Aktuelle Entwicklungen in der Coronakrise: Kaum Hoffnung auf Lockerung

Das Robert-Koch-Institut sieht einen harten Coronawinter auf Deutschland zukommen. Kino-Betreiber scheitern mit Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.

Ein Kino in der Innenstadt hat auf seiner Werbetafel den Satz "Ohne Kunst und Kultur wird's still" stehen.

„Ohne Kunst und Kultur wird's still“ mahnt ein Schild an einem Kino in Stuttgart Foto: Martin Schutt/dpa

Bundesverfassungsgericht entscheidet gegen Kino-Betreiber

Das Bundesverfassungsgericht hat den Eilantrag einer Kino- und Restaurantbetreiberin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die bayerischen Coronaregeln abgelehnt. Zwar sei die erzwungene Schließung des Restaurants ein Eingriff in das Grundrecht auf Berufsfreiheit, erklärte das Gericht am Donnerstag in Karlsruhe. Jedoch seien die Maßnahmen befristet, weswegen sie die Frau nicht unbedingt in ihrer Existenz bedrohten.

Für die Schließung von Restaurants sprechen den Richtern zufolge in der Pandemie gute Gründe. Es müsse zwar grundsätzlich geprüft werden, ob diese verfassungsgemäß seien. Aber in dem Fall müsse zusätzlich berücksichtigt werden, dass die Maßnahmen nur bis zum 30. November erlassen seien und es zudem wirtschaftliche Hilfen für Gaststätten gebe. Bezüglich des Kinos hätte sich die Betreiberin zunächst an den bayerischen Verwaltungsgerichtshof wenden müssen.

Die Gefahren der Pandemie seien weiterhin sehr ernst zu nehmen, erklärte das Verfassungsgericht. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Restaurants zum Infektionsgeschehen beitrügen. Der Schutz von Leben und Gesundheit ist demnach in dem Fall wichtiger als die Berufsfreiheit. (afp)

Kaum Hoffnung auf Lockerungen im Dezember

Das Robert-Koch-Institut (RKI) macht wenig Hoffnung auf größeres geselliges Beisammensein im Dezember. Regeln wie Abstandhalten, Masken, Händehygiene und Lüften würden die Bundesbürger noch lange begleiten, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Donnerstag, 12. November, in Berlin. „Wir müssen noch ein paar Monate die Pobacken zusammenkneifen“, ergänzte er in ungewohnter Deutlichkeit.

Denn die Coronalage in Deutschland ist nach RKI-Einschätzung nach wie vor sehr ernst – auch wenn die Zahl der Neuinfektionen zuletzt weniger stark gestiegen ist. Das Infektionsgeschehen nehme in ganz Deutschland noch immer zu. Kliniken meldeten zunehmend Engpässe, vor allem beim medizinischen Personal, das zum Teil selbst erkranke, berichtete Wieler. „Es ist möglich, dass Patienten nicht mehr überall optimal versorgt werden können.“ Die Zahl der Intensivpatienten und der Toten steige – und werde das mit zeitlichem Verzug auch weiter tun.

Diese Einschätzungen sind auch mit Blick auf die Beratungen von Bundeskanzlerin Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder am kommenden Montag von Bedeutung. Die Runde hatte am 28. Oktober einen Teillockdown beschlossen, der seit dem 2. November zunächst bis Monatsende gilt. Unter anderem müssen viele Freizeiteinrichtungen und Restaurants geschlossen bleiben. Am kommenden Montag soll eine Zwischenbilanz gezogen und Maßnahmen möglicherweise verändert werden.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Effekte des Teillockdowns seit Anfang November seien noch nicht messbar, sagte nun RKI-Chef Wieler. Doch selbst nach einem Ende der momentanen Einschränkungen könne das Leben nicht wie gewohnt weitergehen. „Maßnahmen werden uns noch lange begleiten. Auch dann, wenn es in absehbarer Zeit einen wirksamen Impfstoff geben könnte.“ Es werde leider dauern, bis alle, die das möchten, sich impfen lassen könnten. Bis dahin hänge weiter alles vom Verhalten der Menschen ab. „Auch wenn wir von den hohen Zahlen runterkommen, müssen wir Maßnahmen den ganzen Winter fahren.“

Weihnachtsfeiern unwahrscheinlich

Ähnlich äußerte sich auch Spahn: Veranstaltungen mit mehr als 10 bis 15 Menschen wie Weihnachtsfeiern und andere Geselligkeiten sehe er „in diesem Winter nicht mehr“, sagte er. „Dieses Virus hat sehr lange Bremsspuren.“ Auch Merkel hatte zuvor davon gesprochen, dass die zweite Welle wegen der Wintermonate härter werden könne.

