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Rassismus bei FansKampfzone Sport

In den USA wurde einem schwarzen Rennfahrer ein Galgenstrick in die Box gelegt – eine Drohung, die an Machenschaften des Ku-Klux-Klans denken lässt.

Gerührt: Bubba Wallace vor dem Strat des Nascar-Rennens in Talladega Foto: ap

Bubba Wallace ist Rennfahrer. In der US-amerikanischen Rennserie Nascar fährt er den Boliden mit der Nummer 43. Das hat er auch am Montag beim 500-Meilen-Rennen in Talladega im Bundesstaat Alabama getan. Kurz vor Ende des Rennens lag er auf Platz drei. Nicht wenige fragten sich, ob er tatsächlich an diesem Tag sein ersten Rennen gewinnen würde. Doch ihm ging das Benzin aus, er musste einen Boxenstopp einlegen und kam am Ende auf Platz 14 ein. Er fühle sich dennoch, als hätte er gewonnen, sagte er nach dem Rennen.

Denn dieser 22. Juni könnte der Tag gewesen sein, in dem sich die Nacar-Serie endgültig gegen jeglichen Rassismus gestellt hat. Es ist das Verdienst von Buba Wallace, dem einzigen schwarzen Rennfahrer der Serie, dass dies endlich geschehen ist. Dass der Kampf gegen Rassisten im Umfeld des Motorsports noch lange nicht gewonnen ist, auch das zeigten diese Renntage von Wochenende von Talladega.

Am Tag vor dem Rennen wurde in der Box des Rennstalls, für den Wallace fährt, ein Galgenstrick gefunden. Es war eine unverhohlene Drohung gegen den Fahrer, eine Drohung, die an die Machenschaften des Ku-Klux-Klans denken ließ und an Lynchmorde erinnerte. Da Fans keinen Zutritt zum Boxenbereich haben, liegt der Verdacht nahe, dass derjenige, der den Galgenstrick bei Wallace’ Auto platziert hat, eine Nascar-Akkreditierung besaß. Die Rennserie könnte vor einem schwierigen Selbstreinigungsprozess stehen.

Umso wichtiger war das Zeichen der anderen Fahrer, die vor dem Rennen ihre Solidarität mit Wallace bekundet haben, indem sie unter anderem sein Auto aus der Box auf den Startplatz geschoben haben. Wie wichtig ein solches Zeichen an die Fans des Rennsports ist, werden sie wissen. Die Flagge der Konföderierten, jener elf Bundesstaaten aus dem Süden der USA, die einst für den Erhalt der Sklaverei in den Bürgerkrieg gezogen sind, war über Jahrzehnte fester Bestandteil der Nascar-Folklore.

Seit ein paar Monaten bittet die Nascar ihre Fans, die Flagge nicht mehr zu zeigen. Nach den Protesten, die auf die Ermordung von George Floyd durch einen Polizisten folgten, und nach Interventionen von Bubba Wallace, der sich laut und vernehmlich in der Black-Lives-Matter-Bewegung engagiert, hat die Rennorganisation am 10. Juni entschieden, das Zeigen der Flagge bei Rennen zu verbieten.

Gegenwehr der Fans

Dass dies auch in Coronazeiten schwer durchzusetzen sein wird, wenn statt über 130.000 Zuschauern nur 5.000 Rennfans Einlass finden, war in Talladega zu sehen. Am Wochenende kreiste ein Flugzeug über der Rennstrecke, das eine ­Konföderiertenflagge hinter sich herzog sowie ein Banner mit dem Schriftzug „Defund Nascar“, „Streicht der Nascar die Kohle“. Die Anspielung auf den Slogan vieler Black-Lives-Matter-Demonstrationen, auf denen „Defund the Police“ ­gerufen wird, war nicht zu übersehen. Zudem posierten rund um die Rennstrecke Fans mit der Konföderiertenflagge. Der Nascar wird klar sein, dass ihr neu entdeckter Antiras­sismus bei vielen ihrer Fans ganz und gar nicht gut ankommt.

Auch andernorts wollen sich Sportfans nicht damit abfinden, dass sich in den Ligen ein antirassistischer Konsens breitmacht. Am Montag kreiste während des Premier-League-Spiels zwischen Manchester City und dem FC Burnley ein Flugzeug über dem Stadion, das ein Transparent hinter sich herzog, auf dem zu lesen stand: „„White Lives Matter – Burnley“.

