: Nach der Öffnung ist vor der Räumung
Die Neuköllner Kiezkneipe Syndikat soll am 7. August geräumt werden. Die Eigentümer hatten sich sämtlichen Gesprächsangeboten verweigert
Von Peter Nowak
Gerade zwei Tage hatte die Neuköllner Kiezkneipe Syndikat nach dem wochenlangen Corona-Shutdown wieder mit Beschränkungen geöffnet, als sie Post vom Obergerichtsvollzieher erhielt. Am 7. August um 9 Uhr soll das Kneipenkollektiv die Schlüssel übergeben und die Räume, die sie 35 Jahre bewirtschaftete, besenrein übergeben. Eigentlich war die Räumung des Syndikats für den 17. April terminiert, wurde aber coronabedingt verschoben. Ein Mitglied des Syndikat-Kollektivs sprach von einer wochenlangen Hängepartie. „Wir hatten finanzielle Sorgen und wussten nicht, ob wir überhaupt wieder aufmachen können. Daher macht es uns besonders traurig, kurz nach der Wiedereröffnung zu erfahren, dass in Berlin wieder geräumt wird.“
Die Eigentümer des Gebäudes, Pears Global, ein Firmengeflecht von Briefkastenfirmen um eine britische Milliardärsfamilie, hatten sämtliche Gesprächsangebote nicht nur des Kneipenkollektivs ignoriert. „Ich habe dem Eigentümer drei Briefe geschrieben und nicht ein Mal eine Antwort erhalten“, erklärte der Neuköllner Baustadtrat Jochen Biedermann gegenüber der taz. Es gebe aber keine gesetzliche Handhabe, wenn sich ein Eigentümer stur stellt.
Das Kollektiv hat in einer Stellungnahme der Politik vorgeworfen, nichts gegen die Verdrängung zu unternehmen. Außerdem wird betont,dass es nicht nur um die Verteidigung der Kiezkneipe geht. Verwiesen wird auf weitere räumungsbedrohte Projekte, wie die Potse, die Meuterei oder die Liebigstraße 34. Das Kollektiv erinnert auch daran, dass in Nordneukölln Menschen mit geringen Einkommen kaum noch bezahlbare Wohnungen finden. Das wird auch Thema einer Kiezversammlung sein, die am Sonntag, den 14. Juni ab 16 Uhr vor dem Syndikat in der Weisestraße 48 stattfinden soll. Dort sollen Protestaktionen vorbereitet und über das Verhalten am Räumungstag diskutiert werden.
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