, einer Bremer Privatschule, gemobbt worden. Vor allem Lehrer und Schulleitung terrorisierten den jungen Mann heftig.

Im September berichtete Max der taz von dem Erlebten: Nach seinem Outing 2015 habe die Schulleitung ein Verbot verhängt, ihn mit seinem selbstgewählten Namen und dazugehörigem Pronomen anzusprechen. Lehrer*innen fragten Freunde von Max öffentlich, wie sie sich noch mit ihm abgeben könnten. Von einem Lehrer sei Max während einer Prüfung durchgehend weiblich angesprochen worden. Eltern und Lehrende trafen sich in spirituellen Runden, um für Max’Heilung und den Dämon, der von ihm Besitz ergriffen habe, zu beten.

Ein Jahr lang ging das so. Aber nicht nur Lehrende und Schulleitung hätten Max diskriminiert, erzählte er. Mitschüler*innen rieten ihm per SMS zu einer Konversionstherapie, einer inzwischen illegalen psychotherapeutischen Methode, die homosexuelle Neigungen zu „heilen“ verspricht. Erst seit Mai 2020 ist das verboten und eine Durchführung wird mit hohen Geldbußen oder bis zu einem Jahr Freiheitsentzug geahndet.

Die der Schule nahestehende Hoop-Kirchengemeinde wies diese Vorwürfe von sich. Man wisse nichts von einem Konversionstherapieprogramm, lediglich Selbsthilfegruppen könne man auf Wunsch empfehlen. Max trug von den Erlebnissen an seiner Schule ein Trauma davon. Das bescheinigte ihm auch eine Psychologin. Seine Noten wurden schlechter, er entwickelte Depressionen, soziale Ängste und trug sich mit Selbsttötungsgedanken. Trotzdem schaffte er 2016 seinen Abschluss und macht nun eine Ausbildung. Mit den Folgen des Mobbings hat er noch immer zu kämpfen.

Erst 2020 hatte er den Mut, seine Erlebnisse öffentlich zu machen und wandte sich auch an den Ansprechpartner für LSBTI*-Themen der Bremer Polizei. Polizei und Staatsanwalt ermitteln nun.

Der Bremer „Christopher Street Day“-Verein setzt sich für Max ein, Ende Juli stellte er zusätzlich eine Anfrage bei der Schulaufsichtsbehörde. Der Verein wollte wissen, welche Kon­trollmaßnahmen die Aufsichtsbehörde in den vergangenen zehn Jahren konkret vorgenommen habe, um eine Behandlung wie im Fall Max an privaten und öffentlichen Schulen zu verhindern.

Eine der Aufgaben der Behörde ist das Eingreifen in Fällen, in denen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Schülerinnen und Schüler oder gegen das Erziehungsrecht der Eltern verstoßen worden ist. So steht es auf ihrer Website. In der Antwort der Behörde auf die Anfrage des CSD-Vereins hieß es, dass keine „anlasslosen ‚Kontrollen‘“ durchgeführt würden, da der Behörde bis zum Fall Max „keinerlei Problemanzeige oder Beschwerde“ gemeldet worden war. Man sehe darum keinen Grund, Kontrollmaßnahmen durchzuführen.

Robert Dadanski, Vorsitzender des CSD-Vereins und Antragssteller, ist über die Antwort „mehr als erschrocken“, wie er in seiner Antwort auf die Stellungnahme schreibt. „Wir als Verein werden definitiv dran bleiben und eine abschließende Einordnung des Falls Max einfordern“, sagt Dadanski. Nach der ernüchternden Antwort der Schulaufsichtsbehörde startete der CSD-Verein einen Aufruf. Sie suchen nun Erfahrungen von aktuellen wie ehemaligen Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern, Verwandten, Freunden und allen anderen, die von Diskriminierungen an Bremer Schulen selbst betroffen sind oder waren oder es bei anderen erlebt haben.

Erhält der Verein einen Erfahrungsbericht, will er den Namen der Person anonymisieren. Die Fälle werden gesammelt und geprüft – eine Arbeit, die eigentlich die Schulaufsichtsbehörde machen sollte –, dann werden sie vom Verein an eben diese weitergeleitet.

Bisher hat sich nicht viel getan. Immerhin hat sich die Behörde nun zu einem Gespräch mit dem Bremer CSD-Verein bereit erklärt, um die Fälle zu besprechen. Man sei „mit Herrn Dadanski im Austausch“, heißt es in einer Mail vom Büro der Senatorin für Bildung. Robert Dadanski ist gespannt auf das Gespräch. „Mal sehen, vielleicht tut sich ja etwas“, sagt er. „Ich bin jedenfalls bereit und habe Zeit.“

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