Parlamentswahl in Serbien: Vučić räumt ab

Die Partei des serbischen Präsidenten erhält über 60 Prozent der Stimmen. Eine „echte“ Opposition ist nicht mehr im Parlament vertreten.

Vučić lässt sich mit Sekt feiern

In Siegerlaune: Vučić gibt Sekt aus Foto: Marko Djurica/reuters

BELGRAD taz | Er führte die Wahlkampagne im Alleingang und er erzielte einen historischen Triumph: Die Wahlliste „Aleksandar Vučić – Für unsere Kinder“, hinter der sich die regierende Serbische Fortschrittspartei (SNS) versteckte, hat ersten vorläufigen Ergebnissen zufolge bei den Parlaments- und Kommunalwahlen in Serbien über 60 Prozent der Stimmen erhalten. Künftig werden Vučić' Getreue rund 190 von 250 Mandaten im serbischen Parlament halten.

„Das ist ein historischer Sieg“, sagte Aleksandar Vučić, nachdem die ersten Hochrechnungen bekannt geworden waren. Der Sieg käme nicht unerwartet, erklärte der Staats- und SNS-Präsident, doch auf ein derart sagenhaftes Ergebnis sei er nicht vorbereitet gewesen. Er bedankte sich beim Volk für das Vertrauen, seine Parteigenossen applaudierten wie berauscht.

Tatsächlich kann man von historischen Wahlen reden. Die regierende Koalition, SNS und die Sozialistische Partei Serbiens (rund 11 Prozent), gewannen gemeinsam über 220 von 250 Mandaten im Parlament. Obwohl die Sperrklausel von 5 auf 3 Prozent gesenkt worden war, schaffte es außer Minderheitsparteien mit praktisch garantierten Mandaten nur eine einzige Oppositionspartei ins Parlament. Die Serbische Patriotische Allianz (SPAS) kam auf knapp über 4 Prozent. Da die SPAS zur „konstruktiven“ Opposition gehört, ist die „richtige“ Opposition im serbischen Parlament nicht mehr vertreten.

Wegen „unfairer und undemokratischer Bedingungen“, weil das Regime Vučić Medien gleichgeschaltet hätte und staatliche Institution und Ressourcen im Kampf gegen Andersdenkende missbrauche, hatten relevante Oppositionsparteien – vereint in der Allianz für Serbien (SzS) – zum Wahlboykott aufgerufen.

Geringe Wahlbeteiligung

Die geringe Wahlbeteiligung unter 50 Prozent (laut Hochrechnungen 47 bis 48 Prozent) deuteten sie als ihren Sieg. Doch auch bei den Parlamentswahlen vor vier Jahren, als keine politische Partei die Wahlen boykottiert hatte, lag die Wahlbeteiligung nur bei knapp über 54 Prozent.

Egal ob die Bürger*innen dem Boykottaufruf folgten oder wegen Apathie oder Animosität für alle aktiven politischen Parteien den Urnen fernblieben: Die Boykott-Allianz hat ihr Ziel erreicht. In Serbien ist das De-facto-Einparteiensystem jetzt bloßgestellt worden.

Manche Kritiker bezeichnen Vučić als den serbischen großen Geliebten Führer, der das Motto „Ein Land, ein Volk, ein Führer“ anstrebt. Da Vučić seine SNS mit eiserner Faust führe, die SNS das Parlament dominiere sowie die Regierung staatliche Institutionen und Medien kontrolliere, reden Kritiker von der „absoluten Herrschaft eines Mannes“.

In der SzS hofft man darauf, dass nun auch in Brüssel, Berlin und Paris diese Realität zur Kenntnis genommen werden muss. Die EU hatte sich gegen Wahlboykott ausgesprochen, auch nachdem unter ihrer Vermittlung Gespräche über die Verbesserung der Wahlbedingungen kein Ergebnis erbracht hatte.

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