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Allianz gegen buntes Bürgerfest

Stadtbezirksbeiräte von CDU bis AfD in Sachsen verweigern einem interkulturellen Herbstfest im Stadtteil Dresden-Prohlis die Fördergelder. Grüne sehen „fatales Signal für die Kunstfreiheit“

Von Michael Bartsch, Dresden

„Wir müssen Prohlis sauber halten!“ Diese Äußerung soll am Montag auf einer Sitzung des Stadtbezirksbeirates im Dresdner Plattenbaustadtteil Prohlis gefallen sein. Mit den Stimmen von CDU, FDP, Freien Wählern und AfD wurde anschließend die Förderung eines interkulturellen Bürgerfestes im Oktober abgelehnt, das das Bündnis „Prohlis ist bunt“ bereits zum siebten Mal ausrichtet.

Gemeinsam mit anderen Vereinen hatte das Quartiersmanagement einen Antrag auf Förderung in Höhe von 1.600 Euro gestellt. Geplant ist unter anderem ein gemeinsamer Auftritt der Brass-Band Banda Internationale und des Kinderorchesters Musaik, der offenbar die Stadtbezirksbeiräte stört.

Dresden-Prohlis ist bemüht, das Image eines Schmuddelstadtteils abzulegen und wird dabei kulturell unterstützt. Das Societätstheater unterhält hier einen Stützpunkt. Flüchtlingskinder und deutsche Schüler erhalten einen elementaren Instrumentalunterricht und spielen im Orchester Musaik ein einfaches Repertoire. Die Dresdner Sinfoniker planen ein Großevent mit einer Alpensinfonie von den Hochhausdächern.

Banda Internationale, hervorgegangen aus banda communale, ist eine vor allem in der Neustadt und der Dresdner Szene sehr populäre, mehrfach ausgezeichnete, vitale und politisch engagierte Brass-Band. Bei Dresdner Spießern sind die aus mehreren Ländern stammenden Musiker indessen unbeliebt bis verhasst, weil sie regelmäßig Gast bei Veranstaltungen für Weltoffenheit sind und gegen Pegida protestiert haben. Zuletzt organisierten sie eine Petition gegen diese rechtsextremen Auftritte in der Innenstadt, die von 22.000 Dresdnern unterzeichnet wurde.

Die Dresdner Bündnisgrünen machten den Eklat am Dienstag öffentlich. Angeblich hätte man im Ortsbeirat Banda Internationale unterstellt, das Glockengeläut zum Dresdner Zerstörungsgedenken am 13. Februar gestört zu haben. „Die Ablehnung eines Orchesters aufgrund einer mutmaßlichen politischen Positionierung ist ein fatales Signal für die Kunstfreiheit in der Musikstadt Dresden“, sagte Grünen-Stadtbezirksbeirätin Julia Günther und hob damit die Verweigerung auf eine kulturpolitische Ebene. „Der Auftritt einer Band, in der auch Nichtdeutsche Musiker*innen spielen, als schmutzig zu bezeichnen, ist klarer Rassismus, dem wir entgegentreten müssen“, ergänzte ihr Linken-Kollege Florian Berndt. Dorothée Marth von der SPD bat Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) um ein „Zeichen der Solidarität und Internationalität für unsere Landeshauptstadt“. Die drei Beiräte wollen ihr Sitzungsgeld für das Bürgerfest spenden.

Nach Recherchen der Dresdner Neuesten Nachrichten (DNN)wollte die CDU den Streitpunkt Banda Internationale zunächst aufschieben und über die sonstigen Punkte des Förderantrags abstimmen lassen. Die Stimmenthaltung ihres Parteimitglieds Denny Schneider aber führte zur Ablehnung des Antrags.

Wie die DNN erfuhr, sind CDU und FDP mittlerweile um Schadensbegrenzung bemüht. Mario Schmidt, Vorsitzender des Ortsverbands Dresden-Südost, signalisierte eine Mittelbeschaffung für das Bürgerfest aus anderen Quellen. FDP-Stadtchef Holger Hase sprach von einer „Entscheidung eines einzelnen Mandatsträgers“.

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