Evo Morales wieder in Bolivien: Rückkehr aus dem Exil

Mit der Amtsübernahme des Präsidenten Luis Arce kehrt Evo Morales nach Bolivien zurück. Seine MAS regiert, doch es zeigen sich Spaltungen.

Mit bunten Fahnen säumen Indigene eine Landstraße. Aus vorbeifahrenden Autos wird gewunken

Kurz hinter der argentinisch-bolivianischen Grenze: Anhänger*innen begrüßen Evo Morales' Rückkehr Foto: ap

BOGOTÁ taz | Für die einen war es eine Drohung, für die anderen eine Verheißung: Ex-Präsident Evo Morales ist am Montag nach fast einem Jahr im Exil wieder nach Bolivien zurückgekehrt. „Ich war sicher, dass ich zurückkehren würde, aber nicht so bald“, sagte Morales nach Medienberichten bei der indigenen Begrüßungsszeremonie, nachdem er die Grenzbrücke zwischen dem argentinischen La Quiaca und dem bolivianischen Villazón überquert hatte. An der Zeremonie nahm auch der argentinische Präsident Alberto Fernández teil.

Morales war nach seinem Rücktritt im November 2019 erst nach Mexiko, dann nach Argentinien ins Exil gegangen. Er war im Oktober vor einem Jahr zum vierten Mal bei der Wahl angetreten, obwohl die Verfassung und ein Referendum dies nicht erlaubten. Zudem gab es Vorwürfe des Wahlbetrugs, es kam zu Unruhen, schließlich legte ihm das Militär den Rücktritt nahe. Er war fast vierzehn Jahre Präsident von Bolivien gewesen – so lange wie noch niemand vor ihm.

Jetzt ist Morales ist mit seinem Tross unterwegs auf dem Weg ins 1.000 Kilometer von der argentinischen Grenze entfernte Chimoré in der tropischen Region Cochabamba. Die Gegend gilt wegen der Kokabauern und -bäuerinnen als Hochburg von Morales’ Anhängerschaft. Tausende sollen sich ihnen unterwegs anschließen. Bereits jetzt begleiten die Karawane laut Medienberichten hunderte Fahrzeuge. Er soll am Mittwoch dort ankommen – genau ein Jahr, nachdem er sich von dort auf den Weg ins Exil nach Mexiko machte.

Morales hatte seit seiner Flucht ins Exil angekündigt, er werde nach Bolivien zurückkehren. Eine Kandidatur für den Senat hatte ihm ein Gericht verboten, weil er keinen Wohnsitz in Bolivien hatte. Morales wurde Wahlkampfmanager seiner Partei. Doch trotz der Menschenmassen, die ihn am Montag willkommen hießen, sind seine Anhängerschaft und die MAS-Partei gespalten.

MAS uneins über den Zeitpunkt von Morales' Rückkehr

Denn auch wenn er wiederholt, dass „Evo“ sein Mentor und ein „historischer Anführer sei“: Der neue Präsident Luis Arce hatte vor der Wahl angekündigt, dass er auf Erneuerung setze – Stichwort „MAS 2.0“– und die Kandidatur von Morales 2019 ein Fehler gewesen sei.

Arce gewann mit 55,1 Prozent haushoch die Wahl, sehr zur Enttäuschung des konservativen Lagers, das mit der „Übergangspräsidentin“ Jeannine Añez fast ein Jahr lang regiert hatte. Bei der Vereidigung schwor Arce den Amtseid mit der rechten Hand am Herzen – und nicht mit der gereckten Faust, wie es Mitglieder der linken MAS-Partei von Ex-Präsident Morales zu tun pflegen.

Nach der Wahl hatte ein Teil von Morales’ Anhängerschaft betont, dass dieser zwar das Recht habe zurückzukehren, es jedoch nicht der richtige Zeitpunkt sei. Unter anderem sagte die Präsidentin der „Bartolinas“, einer nationalen Konföderation von indigenen Landfrauen, die die MAS-Partei unterstützen, dass es Zeit sei, dass eine neue Politiker*innengeneration mit Arce zusammenarbeite – und 50 Prozent davon Frauen seien sollten.

Tatsächlich hat die Bekanntgabe von Arces Kabinett, das das Land aus der schweren Wirtschaftskrise führen muss, am Montag in Bolivien wohl für noch mehr Gesprächsstoff gesorgt als die Rückkehr von Morales.

Soziale Bewegungen empört über Arces Kabinett

Arce setzt auf Technokrat*innen, die großteils schon unter Morales in der mittleren Führungsebene der Regierung tätig waren, manche Vizeminister oder Leiter staatlicher Firmen. Und auf Männer: Nur drei der 16 Ministerien sind mit Frauen besetzt.

Sozialbewegungen, die für MAS Wahlkampf gemacht hatten, reagierten empört. So protestieren sie in der MAS-Hochburg El Alto gegen Arces Kabinett, weil sie drei Ministerien für sich gefordert hatten.

Evo Morales hat angekündigt, dass er sich künftig der Landwirtschaft und der Fischzucht widmen will. Erfahrungsgemäß wird er mindestens über Twitter weiter in der Politik mitmischen. Laut der Zeitung Opinion hat der Präsident der MAS-Partei in Morales’ Heimatregion Cochabamba schon angekündigt, dass Morales dort künftig Anführer der sozialen Bewegungen werde – was in Bolivien hoch politisch ist.

Den Haftbefehl gegen Morales wegen Terrorismus und Rebellion hatte ein Gericht vor zwei Wochen aufgehoben, weil sein Recht auf Verteidigung schwerwiegend verletzt worden sei. Deshalb konnte Morales nach Bolivien zurückkehren. Die Anklage wegen Terrorismus und Rebellion war unter anderem von Human Rights Watch harsch kritisiert worden. Anhängig sind immer noch Prozesse wegen mutmaßlichen Wahlbetrugs und wegen Sex mit Minderjährigen.

Jetzt wendet sich das Blatt. Nach der Wahl beschloss das Parlament mit der MAS-Zweidrittelmehrheit, der Staatsanwaltschaft zu empfehlen, Ex-Übergangspräsidentin Jeanine Áñez wegen der mindestens 35 Toten bei Unruhen nach dem Rücktritt von Morales anzuklagen, ebenso wie elf unter Áñez amtierende Minister. Das letzte Wort dazu wird das künftige Parlament haben.

Die scheidenden MAS-Parlamentarier*innen nutzten ihre Nochzweidrittelmehrheit in der letzten Sitzung, um dieses Quorum für wichtige Themen abzuschaffen. Jetzt ist unter anderem nur noch eine absolute Mehrheit nötig, um die Führungsposten von Polizei, Armee und Botschaften zu besetzen, die Tagesordnung des Parlaments zu ändern und Untersuchungskommissionen einzusetzen – was zur politischen Ausschaltung der Opposition genutzt werden könnte, befürchtet das Portal Bolivia Verifica. Auch Human Rights Watch kritisierte dieses Manöver, und selbst aus dem indigenen Sektor kam Kritik. Die MAS hat 55 Prozent der Sitze.

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