Es war wie ein geschmackloser Kommentar zu den Szenen, die sich vor dem Anpfiff im Stadion von Manchester City abgespielt haben. Da knieten Spieler beider Vereine am Mittelkreis nieder, um ihre Unterstützung im Kampf gegen Rassismus zu demonstrieren. Seit dem Restart der Liga steht der Slogan „Black Lives Matter“ auf den Trikots aller Premier-League-Teams und ersetzt die Spielernamen. Das Entsetzen über die Aktion von Fans des FC Burnley war dement­sprechend groß. Kapitän Benjamin Mee meinte nach der Partie bei Sky Sports: „Ich schäme mich.“

Ein Fan-Banner, das bei der Halbfinalpartie um den ukrainischen Fußballpokal hochgehalten wurde, zeigt ebenfalls, dass Fans mit rassistischer Grundeinstellung nicht gewillt sind, die Tribünen zu räumen. „Free Derek Chauvin“ stand auf dem Transparent, das Fans bei der Partie des Dorfklubs Minaj in den Karpaten gegen Dynamo Kiew gezeigt haben. Obwohl das Spiel wegen der Coronapandemie eigentlich vor leeren Rängen hätte stattfinden sollen, griff die Polizei nicht ein. Derek Chauvin ist übrigens der Name des Polizisten, der George Floyd umgebracht hat.

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14 Kommentare

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  • @TAZ, nachdem sich der "Fall" in der NASCAR nun im Nichts aufgeloest hat, wie ihr selber schreibt, sollte dieser Artikel dringend korrigiert werden



    taz.de/Rassismus-im-Sport/!5696922/

    • Karlsson , Moderator
      @Peter Panter:

      Danke für den Hinweis, ich habe ihn an die Redaktion weitergeleitet!

  • Verurteilen sollte man nur, wenn man alle Fakten kennt :



    www.spiegel.de/spo...-bba5-b6cea9b56042

  • Wie will die taz eigentlich Rassismus noch glaubwürdig verurteilen, wenn Hengameh Yaghoobifarah folgende Worte schreibt:



    "Die Deutschen sind autoritär, gehorsam, ungehemmt und ohne jegliche Integrität. So fasst es der Künstler Ai Weiwei zusammen – und er hat Recht." oder " Im internationalen Vergleich weißer Menschen sind Deutsche die unerträglichsten."

    taz.de/Ai-Weiwei-u...eutschen/!5655989/

    • @Kartöfellchen:

      Ach, kommen Sie doch runter. Das ganze Herumgequietsche enthebt Sie nicht der Verantwortung, sich der bitteren Tatsache zu stellen, dass der Zustand unserer Gesellschaft... verbesserungswürdig ist.

      Auf Frau Yaghoobifarah herumzuhauen ist billig.

    • @Kartöfellchen:

      Sehr gut!



      Prima entlatvt.

    • @Kartöfellchen:

      Was hat das jetzt mit Rassismus zu tun? Seit wann sind wir Deutschen denn eine eigene Rasse?

      • @Jan Berger:

        Es impliziert unter anderem, dass deutsch = weiß. Menschen anderer Hautfarbe können demnach nicht Deutsch sein, höchstens auf dem Pass. Weiter geht es davon aus, dass mit der Nationalität automatisch gewisse Eigenschaften einhergehen. Das ist der Denkweise eines Rassiten doch sehr ähnlich; wenn Sie kulturellen Rassismus betrachten, der inzwischen die Mehrheit der Rassisten in Deutschland ausmacht, ist es sogar identisch.

        Dazu noch eine Gegenfrage: Schwarze sind also eine eigene Rasse?

      • @Jan Berger:

        Es gibt keine Rassen. Aber Menschen Eigenschaften anhand einer ethnischen Herkunft und/oder Hautfarbe zu zu sprechen ist Rassismus.



        „Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen.“



        Hier scheint es wohl um Aggressionen zu gehen. Und sie macht auch Geld und Klicks damit, also scheinbar ihr Nutzen.

        • @Kartöfellchen:

          Verstehe ich Sie da richtig, dass die taz Rassismus nicht mehr glaubwürdig verurteilen kann, weil Hengameh Yaghoobifarah gesagt hat, dass es auch in Deutschland...Rassismus gibt?

          Wenn ich ihr Argument richtig verstehe, ist die Aussage "weiße Deutsche sind rassistisch" an sich schon rassistisch und deswegen falsch.

