Gedenken und Hilfe in Berlin: Solidaritätsblockade

Das Innenministerium verweigert Bundesländern die Aufnahme von Menschen in Not: In Berlin blickt man auf Moria und erinnert an Hanau.

Eine Person blickt draußen in einen bunten Sternenhimmel

„Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“, so Kant zum Ich in der Welt Foto: Greg Rakozy/Unsplash

Dieser Sommer kippelt. Da sind die notwendigen Einschränkungen, die unnötige Repression, die Zusatzbelastungen und das Weniger. Da sind das schöne Wetter und ein Klima, das umzukippen droht. Da ist der berlinische Drang nach Leichtigkeit und Selbstbestimmung. Nach sexueller und geschlechtlicher Autonomie, nach interkiezionaler und politischer.

Da ist ein Bundesinnenminister der uns die Aufnahme von Menschen in Not verweigert. Und da sind die Unermüdlichen, die von Berlin aus für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen und gegen den Rassismus hier und dort.

Da ist die Hoffnung, dass nicht nur rich kids sich in ihren Ferien einwenig selbst und selbstbestimmt erfahren durften beim Unterwegssein, beim Draußenschlafen. Unterwegssein, Draußenschlafen: Auch das sind Kippelworte. Sie können Freiheit bedeuten und Wohnungslosigkeit. Sie können frische Luft in heißen Nächten bedeuten, Flucht und politische Verfolgung.

„Der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir“, fasste die Kippfigur Immanuel Kant einmal die ganz großen Fragen zusammen. Um Selbstbestimmung ging es auch ihm.

Gedenkdemo Hanau & Vagabundenvollversammlung

Da die Kulturbeilage taz Plan in unserer Printausgabe derzeit pausiert, erscheinen Texte nun vermehrt an dieser Stelle. Mehr Empfehlungen vom taz plan: www.taz.de/tazplan.

Ein halbes Jahr nach dem rassistischen Anschlag von Hanau stellt das Aktionsbündnis Antira auch in Berlin eine Gedenkdemo auf die Beine. „Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen“ sind dabei Selbstauftrag und politische Forderung (Mittwoch, 19. August, 18 Uhr, Hermannplatz).

Der Vagabundenkongress wiederum schlägt sich auf die Seite vonwohnungslosen Menschen. Es gibt Essen, Austellungen und Workshops. Am Samstag steht eine Kundgebung an, am Sonntag die Vagabundenvollversammlung unter dem Titel „Wir zählen und erzählen uns“ (Freitag, 21. bis Sonntag, 23. August, Mariannenplatz. Mehr Infos auf vaga2020.de).

Seehofer blockiert Solidarität

„Lasst uns gemeinsam laut sein: Trotz Not und Verzweiflung im Elendslager Moria hat Seehofer die humanitären Aufnahmeprogramme der Länder Berlin und Thüringen gestoppt und blockiert damit Solidarität und Menschlichkeit“, heißt es im Aufruf zu einer Fahrraddemo am Samstag. Die zentrale Forderung: „Griechische Lager evakuieren – Jetzt!“ (Samstag, 22. August, 14 Uhr, Breitscheidplatz).

Der Film „Schlafe mit den Schuhen an“ dokumentiert die Flucht zweier katalanischer Aktivisten vor staatlicher Repression. Sie müssen unterwegs bleiben, draußen schlafen. Zu sehen ist die Doku im linken Sommerkino in Weißensee (Sonntag, 23. August, 19.30 Uhr, Große Seestraße 9).

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Redakteur im Politik-Team der wochentaz. Schreibt öfter mal zu Themen queer durch die Kirchenbank. Macht auch Radio. Studium der Religions- und Kulturwissenschaft, Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule. Mehr auf stefan-hunglinger.de

Am 19. Februar 2020 erschoss der Rechtsextremist Tobias R. an drei verschiedenen Tatorten in der Hanauer Innenstadt neun Menschen:

Kaloyan Velkov, ermordet mit 33 Jahren.

Fatih Saraçoğlu, ermordet mit 34 Jahren.

Sedat Gürbüz, ermordet mit 30 Jahren.

Vili Viorel Păun, ermordet mit 22 Jahren.

Gökhan Gültekin, ermordet mit 37 Jahren.

Mercedes Kierpacz, ermordet mit 35 Jahren.

Ferhat Unvar, ermordet mit 22 Jahren.

Hamza Kurtović, ermordet mit 22 Jahren.

Said Nesar Hashemi, ermordet mit 21 Jahren.

Später ermordete der Attentäter seine Mutter Gabriele R., 72 Jahre alt.

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