In seinen jüngsten Zahlen registriert das RKI bundesweit fast 22.000 neue Infektionen – knapp 3.400 mehr als am Mittwoch. All diese Menschen könnten weitere anstecken, sagte Wieler. In Schulen sei das Tragen von Masken eine richtige Maßnahme. „Es gibt keine Hinweise auf eine geringere Sauerstoffversorgung und psychische Belastung von Kindern durch das Tragen von Mund-Nasen-Schutz.“ Auch die besten Hygienekonzepte, vom Theater bis zur Gastronomie, würden jenseits eines Lockdowns nicht helfen, wenn sie nicht auch umgesetzt, überprüft und bei Verstößen sanktioniert würden.

Glühwein-Tassen werden zum Anstoßen erhoben

Geselliges Weihnachtssaufen? Dieses Jahr muss darauf verzichtet werden Foto: Patrick Seeger/dpa

Vorsichtig optimistisch stimme ihn aber, dass die Kurve der Neuinfektionen zuletzt weniger steil gestiegen sei, sagte Wieler. „Das kann daran liegen, dass die strengeren Maßnahmen zu wirken beginnen“, analysierte Uta Rexroth, Leiterin des RKI-Lagezentrums. „Das wissen wir aber noch nicht genau.“ Der Effekt könne auch dadurch mitverursacht sein, dass die Laborkapazitäten langsam ausgeschöpft seien. Im Moment liegt die maximale Testkapazität in Deutschland bei 1,9 Millionen PCR-Tests pro Woche. Rexroth sagte, das müsse weiter genau beobachtet werden.

Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie insgesamt 727.553 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 12.11., 00.00 Uhr). Fast eine halbe Million Menschen hat die Erkrankung nach RKI-Einschätzung inzwischen überstanden. Mehr als 200.000 gelten derzeit als infiziert. Fast 12.000 Menschen in Deutschland hat das Virus seit Beginn der Pandemie Anfang des Jahres nach RKI-Angaben das Leben gekostet. Mehr als 3.000 liegen zurzeit auf Intensivstationen. Zuletzt starben 215 Menschen an einem Tag. (dpa)

Noch keine sicheren Ansagen für Dezember

Kanzlerin Angela Merkel will keine Zusage geben, dass die Gastronomie am 1. Dezember wieder öffnen kann. Es sei entscheidend, dass die Zahl der Neuinfektionen wieder auf 50 Infektionen pro 100.000 in sieben Tage sinke, sagt Merkel in einem Bürgerdialog auf eine entsprechende Frage. „Dann haben wir eine gute Chance“, fügt sie hinzu. „Wir tun alles, um im Dezember wieder ein bisschen voranzukommen. Aber wir müssen durch einen schweren Winter.“ Man müsse vernünftig sein, auch wenn man eine erste Abflachung der Kurve der Neuinfektionen sehe. Sie wisse, dass die Gastronomie besonders betroffen sei, sagt Merkel und verweist auf die Entschädigungen für die November-Schließung. (rtr)

Corona-Infektionen ähnlich wie am Vortag

„Die Corona-Zahlen entwickeln sich heute ähnlich wie gestern“, schrieb taz-Corona-Experte Malte Kreutzfeldt auf Twitter. „Die Zahl der Neuinfizierten steigt im 7-Tage-Mittel nur langsam auf rund 18.600 – das sind 1,5 % mehr als gestern und 11,5 % mehr als vor einer Woche.“ Die Zahl der Coronatoten steige dagegen weiter stark an: Im 7-Tage-Mittel würden jetzt über 150 Menschen pro Tag im Zusammenhang mit Corona sterben – 10 Prozent mehr als gestern, 60 Prozent mehr als vor einer Woche und 12-mal so viele wie vor einem Monat. (rtr/taz)

Spahn: Einschränkungen auch nach Teillockdown

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn rechnet für den Winter mit anhaltenden Corona-Einschränkungen. Auch wenn die Infektionszahlen durch den Teillockdown im November heruntergebracht würden, bedeute das nicht, dass es ab Dezember oder Januar wieder überall richtig losgehen und es wieder Hochzeitsfeiern oder Weihnachtsfeiern geben könne, als wäre nichts gewesen, sagt der CDU-Politiker dem RBB. „Deswegen finde ich schon jetzt die Botschaft wichtig: Veranstaltungen mit mehr als zehn, fünfzehn Personen (...) sehe ich in diesem Winter nicht mehr.“ (rtr)

