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Deutschland darf ein wenig helfen

Kanzlerin und Innenminister einigen sich darauf, dass Deutschland 1.553 Geflüchtete aus Griechenland aufnehmen soll. Allerdings kaum Menschen aus Moria, sagt die griechische Regierung. Der Koalitionspartner SPD fordert mehr

Aus Berlin Sabine am Orde

Spätestens wenn das Bundeskabinett an diesem Mittwochvormittag zusammenkommt, soll sich die Koalition darüber geeinigt haben, wie viele Geflüchtete aus Griechenland nach Deutschland kommen können. Einfach scheint das nicht zu werden, doch am Dienstag gab es zumindest eine Annäherung. Da wurde ein Vorschlag bekannt, auf den sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Innenminister Horst Seehofer (CSU) geeinigt haben. Demnach soll die Bundesrepublik rund 1.553weitere Geflüchtete von verschiedenen griechischen Inseln aufnehmen. Das ist deutlich mehr, als Seehofer zunächst anvisiert hatte, bleibt aber mindestens so deutlich hinter den Forderungen der SPD zurück. Jetzt arbeiten sich alle an der Zahl der Union ab.

Es gehe um 400 Familien mit Kindern, deren Asylverfahren bereits positiv entschieden sind, hieß es aus Regierungskreisen. Etwa die Hälfte von ihnen soll von Lesbos kommen, wo in der vergangenen Woche das Lager Moria abgebrannt ist. Die SPD war an den Gesprächen zunächst nicht beteiligt.

Seit vergangenem Mittwoch sind auf Lesbos mehr als 12.000 Geflüchtete obdachlos, davon 4.000 Kinder. Ihnen fehlt nicht nur ein Dach über dem Kopf, sondern auch ausreichend Wasser und Nahrung. Bis Dienstag waren erst 800 Geflüchtete in ein provisorisches, neues Lager auf der Insel gezogen.

Der stellvertretende Unionsfraktionschef Thorsten Frei (CDU) nannte den Vorschlag „vertretbar“. Er basiere auf klaren Kriterien, die den Effekt eines weiteren Anziehens von Migranten eindämmten. Weitergehenden Vorschlägen zuzustimmen, seien die Innenpolitiker der Union nicht bereit „da ansonsten jede europäische Lösung endgültig unmöglich würde“, so Frei. In der Unionsfraktion aber gibt es durchaus weitergehende Forderungen: In der vergangenen Woche hatte Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses und einer der Kandidaten für den CDU-Vorsitz, mit anderen Bundestagsabgeordneten die Aufnahme von 5.000 Flüchtlingen gefordert. Die Unionsfraktion wollte am späten Nachmittag über den Vorschlag beraten, ein Ergebnis lag bis Redaktionsschluss nicht vor. CSU-Chef Markus Söder unterdessen lobte den Vorschlag als sehr guten Kompromiss.

Fraglich ist aber, ob die SPD diesem zustimmen wird. SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich äußerte sich am Dienstag skeptisch. Die Koalition müsse zu einer „substanziellen Verabredung“ kommen, was die Aufnahme von Flüchtlingen und Hilfe in Griechenland vor Ort betreffe. Die Gespräche seien im Gange. „Ich will daran erinnern, dass die Bundesregierung nicht allein aus dem Bundesinnenminister und der Bundeskanzlerin besteht“, sagte Mützenich. Es gälten nur die Verabredungen, die innerhalb der Koalition getroffen werden. SPD-Chefin Saskia Esken hatte zuvor gefordert, Deutschland müsse zusätzlich zu den bereits gemachten Hilfsangeboten eine „hohe vierstellige“ Anzahl von Geflüchteten aus Moria aufnehmen.

Seehofer dagegen hatte am Freitag gesagt, Deutschland werde von insgesamt 400 unbegleiteten Minderjährigen, die aus Griechenland in andere europäische Länder gebracht werden sollen, 100 bis 150 Jugendliche aufnehmen. Das hatte er im Bundestag ein „ganz konkretes Beispiel praktizierter Nächstenliebe“ genannt.

Das Problem ist allerdings nicht nur, eine Einigung in der Koalition zu finden, auch die Verhandlungen mit Griechenland gestalten sich schwierig. Die griechische Regierung will nicht zulassen, dass – jenseits der 400 Minderjährigen – Geflüchtete Lesbos verlassen. Das betonte Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis in den vergangenen Tagen immer wieder. Man gehe davon aus, dass Flüchtlinge das Lager angezündet haben, um eine Weiterreise zu erzwingen. Die griechische Regierung, die ähnliche Taten anderswo befürchtet, lasse sich aber nicht erpressen. Man stehe mit den griechischen Behörden in Verhandlungen, hieß es aus den hiesigen Regierungskreisen.

„Ein ganz konkretes Beispiel praktizierter Nächstenliebe““

Innenminister Horst Seehofer (CSU) über seinen Vorschlag

Deutschland hatte bereits im März Griechenland die Aufnahme von unbegleiteten Minderjährigen und kranken Kindern mit ihren Familien zugesagt, insgesamt 928 Menschen. Davon sind nach Angaben des Innenministeriums 465 bereits eingereist, am Dienstag wurden weitere 109 Geflüchtete erwartet.

Aus der Opposition kam deutliche Kritik an dem Vorschlag von Merkel und Seehofer. Während die AfD die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland generell ablehnt, nannte die grüne Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt den Vorschlag „ein Alibi-Angebot“. Um wirklich Druck aus der Lage vor Ort zu nehmen, müssen 5.000 Menschen schnell aufgenommen werden. Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, sprach von einem „billigen Täuschungsmanöver“. An der Situation der auf Lesbos obdachlos festsitzenden Menschen ändere sich so „überhaupt nichts“. Auch die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl nannte den Vorschlag „nicht ausreichend“.

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