          Da muss ich Ihnen wiedersprechen. Als weiße Person in Deutschland ist es nicht möglich, nicht rassistisch zu sein. Das liegt daran, dass es nicht möglich ist, nicht von Rassismus zu profitieren. Sei es bei der Wohnungssuche, bei der Jobsuche, abends auf dem Weg nach Hause oder als Kind in der Schule - weiße Menschen werden bevorzugt, weil PoC benachteiligt werden. Da ändert auch keine noch so gute Absicht etwas. Ich glaube, sie sind dem Missverständis unterlegen, dass man nur mit Absicht rassistisch sein kann, und nur dann wenn man mindestens eine Glatze hat und in der NPD ist. Das ist leider nicht so. Der Rassismus und die koloniale Vergangenheit Deutschlands durchziehen unsere Gesellschaft, und jedes Mitglied unserer Gesellschaft. Wenn Sie ganz allgemein der Meinung sind, dass niemand aufgrund der Herkunft oder Hautfarbe diskiminiert werden sollte, reicht es nicht aus "Nazis raus" zu rufen. Da müssen Sie selber die harte, oft beschämende, Arbeit tun und den eigenen Rassismus konfrontieren. Die gute Nachricht ist, dass es dafür jede Menge Ressourcen gibt!

          Ich kann z.B. "Deutschland Schwarz Weiß" von Noah Sow empfehlen, genauso wie "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen - aber wissen sollten" von Alice Hasters.

          • @Hedera:

            "Als weiße Person in Deutschland ist es nicht möglich, nicht rassistisch zu sein."

            [...] Sind dann auch Asiaten in Deutschland generell rassistisch, weil sie oftmals im Vergleich zu anderen PoC bevorzugt werden?

            Wegen solcher Haltungen ist das linke Spektrum für viele ehemalige Wähler der Linken nicht mehr wählbar. Das soll keine Wertung darstellen.

            Die Moderation: Bitte drücken Sie sich höflicher aus.

            • @Devil's Advocate:

              Damit wir nicht aneinander vorbei reden - wie definieren Sie denn für sich Rassismus? Was macht für Sie eine rassistische Person, bzw. eine rassistische Gesellschaft aus?

              Und ja, auch asiatische Menschen können rassistisch sein. Niemand ist gegen rassistische Ideologie immun, das ist ja gerade das Gefährliche daran.

              Was die Wählbarkeit angeht, stehe ich meinerseits genauso vor einem Problem. Dass viele Parteien sich so schwer damit tun, den Rassismus in den eigenen Reihen aufzuarbeiten, macht mich manchmal richtig fassungslos.

              • @Hedera:

                Rassismus in der klassischen Definition umfasst zwei konstitutive Merkmale:



                1. Die Kategorisierung von Menschen anhand äußerlicher Merkmale.



                2. Die Höherbewertung/Herabstufung einer oder mehrerer dieser Kategorien gegenüber anderen.

                Heutzutage wird Rassismus weiter gefasst, da der biologische Rassismus immer weiter durch den kulturellen Rassismus ersetzt wird, beispielsweise beim Ethnopluralismus.



                Dahingehend ist die zuvorgenannte Definition m. E. wie folgt zu erweitern:



                1. Die Kategorisierung von Menschen anhand äußerlicher Merkmale, der ethnischen Herkunft oder des kulturellen Hintergrunds.



                2.a Die Höherbewertung/Herabstufung von einer oder mehreren Katgorien gegenüber anderen. ODER



                2.b Die feste Zuschreibung von unveränderlichen- quasi-angeborenen - Merkmalen zu einer Kategorie.

                Die Definition lässt sich auf die gängigen Formen des Rassismus (z. B. Alltagsrassismus oder institutioneller Rassismus) anwenden und ist immer noch abgegrenzt gegenüber anderen Konstukten. Sie verdeutlicht zudem, wieso ich die Ausgangslage zitierten Aussagen für rassistisch halte. Die perfekte Definition ist es bestimmt trotzdem nicht, das wäre anmaßend.

                Wie lautet Ihre Definition?

                "Und ja, auch asiatische Menschen können rassistisch sein. Niemand ist gegen rassistische Ideologie immun, das ist ja gerade das Gefährliche daran."

                Das ist mir klar. Mir ging es um Ihre Aussage "jede weiße Person in Deutschland ist rassistisch", die ich für Schwachsinn halte.

          • @Hedera:

            Sie definieren also Rassismus so, das sie sobald sie zur - im Durchschnitt - überprivilegierten Masse gehören automatisch ein Rassist sind?

            Das ist bestimmt sehr hilfreich! /s