Hoffnung für die Wirtschaft

Bundesfinanzminister Olaf Scholz macht für die Konjunktur in Deutschland „Licht am Ende des Tunnels“ aus. Die Lage sei nach dem überraschend guten Sommer besser als vor einigen Wochen noch befürchtet, sagt der SPD-Kanzlerkandidat in der ARD. Der Bund habe weiterhin genug Geld, um notwendige Hilfen in der Coronakrise zu finanzieren. (rtr)

Mehr Schulen schränken Präsenzunterricht ein

Wegen steigender Infektionszahlen bei Schülern und Lehrern müssen immer mehr Schulen den Regelbetrieb aufgeben. Das zeigen Daten aus 14 Bundesländern, die den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstagsausgaben) vorliegen. Danach findet der Präsenzunterricht an 3.240 Schulen nicht mehr vollständig statt. Im Gegensatz zum Frühjahr sind die Schulen vom Teil-Shutdown im November ausgenommen und sollen den Regelbetrieb mit Präsenzunterricht aufrechterhalten. (rtr)

70 Millionen Dollar für Impfstoffe

Die Stiftung von Microsoft-Gründer Bill Gates stellt weitere 70 Millionen Dollar für die weltweiten Bemühungen zur Entwicklung und Verteilung von Corona-Impfstoffen bereit. „Wir müssen sicherstellen, dass jeder gleichberechtigten Zugang zu Tests, Medikamenten und Impfstoffen erhält, sobald diese verfügbar sind – unabhängig davon, wo man auf der Welt lebt“, sagt die Co-Chefin der Stiftung, Melinda Gates. Von dem Geld sollen 50 Millionen Dollar in die Impfstoffallianz Covax fließen, durch die auch ärmere Länder Zugang zu einem Impfstoff bekommen sollen, und 20 Millionen Dollar in die internationale Impfstoff-Initiative CEPI. (rtr)

Ukrainischer Präsident im Krankenhaus

In der Ukraine wird der mit dem Coronavirus infizierte Präsident Wolodymyr Selenski in einem Krankenhaus behandelt. Selenski habe sich entschlossen, in eine Klinik zu gehen, um sich besser zu isolieren und niemanden zu gefährden, sagt eine Sprecherin des Präsidialamts zu Reuters. Es sei nichts Ernstes, beschreibt sie den Gesundheitszustand des Präsidenten. Selenski hat am Montag erklärt, dass er positiv getestet worden sei. Auch der Finanzminister, der Verteidigungsminister und der Chefberater des Präsidenten sind infiziert. Die Ukraine verzeichnet am Donnerstag mit 11.057 Neuinfektionen einen neuen Höchstwert, wie Gesundheitsminister Maxym Stepanow mitteilt. Die Gesamtzahl der bestätigten Ansteckungen steigt damit binnen 24 Stunden auf 500.865. Die Zahl der Todesfälle erhöht sich um 198 auf 9145. (rtr)

Rekordwerte in den USA

Die USA verzeichnen mit 142.279 Corona-Neuinfektionen den zweiten Tag in Folge einen Rekordwert. Zudem liegt die Zahl den achten Tag in Folge über der Schwelle von 100.000, wie eine Reuters-Erhebung auf Basis offizieller Daten ergibt. Insgesamt sind demnach in den USA etwa 10,4 Millionen Ansteckungen nachgewiesen. Auch die Zahl der Menschen, die wegen einer Covid-19-Erkrankung im Krankenhaus behandelt werden, stieg sprunghaft an und erreichte am Mittwochabend mit mindestens 64.939 ebenfalls einen neuen Höchstwert. Die Zahl der Todesfälle nach einer Infektion erhöhte sich um 1.464 auf 241.809. Die USA sind das am stärksten von der Pandemie betroffene Land der Welt. (rtr)

Im Iran ist die Zahl der Corona-Toten auf über 40.000 gestiegen. Sie erhöhte sich um 457 auf 40.121, wie das Gesundheitsministerium mitteilt. Das sind die meisten Todesopfer in der gesamten Nahost-Region. Die Zahl der nachgewiesenen Infektionen kletterte binnen 24 Stunden um 11.517 neue Fälle auf 726.585.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.