piwik no script img

Sicherheitsgesetz für Hongkong abgenickt

Chinas Volkskongress höhlt mit dem Gesetz für Hongkong dessen Autonomie aus. US-Außenminister erklärt deshalb Washingtons Sonderbehandlung der Stadt für beendet

Von Sven Hansen

Chinas Nationaler Volkskongress hat am Donnerstag die Pläne für ein Sicherheitsgesetz für Hongkong gebilligt. Zum Abschluss ihrer Jahrestagung beauftragten die Delegierten des Scheinparlaments dessen Ständigen Ausschuss, das Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit für die chinesische Sonderverwaltungsregion zu erlassen. Mit Inkrafttreten des umstrittenen Gesetzes wird im September gerechnet.

Mit der Verabschiedung des Gesetzes umgeht der Volkskongress Hongkongs Legistlativrat, das Parlament der autonomen Sonderzone. In Hongkong war 2003 ein entsprechendes Gesetz am Protest der Bevölkerung gescheitert. Das Gesetz ermöglicht die Bestrafung von Aktivitäten in Hongkong, die Peking als subversiv, separatistisch oder terroristisch ansieht. Auch soll die Bestrafung ausländischer Einmischung und der offene Einsatz chinesischer Sicherheitsorgane in Hongkong ermöglicht werden.

Hongkongs pekingkritische Demokratiebewegung fürchtet, dass vor allem sie das Ziel des Gesetzes ist. Es ist der bisher unverhohlenste und weitgehendste Eingriff in die Autonomie der früheren britischen Kronkolonie. Dort gab es im letzten Jahr über Monate starke pekingkritische Demonstrationen, die von Chinas Regierung in die Nähe des Terrorismus gerückt wurden. Hongkong wird seit der Rückgabe 1997 an China nach der Formel „ein Land, zwei Systeme“ als eigenständiges Territorium regiert. In den letzten Jahren sind jedoch Chinas Einflüsse und Einmischungen ständig gewachsen, was zu den starken Protesten führte.

Wegen der jetzt erfolgten Untergrabung der Hongkonger Autonomie hatte US-Außenminister Mike Pompeo bereits vor der nur als Formsache geltenden Billigung des Gesetzes durch den Volkskongress erklärt, dass er den Hongkong gewährten vorteilhaften Sonderstatus nicht mehr für gerechtfertigt halte. „Keine vernünftige Person kann heute angesichts der gegebenen Fakten behaupten, dass Hongkong einen hohen Grad an Autonomie von China hat“, sagte Pompeo am Mittwoch.

Hongkongs Firmen und Bürgern drohen nun höhere Zölle, Restriktionen bei Geschäften mit sensibler Technologie und schärfere Visa-Bestimmungen bei Reisen in die USA. Dabei könnte die Bedeutung des auch für China wichtigen Finanz­standortes in Gefahr geraten wie auch die Bedeutung als Standort internationaler Unternehmen. Die Außenstelle des chinesischen Außenministeriums in Hongkong bezeichnete in einer ersten Reaktion die US-Ankündigung als „höchst barbarisch, höchst unvernünftig und höchst schamlos“.

Die Details der künftigen US-Politik gegenüber Hongkong sind noch ebenso unklar wie die genauen Bestimmungen des chinesischen Gesetzes. Auf US-Seite dürfte vor allem US-Präsident Donald Trump entscheiden, der Chinas globalen Einfluss zurückdrängen will. Kritiker der angekündigten US-Maßnahmen monieren, dass sie vor allem die Wirtschaft der Stadt und ihre Bürger treffen und nicht die verantwortlichen Politiker in der Volksrepublik.

Die US-Regierung wollte Chinas umstrittenes Gesetz auch im UN-Sicherheitsrat in New York diskutieren. Doch China blockierte. Pekings UN-Botschafter Zhang Jun erklärte per Twitter: „China weist kategorisch den unbegründeten Antrag der USA auf ein Sicherheitsratstreffen zurück. Gesetzgebungen zur nationalen Sicherheit sind ausschließlich innere Angelegenheiten Chinas.“

Am Mittwoch hatte das US-Repräsentantenhaus wegen Pekings hartem Vorgehen gegen die muslimische Minderheit der Uiguren Sanktionen gegen China zugestimmt. Vorgesehen sind Strafmaßnahmen gegen chinesische Funktionäre, die sich an der Massenüberwachung und Inhaftierung von Uiguren im Westen der Volksrepublik beteiligt haben. Dort sind laut Menschenrechtsorganisationen rund eine Million Uiguren in sogenannten Umerziehungslagern inhaftiert. Der US-Senat hatte der Vorlage bereits zugestimmt. Es fehlt noch die Unterschrift von Präsident Trump.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen